Trotz Corona: Freiburger Festivals, die steigen Kultur | 20.08.2020 | Erika Weisser & Till Neumann

Die Kulturszene ist arg gebeutelt. Monate ohne Auftritte, Einnahmen und Publikum liegen hinter Künstlern und Veranstaltern. Erst im Sommer waren erste Gehversuche möglich. Zwar mit strikten Begrenzungen und Auflagen – doch es funktionierte. Das meiste findet im Freien statt, etwa die Rathaushofspiele oder das Sommernachtskino. Das Freiburg Bluesfestival ist abgesagt. Dennoch gibt es auch in den nächsten Wochen ein feines Angebot. Das Jazz-Festival wagt sich sogar in geschlossene Räume.

Festival „Ins Weite“
Ins WeiteEine „kulturelle Alternative zum Verreisen“ bietet das Programm des Kommunalen Kinos all jenen, die in diesem Sommer in Freiburg geblieben sind.
An kultigen Spielstätten wie dem Mensagarten oder der Wiese beim Waldsee gibt es Filme und Konzerte, die auf ganz unterschiedliche Weise „ins Weite“ tragen und neue Perspektiven auf die Welt ermöglichen. Ergänzt wird das Programm durch Lesungen unter den Kastanien am Alten Wiehrebahnhof. Zu den Gästen gehören Yoko Tawada, Marion Poschmann und Wolfgang Büscher. Ab sofort sind die Filme, oft nach Musiker-Auftritten, am Waldsee zu sehen, darunter „Die Piroge“ und „TGV-Express“ von Mousa Touré (20. & 23.8.), „Johanna d’Arc of Mongolia“ von Ulrike Ottinger (27.8.). Einen Überraschungsfilm gibt es zum Abschluss (13. September).

Info: www.ins-weite.de

 

Kunst auf der Liegewiese
Im Skulpturenpark auf der seit Monaten verwaisten Liegewiese des Faulerbads tut sich wieder etwas: Jörg Siegele, der die Open-Air-Kunstausstellung seit mehr als 20 Jahren organisiert, ist gerade dabei, die Wiese für die Wintermonate schön zu machen. Etliche Bildhauer, die zuletzt viel Zeit in ihren Ateliers verbrachten, freuen sich, hier ihre neuen Werke zu präsentieren. Die Ausstellung startet am Sonntag, 20. September, um 17 Uhr – mit Musikern und Künstlern.
Danach kann die Ausstellung sonntags von 10 bis 16 Uhr besichtigt werden. Bis Mitte Mai 2021.

 

Open-Air-Sommer Basler Hof
OpenairsommerEigentlich ist der Kulturverein Resonance e.V. verantwortlich für die Reihe „Kultur im Freiburger Hof“ im Humboldtsaal. Angesichts der pandemischen Aerosol-Übertragungsgefahren in geschlossenen Räumen ist der Verein nun in den Basler Hof umgezogen. Der ist tatsächlich ein Hof – sogar ein sehr schöner und nur zu Publikumszeiten des dortigen Regierungspräsidiums zugänglich.
Nun gibt es dort „Konzerte und Lesungen mit renommierten Künstlern“, wie Johannes Tolle verspricht, der künstlerische Leiter von Resonance. Vom Münsterplatz kommend, kann man hier bis zum 13. September regelmäßig freitags bis sonntags und gelegentlich werktags Klassik oder Jazz erleben, kann sich mit Schriftstellern oder Kabarettisten über ihr Werk austauschen. Alles live – und an der frischen Luft. Zu den Gästen gehören Cécile Verny & Johannes Maikranz (28.8.), das Pocket Orchestra Freiburg (11.9.) und viele andere.

Info: www.openairsommer-freiburg.de

 

Theater der Immoralisten – Open Air

Aus dem Saal auf die Terrasse: „Nach Stillstand und Kulturpause“ entzündet das Ensemble der Immoralisten vor dem kleinen Theater im Stühlinger Gewerbehof ein „open art“-Feuerwerk der Gedanken und Gefühle – in einem funkelnden Dialog über existenzielle Fragen. Auf der Basis des Stücks „Fräulein Julie“, das August Strindberg im Jahr 1888 „mit peitschenden Sätzen aufs Papier brachte“. So schreibt es Ensemblechef Manuel Kreitmeier im Programm.
Donnerstags, freitags und samstags, 20.30 Uhr. Bis 12. September.

Info: www.immoralisten.de

 

Jazzfestival Freiburg
JazzfestialImprovisieren können Jazzer. So ging auch das Orgateam des Festivals in die Planung: Aktionen wie der Minigipfel oder eine durch die Stadt ziehende Brassband sind abgesagt. Konzerte im Jazzhaus und E-Werk finden unter Sonderbedingungen statt. Nur wenige dürfen rein und fast alle Acts spielen zweimal nacheinander. Im Jazzhaus dürfen pro Show 55 bis 60 Personen Platz nehmen, im E-Werk sind es 100 bis 120, berichtet Jazzhaus-Chef
Michael Musiol.
Das Programm hat etwas Internationalität eingebüßt. „Es ist trotzdem extrem hochkarätig“, betont Musiol. Eckpfeiler des Festivals vom 19. bis 27. September ist unter anderem die Band Rymden aus Norwegen. Ein „hochdekoriertes Super-Trio“, sagt Musiol. Besonders freut er sich auch auf Shake Stew, eine „riesige Groove-Maschine“ aus Österreich. Geplant sind zudem ein Pianowettbewerb, eine Jamsession oder Hammond Jazz Night Special.

Info: www.jazzfestival-freiburg.de

 

Freiburg Stimmt Ein
Zehn Jahre gibt es das riesige Mitmachfestival schon. Geplant war Freiburg Stimmt Ein (FSE) im Mai, jetzt steigt es am 20. September. Mehr als 100 Acts sollen rund 20 Freiburger Plätze bespielen. 150 Gruppen oder Solokünstler haben sich beworben, berichtet FSE-Chef Stefan Sinn.
Neu dabei ist Kammermusik: Mit dem Motto „Klang-
volle Straßennamen werden zu klingenden Straßen“ präsentiert FSE im sogenannten Komponistenviertel Freiburgs klassische Musik. So soll an der Johann-Sebastian-Bach-Straße Musik von Bach zu hören sein. In der Bruckner-Straße gibt’s Bruckner und in der Schubert-
Straße Schubert. Die Idee kommt vom Freiburger
Cellisten und Dirigenten Walter-Michael Vollhardt. Etwa 15 Plätze hat er für sein Vorhaben anvisiert.
Sinn freut sich über viele treue Bands, die seit Jahren mitmischen. Sein Wunsch fürs Festival: „Wir wollen ein Zeichen setzen: Hebt euren Hintern, lasst euch nicht nur bespielen und bespaßen.“ Sponsoren und Betreuerteams für die Bühnen werden noch gesucht.

Info: www.freiburgstimmtein.de

 

Fotos: © Ulrike Ottinger, Pocketorchestra, Fidel Gómez-Sánchez , Immoralisten, Peter van Breukelen, Dina von Raesfeld