Silent Disco und Hochzeitsrikscha: Freiburger Filmemacher erhalten mehr kommunale Förderung Kultur | 30.03.2019 | Erika Weisser

Für die Freiburger Filmemacher gibt es eine gute Nachricht: Die Mitglieder des Hauptausschusses der Gemeinderats stimmten in der zweiten Lesung der Beratungen zum städtischen Doppelhaushalt 2019/20 mehrheitlich für die Erhöhung des kommunalen Filmförderetats.

Sie entsprachen damit den Anträgen der Grünen, der Unabhängigen Listen und der Fraktionsgemeinschaft Für Freiburg/Freiburg Lebenswert, die den Wunsch der „Initiative Freiburger Film“ (IFF) nach Verdoppelung der bisherigen Etats von jährlich 20.000 Euro unterstützten. Im laufenden Jahr wird die Fördersumme um 10.000 Euro erhöht, 2020 gibt es dann die vorgeschlagenen insgesamt 40.000 Euro.

Sarah Moll, Diplomregisseurin und Mitbegründerin der IFF, hält diesen Betrag für „angemessen“ und freut sich, dass nun mehr Kollegen in den Genuss dieser wichtigen kommunalen Anschub-Finanzierung kämen, die auf weitere Sponsoren, auf die die Filmemacher ja zusätzlich angewiesen seien, „wie ein Qualitätssiegel“ wirke und es ihnen leichter mache, sich für die Unterstützung eines Films zu entscheiden. Der Bedarf sei vorhanden: Allein im Jahr 2018 wurden beim Kulturamt Zuschüsse von insgesamt 73.000 Euro für 18 Filme beantragt. Berücksichtigt wurden nur sechs; auf diese wurden die im Haushalt 2017/18 eingestellten 20.000 Euro verteilt. Molls eigenes, lange gehegtes Projekt „Von Dienstboten und heimlichen Champions“ über Freiburger und international tätige Fahrradkuriere war darunter.

Diplomregisseurin ist „eine treibende Kraft“

Freiburg ist nämlich nicht nur wegen der hohen Zahl der Kinobesucher eine Filmstadt. Hier gibt es auch eine wachsende, sehr aktive und vielfältige freie Filmemacherszene, deren Produktionen ein breit gefächertes Repertoire an Themen Inhalten und Formen umfassen. Da diese es in der Regel jedoch nicht in die kommerziellen Kinos schaffen, finden sie kein wirklich breites Publikum. Es gibt zwar Geschichten wie die der beiden Globetrotter Gwendolyn Weisser und Patrick Allgaier, die mit ihrem Reisefilm „Weit“ wochenlang die Friedrichsbau-Säle füllten und für die Freiburger Kinosensation des Jahres 2017 sorgten. Doch das sind seltene Ausnahmen.

Schwindelerrgend: Eine Szene aus dem Werk von Filmemacherin Sarah Moll.

Die Filme der Kollegen von Weisser und Allgaier sind eher in alternativen Spielstätten wie dem Kommunalen Kino zu finden – in der Reihe „Freiburger Fenster“ oder bei besonderen Veranstaltungen an anderen Orten – und werden daher in der Stadt nicht immer wirklich wahrgenommen. Einige der in den vergangenen Jahren produzierten Filme fanden jedoch auch große internationale Beachtung, etwa „Roadside Radiation“ den Moritz Schulz in der verbotenen Zone von Tschernobyl über die dort lebenden Menschen gedreht hat und der immer noch auf Kinotour ist. Dieser Film wurde 2017 vom Kulturamt mitfinanziert – aus dem ersten Förderetat, der eigens für Filmschaffende eigerichtet worden war.

Dem war eine Initiative des damaligen Kulturamtsleiters Achim Könneke vorausgegangen, der die Filmemacher, von denen sich nach Sarah Molls Erinnerung bis dahin „nicht einmal alle untereinander kannten“, im Frühjahr 2016 zu einem Gespräch über die Möglichkeiten kommunaler Filmförderung einlud. Kurz darauf entstand die IFF, die sich als Netzwerk und Interessenvertretung der besagten freien Filmszene versteht. Und die hat sich jüngst nicht nur Werberin für die Verdopplung des Förderetats hervorgetan, sondern hat auch ein erstes Gemeinschaftsprojekt auf die Beine gestellt: den Episodenfilm „Freiburger Skizzen, der von der bei der FWTM angesiedelten „film commission freiburg schwarzwald“ bezuschusst wurde.

Skurrile Gefährte und eine Weinprobe

Elf Filmemacher waren daran beteiligt; entsprechend weit gefasst sind Inhalt und Form der Kurzfilme, die vom Spielfilm bis zum Dokumentarfilm reichen und die einzelne Aspekte des lokalen Lebens aus ganz persönlichen Blickwinkeln zeigen. Da gibt es etwa Sigrid Faltins „Freiburger Radfahrer“, die, während sie auf ihren mitunter skurrilen Gefährten dahinflitzen, über eben diese Art der Fortbewegung philosophieren. Heiner und Ingo Behring steuern eine vergnügliche Rotweinprobe mit vier Experten zum Thema „Badener oder Burgunder“ bei, Jakob Reinhart hat einen Tag im Leben des Theater-Choreografen Graham Smith gefilmt und Moritz Schulz ein autodidaktisches Kunstprojekt – mit dem Titel „Oma ist überwiegend blau“. Molls Beitrag heißt „No-go-Area“ und sie zeigt darin, dass der von Artisten, Spielern, Müßiggängern und lautlosen Tänzern der Silent Disco belebte Stühlinger Kirchplatz viel mehr ist als das: Für sie ist die Wiese „wie eine Erdscheibe, in der sich die Realität und Vielfalt der Welt widerspiegelt“.

Das 90-minütige Werk, an dem auch Jana Bürgelin, Nadine Zacharias, Nina Bärmann, Jochen Isensee, Simon Schneckenburger und Dennis Siebold mitwirkten, ist ein überzeugendes Dokument des Filmproduktionsstandorts Freiburg. Nach zwei viel beachteten Premieren-Aufführungen im Dezember im Kino Harmonie wurde es. Ende Februar auch im Kommunalen Kino gezeigt – bei einer Veranstaltung, zu der die IFF-Netzwerker auch Stadträte einluden. Nicht ohne Hintergedanken – und mit Erfolg, wie der Beschluss des Hauptausschuss zeigt, der schon vor der für den 9. April vorgesehenen Verabschiedung des Haushalts gefasst wurde. Einer der Unterstützer der IFF ist Kulturliste-Stadtrat Atai Keller, der die Forderung nach mehr Förderung „in vollem Umfang nachvollziehbar“ findet und „guten Mutes“ ist, dass sich „der Wind weiter in Richtung Kulturstadt Freiburg dreht“.

Fotos: © Sigrid Faltin; Sarah Moll