Verborgene Kleinode: Freiburger Stuck-Museum wird 40 Jahre alt Kultur | 23.07.2019 | tas

Mitten im Freiburger Industriegebiet Nord liegt Hans Richs „Kleines Stuck-Museum“. Hier hat der Sammler in jahrzehntelanger Arbeit hunderte von Raritäten zusammengetragen. Manch eines der kostbaren Stücke musste er dafür aus dem Schuttcontainer retten.

Am 1. August feiert das erste deutsche Stuck-Museum seinen 40. Geburtstag. Wer an den Containern des Recyclinghofs und großen Lagerhallen vorbeifährt, erwartet sicherlich nicht, dass sich nur wenige hundert Meter weiter eine der größten Stucksammlungen Deutschlands verbirgt. So unscheinbar Hans Richs Museum im Hinterhof eines Wohnhauses von außen ist, so beeindruckend ist die Fülle an Exponaten im Inneren. Prachtvolle Rosetten, detailgetreu gearbeitete Simse, hunderte und aberhunderte von Säulen, Zierelementen, Büsten, Figuren und Reliefs lagern in den kleinen, labyrinthartigen Räumen. Jahrzehntelang hat Rich sie zusammengetragen.

Mal kommt er bei Firmenauflösungen an die Stücke, mal rettet er ein Element aus einem Schuttcontainer. Werden Villen in Herdern oder der Wiehre entkernt, landen die kunsthandwerklichen Kleinode oftmals achtlos auf dem Müll. „Die sind dann dick zugeschmiert mit Farbe“, erzählt er, „was sich Schönes darunter verbirgt, wissen die Leute gar nicht.“ Seinem geschulten Auge entgeht hingegen nichts: Rich ist nicht nur Sammler, sondern selbst auch Stuckateur-Meister und Restaurator.

Sammler aus Leidenschaft: Hans Rich in seinem „Kleinen Stuck-Museum“, das größer ist, als es der Name vermuten lässt.

Die Decke im hintersten Raum seines Museums ist eine Nachbildung seines Gesellenstücks. Darunter finden sich an den Wänden Diplome und Auszeichnungen von sich und seinem Sohn. Nicht nur Rich hat das Talent für Stuckarbeiten in die Wiege gelegt bekommen – sein Vater war „ein Genie“, betont er mehrmals – auch Sohn und Enkel haben Talent und Leidenschaft geerbt. Erzählt der 84-Jährige von seinem Sohn, ebenfalls Stuckateur und Diplom-Ingenieur, und seinem Enkel, der bereits „Meister im Fach“ sei, schwingt nicht nur Stolz in seiner Stimme mit, sondern auch die Hoffnung, dass diese einmal sein Lebenswerk „Stuck-Museum“ fortführen.

Dafür braucht es jemanden, der Richs Leidenschaft nachvollziehen kann. Vor 40 Jahren hat er die Idee eines eigenen Museums neben seiner Arbeit als Stuckateur umgesetzt. Ohne jegliche Fördermittel ist nicht nur sein eigenes Geld, sondern vor allem seine Arbeitskraft hineingeflossen. Fast täglich stand er bis tief in die Nacht in seiner Werkstatt und hat beschädigte Stücke restauriert oder rekonstruiert. Wie viele Stunden in seine Leidenschaft geflossen sind, hat Rich nie gezählt: „Wenn man für etwas Feuer und Flamme ist, kann man 16, 18 Stunden am Tag arbeiten und wird nicht müde.“

Vor allem in Fachkreisen hat er sich so einen Namen gemacht. Gewerbeschüler, Restauratoren, Bauherren und Denkmalpfleger besuchen regelmäßig diese Fundgrube handwerklichen Kulturerbes, in der sich einige kunsthistorisch wertvolle Modelle finden lassen. Darunter sind auch Stücke aus Freiburgs Geschichte wie das dunkle Gipsmodell, das vor Rich auf dem Tisch liegt. Anhand eines historischen Fotos kann man nachvollziehen, dass es als Vorlage für die acht Schmuckelemente am Vorbau der 1944 zerbombten Lutherkirche diente. Besuchern zeigt er seine umfangreiche Sammlung gerne.

Eintritt verlangt er nicht, mittlerweile ist der Besuch aber nur noch nach Anmeldung möglich. Etwas Zeit sollte man mitbringen: Zu fast jedem Exponat hat Rich eine Geschichte zu erzählen. Nur die Frage nach dem Wert der Sammlung sollte man sich verkneifen. „Immer wollen die Leute wissen: Was kostet das? Was kostet das?“, grummelt der Stuckateur. Natürlich seien solche kunsthandwerklichen Arbeiten bei den heutigen Löhnen nicht mehr zu den Preisen aus dem 19. Jahrhundert zu machen. Für Rich spielt das auch keine Rolle: Schließlich kann man an eine Leidenschaft kein Preisschild hängen.

Kleines Stuck-Museum
Liebigstraße 11
79108 Freiburg

Besichtigung auf Anfrage
Tel.: 07 61/50 05 55
rich-kg@stuckmuseum.de

Foto: © tas