Aktiv für den Wald: Voluntourismus im Südschwarzwald Land & Leute | 05.08.2022 | Nicole Kemper

Förster Johannes von Stemm mit Säge in der Hand

Tagesgäste und Urlauber sind angesprochen, aber auch Einheimische: Alle, die tatkräftig die Natur schützen wollen, können im Naturpark Südschwarzwald unter kundiger Leitung Hand anlegen. Ein neues Pilotprojekt machts möglich.

„Baum fällt!“ Förster Johannes von Stemm vergewissert sich, dass alle Helfer eine sichere Position bezogen haben. Dann gibt er dem angesägten Stamm den letzten Stoß. Die Fichte kippt exakt in die geplante Richtung und schlägt lang auf dem weichen Moosboden auf.

Und schon ist die Reihe an den Freiwilligen des Voluntourismus-Projekts, die nach der kurzen Einweisung das erste Mal in ihrem Leben selbst einen Baum fällen werden. Alles „bis Maßkrugstärke“ soll weichen, das Ziel der Waldpflegearbeiten ist eine kleine Lichtung. Die Aufteilung der Gruppe folgt der Wahl des Werkzeugs: Jeweils eine Astschere, eine Bügelsäge und eine Axt bilden ein Team. Zunächst gibt es eine kurze Besprechung: Welchen Baum nehmen wir in Angriff, welche Fallrichtung ist optimal? Nachdem der Förster sein Okay gegeben hat, wird das frisch Gelernte gemeinsam in die Tat umgesetzt. Astschere und Axt entfernen störendes Geäst und schaffen Freiraum für die Säge. Diese wird einmal waagerecht und ein weiteres Mal im 45-Grad-Winkel angesetzt, um den sogenannten Fallkerb aus dem Stamm zu schneiden. Ein dritter Einschnitt auf der rückwärtigen Seite macht es möglich, den stattlichen Baum mit geringem Körpereinsatz einfach umzuschubsen.

Beim Blick auf den verbliebenen Stumpf lassen sich die Jahresringe grob zählen: Zirka 40 bis 50 Jahre war die Fichte im moorigen Waldgebiet unterhalb des Feldbergs gewachsen. Nun musste sie einem im Vergleich winzigen Wesen Platz machen: Die seltene Arktische Smaragdlibelle erhält durch den Freiwilligeneinsatz einen neuen, offenen Lebensraum.

Förster Johannes von Stemm zeigt den Freiwilligen, wie sie die Säge ansetzen müssen

Hier gehts zur Sache: Förster Johannes von Stemm zeigt den Freiwilligen, wie sie die Säge ansetzen müssen. Die setzen ihr neues Wissen gleich in die Tat um.

„Unser Ziel ist ein bunter und vielfältiger Wald“, erklärt Johannes von Stemm. Was für ihn als Förster aber nicht minder wichtig sei: Menschen in den Wald holen, das Bewusstsein für die Natur fördern und persönliche Bezüge schaffen. Die neuen Voluntourismus-Angebote verbinden alle diese Anliegen. Hinter dem Kunstwort aus „Volunteering“ und Tourismus stehen verschiedene Aktionen für Tagesgäste und Urlauber, aber auch für Einheimische, die sich tatkräftig für den Naturschutz einsetzen wollen. Das in anderen Ländern bereits viel weiter verbreitete Freiwilligenengagement soll zunächst im Rahmen eines dreijährigen Pilotprojekts erprobt werden. So starteten im Vorjahr gleichzeitig mit dem Naturpark Südschwarzwald weitere Modellregionen in Deutschland mit vergleichbaren Konzepten. Im Südschwarzwald stehen in diesem Jahr 13 kostenlose Tageseinsätze sowie eine siebentägige Aktivreise auf dem Programm; die Einsatzorte befinden sich am Feldberg und am Rohrhardsberg, in der Wutachschlucht, bei Kirchzarten sowie am Titisee. Die Zwecke variieren, unter anderem geht es um die Biotoppflege für Auerhühner, um Neophytenbekämpfung und die Offenhaltung von Lebensräumen. Das benötigte Werkzeug, Schutzhelme und -brillen werden gestellt und auch für das leibliche Wohl wird in Form eines Vespers gesorgt. Wer mitmachen will, muss somit nichts mitbringen außer feste Schuhe, Trittsicherheit und eine körperliche Grundfitness. Und natürlich die Motivation, in einer bunt gemischten Gruppe einen aktiven, informativen und abwechslungsreichen Waldtag zu verbringen.

INFO:
Termine im August 2022:
Samstag, 6. August: Bekämpfung gebietsfremder Pflanzen | Titisee/Feldberg
Freitag, 12. August: Biotoppflege für das Auerhuhn | Feldberg

Weitere Termine im September und Oktober, Informationen und
Anmeldung unter www.voluntourismus-im-naturpark.de

Fotos: © Nicole Kemper