Botschafterin des Tons – Die Kanderner Keramikerin Sabine Kluge Land & Leute | 21.01.2025 | Kornelia Stinn

Es ist Kanderner Erde, aus der die Keramik-Meisterin Sabine Kluge den Ton für ihre Arbeiten selbst herstellt. Und dies in vierter Generation! Sie ist die Einzige, die noch heute in der einst so regen Töpferstadt auf heimatliche Erde zurückgreifen kann. In ihrem Atelier zeigt sie ihre kunstvoll glasierten Schalen, Figuren und Schmuckarbeiten.
„Ich kenne keinen anderen Ort, der derart klassische Motive aufzuweisen hätte, wie dieses herrliche Kandern“, schrieb der Maler August Macke einst an seine Frau. Wichtige Plätze und Motive, die für Leben und Werk des Künstlers eine Rolle spielten, können Besucher heute auf einem Rundweg entdecken. 1911 tauchte er in seinem Bild die „Straße mit Kirche in Kandern“ den Ortskern in farbenfrohes Licht. Er malte im selben Jahr auch Margarete Eichacker – die Großmutter von Sabine Kluge. Eichacker heiratete später den Keramikmeister Hermann Karl Hakenjos, dessen Werke heute im Heimat- und Keramikmuseum zu sehen sind.
Der für seine farbsprühenden expressionistischen Bilder bekannt gewordene Maler Macke entdeckte in Kandern auch seine Freude daran, Töpferschalen mit volkskundlichen Motiven zu bemalen. Im Heimat- und Keramikmuseum Kandern befinden sich einige seiner Entwürfe. Einer davon zeigt eine Taube. Sabine Kluge hat diese Papiervorlage auf einem eigenen Keramikteller umgesetzt. Die Verbindung ihrer Familie zu dem Maler zeigt sich so nicht nur an Mackes Bild von ihrer Großmutter, das heute auf einer Tafel an der Hauswand der Keramikwerkstatt zu sehen ist, die zweite Station des Macke-Rundwegs. Diese Verbindung wird auch in Kluges eigener Arbeit lebendig, und daher ist es lohnend, die Werkstatt zu besuchen: Die 62-Jährige liebt es, aus der Erde in ihren Händen Schönes zu schaffen. Es sei, so erläutert sie mit leuchtenden Augen, nicht nur Beruf, nein, für sie sei das Berufung. Eine Berufung, die ihr die Familientradition in die Wiege gelegt hat.
Glasuren nach alten Rezepten vom Großvater
Das bezeugen neben den auf der Töpferscheibe entstandenen Gefäßen und vielfältigen anderen Arbeiten deren feine Glasuren, die die Keramikerin nach Rezepten hergestellt hat, die bereits Urgroßvater und Großvater ertüftelten. Ihr Urgroßvater Hermann Hakenjos war ein Mann der ersten Stunde, als Professor Max Laeuger von der Kunsthochschule in Karlsruhe die Leitung der Kunsttöpferei Tonwerke Kandern übernahm. Diese Kunsttöpferei sollte dem zurückgehenden Hafnergewerbe neue Ideen entgegensetzen. Die Hafner arbeiteten seit dem 16. Jahrhundert von Hand Gebrauchtwaren wie Töpfe oder Teller aus Kanderner Ton. Am Fließband hergestelltes Geschirr machte ihre Arbeit unrentabel. In der Kunsttöpferei entstanden künstlerisch gestaltete Objekte. Hierfür holte Laeuger seinen Schüler Hakenjos 1898 als Kunstmaler nach Kandern. Der stellte bald auch Farben und Glasuren nach eigenen Rezepten her. Ab 1920 leitete Hermann Hakenjos die Kunsttöpferei. Mit dem Keramiker und Künstler Richard Bampi gründete er 1927 die Fayence-Manufaktur Kandern. Kluges Großvater Hermann Karl Hakenjos wurde später als Keramik-Ingenieur und -meister Mitarbeiter in dieser Firma seines Vaters. Beide haben 1934 dann die Keramikwerkstatt Hakenjos eröffnet. Heute haben viele ihrer Werke ihren Platz im Hakenjos-Museum, das für Sabine Kluge eine Art Familienschatz darstellt.
Uralter Kanderner Ton
Überhaupt ist das mehrstöckige Haus in der Hauptstraße vom Erdgeschoss bis zum Dach ein wahres Keramik-Universum. Die Erde, die darauf wartet, durch unterschiedliche Maschinen gesiebt, gepresst und schließlich als Tonwülste aufbereitet, schöpferisch bearbeitet zu werden, lagert hoch bis zur Decke in der Werkstatt. Doch das ist nicht alles. Der weitaus größere Vorrat an Rohmaterial hat seinen Platz auf einem Waldgrundstück. Hierher brachte Kluge die Rest-Erde, die aus unterschiedlich alten Schichten im Laufe von Jahrhunderten „gewachsen“ ist, als die Grube, aus der sie geschöpft wurde, geschlossen wurde.

Die Glasuren stellt Sabine Kluge nach Rezepten ihres Großvaters selbst her. Das Tauben-Motiv von August Macke, der einst ihre Großmutter malte, hat sie auf einem Teller umgesetzt.
Seit 44 Jahren ist Sabine Kluge nun im Einsatz für die Keramik-Werkstatt Hakenjos. Ihre Ausbildung machte sie als junge Frau beim Großvater. Mit dem Meisterbrief in der Tasche übernahm sie den Betrieb. Er ist ihr Leben, aber, so Sabine Kluge: „Mit diesem wunderbaren Handwerk seinen Lebensunterhalt zu verdienen, wird zunehmend schwieriger.“ Sie will die Tradition aufrechterhalten. Doch es gibt niemanden, der ihre Keramikwerkstatt einmal übernehmen wird. So bleibt Sabine Kluge die letzte tätige Botschafterin des Kanderner Tons.
Info
Sabine Kluge
Keramikwerkstatt Hakenjos
Hauptstraße 2
79400 Kandern
Tel.: 0 76 26/3 20
www.hakenjos-keramik.de
Heimat- und Keramikmuseum Kandern
Geöffnet von April bis Oktober
www.museum-kandern.de