Mann oh Mann: Freiburger Männerbüro hilft bei Midlife Crisis & Co. STADTGEPLAUDER | 11.07.2016

In Sachen Gleichstellung ist vor allem vom weiblichen Geschlecht die Rede: Frauenbewegung, Frauenbeauftragte, Frauenquote – doch wo bleiben bei all dem die Männer? Damit deren Bedürfnisse nicht untergehen, bietet das Freiburger Männerbüro – getragen von der katholischen Gesamtkirchengemeinde – schon seit 22 Jahren Beratung von Mann zu Mann. Warum es das „starke Geschlecht“ oft schwer hat, sich zu öffnen, warum viele Männer überlastet sind und wie man der Midlife-Crisis vorbeugen kann, erzählt der 42-jährige Psychologe Markus Strauch, der seit zwei Jahren als Berater im Männerbüro arbeitet.

„Männer machen Probleme meist mit sich selber aus. Das hat weniger etwas mit dem Bild des starken Mannes zu tun, der sich keine Hilfe suchen will, sondern damit, dass männliche Ansprechpartner oft fehlen: Beratungsberufe üben vor allem Frauen aus.

Die meisten Männer, die wir beraten, sind zwischen Ende 20 und Mitte 40. Bei den Jüngeren dreht sich viel um die Themen Beruf, Vater werden und Familiengründung. Das prototypische ‚Der Mann bringt das Geld heim, die Frau kümmert sich um die Kinder’ hat sich verändert, und viele Männer wissen nicht, wie sie damit umgehen sollen: Kann ich Elternzeit nehmen? Will ich das? Wie werde ich dann gesehen? In der Gesellschaft gibt es da gerade einen Übergang, daher fehlt dafür das Vorbild der eigenen Väter.

Und meist sind die Männer einfach überlastet: Sie arbeiten den ganzen Tag, wollen dem Kind aber auch ein guter Vater sein, die Frau unterstützen, dann am besten noch ein Haus bauen, für Urlaub sorgen … Dabei vergessen viele, sich auch mal in angemessener Weise um sich selbst zu kümmern: Freundschaften außerhalb der Familie zu pflegen, Hobbys nachzugehen oder einfach mal auszuruhen.

Wenn Männer immer nur als Stütze dienen und sich nicht mit sich selbst auseinandersetzen, landen sie irgendwann in der Midlife-Crisis. Das Problem beginnt schon in der Schule: Hier wird uns vorgesetzt, was wir zu lernen haben – nach unseren Wünschen und Interessen werden wir dort üblicherweise wenig gefragt. Doch wenn man nicht weiß, was einem gut tut und nur macht, was von einem verlangt wird, sinkt das Wohlbefinden peu à peu. So wird zum Beispiel ein Mensch, der viel Bewegung braucht, aber einen Bürojob annimmt, irgendwann emotional oder psychisch krank.

Als Erstberatungsstelle begleiten wir bei solchen Lebensfragen und schauen, ob es einfach ein offenes Ohr braucht oder konkrete Hilfe. Wenn wir merken, die Probleme lassen sich nicht in wenigen Stunden lösen – bei uns bekommt jeder Mann maximal zehn Beratungsstunden – raten wir, in Richtung Therapie weiterzudenken.

Ich berate auf Augenhöhe von Mann zu Mann, wobei mir auch meine Lebenserfahrung hilft: Ich bin verheiratet und Vater von zwei Kindern – da gibt es viel, das ich bei mir selbst wiedererkenne.

Wenn etwa das Telefon klingelt und jemand dringend einen Termin braucht, fällt es mir schon schwer zu sagen: Ich habe leider keinen mehr. Aber da muss ich mich auch selbst an das halten, was ich anderen rate: Das tun, was ich kann und was geht, was auch mal bedeutet, Grenzen zu setzen und sich nicht zu verausgaben.“

Aufgezeichnet von Tanja Bruckert, Foto: tbr