»Oftmals zahlen Kunden nahezu den Neupreis« – Freiburgs Auktionshäusern STADTGEPLAUDER | 29.05.2023 | Philip Thomas

Auktionshammer

Von der elektrischen Zahnbürste bis zur seltenen Rolex. In Freiburgs Auktionshäusern kommt allerlei unter den Hammer. Die Kommissionäre sagen: Schnäppchen sind nur noch selten zu schießen. Durch das Internet zahlen Sammler allerdings auch keine Mondpreise mehr.

„3400 Euro zum Ersten. Zum Zweiten … Zum Dritten und – verkauft an den Herren am Gang!“, ruft Marco Peege und knallt mit einem kleinen Holzhammer auf sein Pult. Zwölf Flaschen Château Latour, Jahrgang 1978, wechseln in diesem Moment den Besitzer. Im rund 1000 Quadratmeter fassenden Auktionskontor an der Freiburger Dreikönigstraße herrscht geschäftiges Treiben. Ruhig und rhythmisch.

Peege steht vorne und moderiert Saalpublikum, Telefon- und Internetbieter. 1281 Auktionsnummern, sogenannte Lots, fasst sein aktueller Prospekt. Darunter Münzen, Taschenuhren, Porzellan, Möbel und Kunstwerke. „Alles Gegenstände, die bei uns in Auftrag gegeben wurden. Vieles kommt aus Nachlässen, andere Kunden verkleinern sich“, so der Anwalt gegenüber chilli. Seine Käufer sitzen auf der ganzen Welt. Drei von vier bieten mittlerweile über das Netz. „Sonst könnten Sie es vergessen,“ sagt er.

Auch Kurioses kommt heute unter den Hammer: Den Inhalt eines Tablettenkastens der Wehrmacht hatte Peege vor der Auktion entsorgt. Leer gehen die Ampullen für 60 Euro weg – Spielgeld für viele seiner Kunden. „Wir bewegen uns überwiegend im drei- bis vierstelligen Bereich. Regelmäßig haben wir aber auch fünfstellige Zuschläge“, sagt er. Sechstellig sei selten.

Vor zwei Jahren brachte eine „Paul Newman“-Rolex 200.000 Euro. Mit Aufgeld kostete die Uhr – Kaufpreis im Jahr 1970 knapp 1400 Deutsche Mark – eine Viertelmillion Euro. Wie in der Branche üblich, arbeitet Peege auf Provision: 22 Prozent auf den Kaufpreis. Dazu die Mehrwertsteuer. Ein Gebot sollte also gut überlegt sein. Jeder Schlag ist verbindlich. „Wenn der Hammer fällt, haben wir einen Vertrag geschlossen“, betont Peege.

250.000 Euro für eine Rolex

Auf der anderen Seite der Stadt, bei CS-Auktionen in Hochdorf, geht es rustikaler zu. Scheinwerfer, Bohrmaschinen, Lastwagen. „Wir decken den gewerblichen Insolvenzbereich ab“, erläutert Geschäftsführer Dominik Lakins. Firmenaufgaben seien kein einfaches Business. Oftmals werde er zuerst als „der Böse“ wahrgenommen. „Wir sind da, um zu begleiten und Schulden zu zahlen. Das erfordert Fingerspitzengefühl“, sagt er. Aber auch: „Nicht alles, was Leute erzählen, sollte man für bare Münze nehmen.“ Damit Kunden wissen, was sie bekommen, prüfen auch hier Sachverständige und Gutachter die Ware und setzen Mindestgebote fest.

„Eine Versteigerung ist mit riesigem Personalaufwand verbunden“, so Lakins. Weil überwiegend in bar gezahlt werde, sei ein Sicherheitsdienst samt Geldtransporter unerlässlich. Um Geldwäsche zu verhindern, werde auch in Hochdorf jeder Bieter bei der Nummernvergabe erfasst. Transaktionen jenseits der 10.000-Euro-Marke fordern in Deutschland eine genaue Identitätsprüfung.

Auch Lakins sind sechsstellige Summen nicht fremd. Vergangenes Jahr stritten zwei Konzernvertreter um einen Pistenbully, Baujahr 1999. „Das war ein absoluter Exot, eine seltene Arbeitsplattform für Brücken.“ Das Höchstgebot von 200.000 Euro wurde letztlich nur erreicht, damit die Konkurrenz mit dem Gerät anschließend nicht die Preise drückt.

Sowohl Peege als auch Lakins sagen: Schnäppchen sind seit dem Siegeszug des Internets kaum noch zu machen. „Oftmals zahlen Kunden nahezu den Neupreis“, so der CS-Geschäftsführer. „Durch das Internet ist die Branche transparenter geworden“, erläutert Christian Reck-Würges. Der 54-Jährige schwang von 1996 bis 2019 den Hammer im Freiburger Auktionshaus Bloss. Mittlerweile entwickelt er Auktionier-Software.

Als er anfing, lief Kommunikation ausschließlich über gedruckte Kataloge oder persönliche Besichtigungen, berichtet er. „Es gab Kunsthändler, die für einen Informationsvorsprung nichts anderes gemacht haben, als Kataloge zu lesen“, sagt der Experte. Beide Seiten profitierten, mancher Sammler zahlte aber drauf. Von dieser Intransparenz habe der etablierte Kunsthandel lange Zeit gut gelebt.

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