Online-Handel gewinnt 14 Milliarden Euro dazu – E-Bikes bremsen normale Räder aus STADTGEPLAUDER | 12.05.2022 | Pascal Lienhard

Handelsverband Aktuelle Zahlen Ambivalent: Während der Onlinehandel zunimmmt, haben es viele stationäre Einzelhändler schwer.

Die Lage im Einzelhandel ist angespannt, zum Teil alarmierend – doch es gibt Hoffnungsschimmer: So lassen sich Rückblick auf 2021 und Erwartungen für 2022 zusammenfassen, die der Handelsverband Südbaden (HV) unlängst vor Journalisten vorstellte. Auch wenn der im Einzelhandel erwirtschaftete Umsatz steigt, bleiben einige Branchen außen vor. Klarer Gewinner ist der Online-Handel – zum Teil auf Kosten des stationären Handels.

587,8 Milliarden Euro Umsatz erwirtschaftete der Einzelhandel im vergangenen Jahr deutschlandweit. Das sind rund 10 Milliarden mehr als im Vorjahr. Die Angaben sind ohne Kfz, Tankstellen, Brennstoffe, Apotheken. „Ich würde nicht unbedingt sagen, dass das ein Grund zum Feiern ist“, erklärt Peter Spindler, Hauptgeschäftsführer sowie Abteilungsleiter Recht beim HV Südbaden auf Nachfrage der Redaktion. „Schließlich sind die verschiedenen Bereiche unterschiedlich aufgestellt.“

Das zeigt der geschätzte Umsatz nach Branchen. Zu den Gewinnern zählen deutschlandweit Geschäfte mit Spielwaren (plus 4 Prozent), Technik (plus 3,1 Prozent), Schmuck (plus 5,4 Prozent) sowie E-Bikes (plus 25 bis 30 Prozent). Verlierer sind etwa der Handel mit Uhren (minus 4,1 Prozent) und klassischen Fahrrädern (minus 20 bis 25 Prozent). Ambivalent sind die Zahlen des Bundesverbands BTE, der die Branchen Textil-, Schuh- und Lederwaren umfasst: Der Umsatz mit Bekleidung und Textilien stieg um rund 5 Prozent, der Einzelhandel mit vorwiegend Bekleidung sank um 5 Prozent – und das auf Basis eines historischen Umsatzminus von 25 Prozent aus dem Jahr 2020.

Die Umsätze im Nonfoodhandel lägen teilweise dramatisch unter dem Niveau der Vor-Corona-Zeit. Wichtigster Wachstumstreiber sei der Online-Handel. Obwohl dessen Umsatz im vergangenen Jahr um fast 14 Milliarden Euro (19,2 Prozent) zunahm, sank der des stationären Handels „nur“ um 3,5 Milliarden (0,7 Prozent). Demnach haben die Deutschen also im vergangenen Jahr 10,4 Milliarden mehr im Handel ausgegeben. Zu beobachten sei aber eine starke Abnahme an Geschäften. „Der Online-Handel kann eine Chance sein“, sagt Spindler. Auch kleinere und mittlere Unternehmen nutzten ihn. Gleichwohl könne es ein Unternehmen aus zehn oder zwölf Mitarbeitern nicht mit Amazon aufnehmen.

Laut einer Umfrage unter rund 300 baden-württembergischen Betrieben des Einzelhandels vermelden mehr als 50 Prozent für das zweite Halbjahr 2021 weniger Gewinn als im Vorjahreszeitraum. Auf die Frage nach der erwarteten Umsatzentwicklung für das erste Halbjahr 2022 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, erklären über 22 Prozent mit einem leichten, über 19 Prozent mit einem deutlichen und fast 19 Prozent mit einer nicht veränderten Umsatzentwicklung zu rechnen. Gleichwohl wird die aktuelle Geschäftslage der jeweiligen Unternehmen von fast 45 Prozent als schlecht eingestuft, von rund 40 Prozent als befriedigend, nur 15 Prozent beschreiben sie als gut.

Zuversichtlich gibt sich der Verband in Bezug auf den Handel mit Kunden aus Frankreich und der Schweiz. Neben Lockerungen wird ein günstiger Frankenkurs begrüßt.

Quelle: HDE-Berechnungen und Schätzungen auf Basis Destatis
*ohne Kfz, Tankstellen, Brennstoffe, Apotheken