Philosophie und Feuerwasser: Rap-Veteran Curse im Jazzhaus STADTGEPLAUDER | 28.03.2018 | Till Neumann

Vor 18 Jahren hat Curse sein Debütalbum „Feuerwasser“ veröffentlicht. Seitdem spielt der philosophische Message-Rapper aus Minden (NRW) in der Königsklasse des deutschen HipHop. Mitte Februar hat der 39-Jährige sein siebtes Album veröffentlicht: „Die Farbe von Wasser“. Mit neuen Tracks, alten Hits und einem Keyboarder rockte er am Dienstag das Jazzhaus. Die Zutaten: viel Feuer, treue Fans, etwas Feuerwasser.  

  Tiefe Stimme, geschliffener Flow, deepe Texte: Mit der Kombo braucht Curse nicht lange, um sein Publikum auf Touren zu bringen. Bestens aufgelegt kommt er nach einem Intro aus gewaltigen Bassflächen auf die Bühne. Raptechnisch macht ihm keiner was vor: Egal ob lässig-verspielt, atemberaubend schnell oder süßholzraspelnd – Curse beherrscht sein Handwerk. Das beweist er nicht nur in einem der stärksten Momente des Abends: Den Song „Rap“ performt er nur zu Keyboard. Textsichere Fans der ersten Stunde rappen fleißig mit.  

„Ich bin leider extra schlau„, lautet eine der Zeilen des Songs. Seine oft tiefsinnigen Texte belegen das – oder nicht. Die einen feiern Curse als Rap-Philosophen, die anderen schimpfen ihn Oberlehrer. Polarisieren tut der Mann auch in Freiburg, zeigen die Reaktionen nach der Show. Doch die vielen mitwippenden Hände und der Applaus sprechen für ihn. Egal ob mit der melancholischen Single Bei mir des aktuellen Albums, mit den 10 Rap-Gesetzen der ersten Stunde oder dem meditativ-donnernden Tatooine.  

Curse fesselt – auch mit seiner Ausstrahlung. Immer wieder scherzt er mit dem Publikum, das er „meine Damen und Herren“ nennt. Ein gesellschaftskritischer Geschichtenerzähler ist das, der immer schon einen Hang zum Spirituellen hatte. Mittlerweile macht er Meditations-Podcasts und hat ein Buch über Selbstfindung geschrieben. Auf dem aktuellen Album wartet er erneut mit hochkarätigen Gästen auf: Samy Deluxe und Kool Savas sind in Manuskript zu hören. Vertreten sind die im Jazzhaus nicht. Genauso wenig wie Gentleman, dessen Stimme bei „Widerstand“ leider nur vom Band kommt. Dafür verrät Curse ein kleines Geheimnis: „Den Text habe ich in Freiburg geschrieben.“  

Power und Poesie: der stimmgewaltige Wortakrobat Curse im Jazzhaus

Als Voracts und Gäste hat Curse dafür die Sänger „Muso“ und „fab“ am Start. Als Kostprobe gibt’s den gemeinsamen Track „Methadon“, in dem vor allem Curse selbst glänzt. Etwas blass wirken die mit Vocoder verzerrten Texte der beiden jungen Künstler. Curse hat dafür doppelt Power. Mit Glatze, Vollbart und schwarzem Shirt macht er Action. Zwar muss er bei der Zugabe zweimal husten, das liegt aber am Zigarettenqualm vor der Bühne. Für Stimmung sorgt auch Keyboarder Axel Steinbiss, der immer wieder aufsteht und mitbounct.  

Von seinen fast 40 Jahren ist bei Curse nichts zu merken: Immer wieder heizt er das Publikum an, springt über die Bühne, rappt sein Programm ohne Backup-MCs stimmgewaltig durch. Dann wieder lauschen alle gebannt, wenn er ruhige Töne anschlägt. So zum Beispiel bei Kristallklarer Februar / Für P., ein Song für seinen Pianisten Patrick Ahrend, der 2012 an Krebs gestorben ist.  

Auf den Tag genau 18 Jahre alt wird sein Debütalbum Feuerwasser an dem Abend. „Feuerwasser darf jetzt harten Alkohol trinken“, scherzt der Rapper. Dann lässt er sich von den Kollegen Schnaps bringen, um anzustoßen. Im Glas ist Jägermeister. „Ich hasse das Zeug“, schimpft er und kippt es weg. Um selbst lyrisches Feuer zu spucken, braucht er das Feuerwasser nicht. Die rund 90 Minuten sind energiegeladen und emotional zugleich. Nur eine Frage bleibt offen: Welche Farbe hat Wasser?  

Beantworten wird Curse das vielleicht beim nächsten Mal. Nach der dritten Zugabe verspricht er: „Wir kommen wieder. Nicht erst in zehn Jahren.“ 

Fotos: Till Neumann