Kommentar: Die Ballade vom Sagen und Tun – Auf vielen Wegen nicht zum Baurecht? Politik & Wirtschaft | 10.09.2019 | Lars Bargmann

Von morgens früh bis abends spät spricht die Stadtspitze im Freiburger Rathaus von mehr preisgünstigem Wohnraum. Gesagt, getan, wäre dabei die Wunschformel. Aber Worte und Taten zeigen längst nicht immer in eine Richtung.

Eine städtebauliche Erhaltungssatzung für bestimmte Bereiche des Stadtteils Waldsee hier, eine solche, garniert noch mit einer Milieuschutzsatzung für das Familienheim-Quartier in der Wiehre dort; eine Gestaltungssatzung hier, eine Vorkaufssatzung dort – die dann in den Amtsstuben auch noch verloren geht. Ein immer noch bindender Beschluss des Gemeinderats für 50 Prozent sozialen Mietwohnungsbau, der schon vier Jahre alt ist und bislang kaum was Zählbares zustande gebracht hat.

Wird mit dem Öffnen des politischen Instrumentenkoffers wirklich preiswerter Wohnraum geschaffen? Eher nicht. Jedenfalls nicht in dem Maße, wie es nötig wäre, um von einem politischen Erfolg zu sprechen. „Alle diese Satzungen sind kontraindiziert, das verhindert alles nur den Wohnungsbau“, sagt ein Geschäftsführer, einer, der in Freiburg schon mal in nennenswertem Maße öffentlich geförderten Wohnungsbau gemacht hat.

Um all diese Satzungen rechtssicher zu machen, rauchen im Rechts- und Baurechtsamt die Köpfe, werden Kapazitäten gebunden, die an anderer Stelle, vor allem beim raschen Bearbeiten von Bauanträgen, fehlen. Was durch die dutzendweise offenen Stellen im Baudezernat ohnehin schon erschwert ist – auch wenn die Verwaltung in dieser Hinsicht kaum etwas dafürkann.

Städtebauliche Erhaltungssatzungen – von den Menschen, die in den betroffenen Gebieten schon wohnen, gerne bejubelt – verhindern zumeist eine höhere Ausnutzung von vorhandenen, raren Bauflächen. Und als Abfallprodukt schaffen sie auch noch mehr Bürokratie. Das dürfte keine Antwort auf die Wohnungsnot sein. Warum sollte städtebaulicher und architektonischer Wildwuchs nicht auch anders einzudämmen sein? Oder ganz anders: Warum soll ein 2019 gebautes Haus so daherkommen wie ein 1919 gebautes?

Die Strategie des Rathauses ist derzeit, die Bevölkerung auf dem Weg zu neuem Bauland oder größeren Innenentwicklungen vom Start weg einzubinden. Das ist zwar lobenswert, weil es um ein lebenswertes Umfeld geht, ist aber auch die D-Zug-Variante beim Beschaffen von Bauland. Und immer komplexere Vergabeverfahren wie bei den – unterm Strich gut gemachten – Gutleutmatten (siehe Titelgeschichte) führen dann direkt zur Handhebel-Draisine.

Das Gesagte und das Getane – vielleicht besser: das leichter gesagt als Getane – müssen schnell viel enger zueinanderfinden, wenn Freiburg nicht nur gegen die Wohnungsnot reden, sondern unmissverständlich handeln will. Auch wenn das dann nicht von morgens bis abends geht.

Foto: © Neithard Schleier