„Drama für einige Betriebe“: Tourismuszahlen brechen um ein Drittel ein Politik & Wirtschaft | 22.12.2020 | Lars Bargmann

Schauinslandbahn Auf den Hausberg mit der Schauinslandbahn: Naturerlebnisse waren ein Hauptmotiv des Sommer­tourismus. Davon hat Freiburg, anders als andere Städte, profitiert.

Die Zahl der Übernachtungen in Freiburg hat von Januar bis Ende September um fast 440.000 oder 31,9 Prozent auf 935.000 Federn gelassen. „Das ist ein Drama für die Betriebe, manche wissen gar nicht, wie es weitergeht“, sagt Tourismuschefin Franziska Pankow. Andere Städte im Land hat es derweil noch viel härter getroffen.

Bis Ende September verloren Stuttgart 54,4, Heidelberg 46 und Tübingen 43,9 Prozent des Vorjahres. „Wir sind, was Städte angeht, in einer absoluten Sondersituation“, sagt Pankow. Landesweit liegen die Zahlen rund 36 Prozent unter 2019.

Freiburg profitiere vor allem von der „Weltmarke Schwarzwald“, Natur war über den Sommer hinweg ein starkes Reisemotiv im Tourismus, die „erstmals sechsstellig“ kostende Re-Start-Tourismuskampagne habe zudem Wirkung gezeigt. Die Schwarzwald Tourismus GmbH meldet bis Ende September 32,6 Prozent weniger Übernachtungen und 39 Prozent weniger Gäste. Geschäftsführer Hansjörg Mair geht davon aus, dass Hoteliers, Gastronomen und Dienstleistern Ende des Jahres 2,5 Milliarden Euro in der Kasse fehlen: „Ohne schnelle Hilfen wird das manchen Betrieb in den Ruin treiben.“ Die Freiburg Wirtschaft Tourismus und Messe GmbH (FWTM) arbeitet derzeit schon an einer zweiten Re-Start-Kampagne im Frühjahr.

Im vergangenen Jahr hatte es noch den neuen Rekord von 1,82 Millionen Übernachtungen gegeben, die Auslastung hatte bei knapp 58 Prozent gelegen, Anfang Dezember 2020 lag sie knapp 20 Prozentpunkte drunter. Es gab mit 6525 Betten 110 mehr als Ende 2019 und 1250 mehr als 2016.

Insolvenzen gibt es auf dem Freiburger Hotelmarkt – noch – keine, allerdings stehen vor allem die Hoteliers mit dem Rücken an der Wand, die nicht in eigenen Gebäuden arbeiten. Der starke Sommer – im September lagen die Zahlen sogar auf Vorjahresniveau – habe ein bisschen Luft verschafft. Im April und Mai waren es aber 90 Prozent weniger.

Es gibt Prognosen, wonach der Tourismus erst 2023 wieder auf Vorkrisenniveau läuft. Das gründet sich hauptsächlich auf die ausländischen Gäste, bei denen sich bis Ende September in Freiburg das Minus auf stolze 60 Prozent aufsummierte. Neben den Hotels und der Gastronomie leiden aber auch Gästeführer, der Einzelhandel in der Innenstadt und Reisebüros enorm: „Für die ist das sicher kein Lockdown light“, so Pankow.

Stillstand herrscht nicht nur bei den Betrieben, sondern auch beim Bundesverfassungsgericht. Dort ist schon seit 2015 die Frage zu beantworten, ob die Bettensteuer überhaupt rechtlich über jeden Zweifel erhaben ist. Solange das nicht geklärt ist, dürfen die Einnahmen, die die Kommunen kassiert hatten, nicht ausgekehrt werden. Nach Rathausangaben liegen derzeit auf dem Rückstellungskonto 4,46 Millionen Euro. Während die Einnahmen in den ersten drei Quartalen im vergangenen Jahr noch bei 2,28 Millionen Euro lagen, sind im selben Zeitraum 2020 nur 1,15 Millionen dokumentiert. Wenn die insgesamt 4,46 Millionen stimmten, wäre seit 2014 nur gut eine Million Euro angefallen. Zu weiteren Fragen teilte das Rathaus mit: „Wir geben aus Gründen des Steuergeheimnisses prinzipiell keine Informationen zu einzelnen Steuerzahlungen.“

„Wir hoffen natürlich, dass es endlich zu einem Urteil kommt“, sagt Pankow. 1,4 Millionen Euro hatte der Gemeinderat im Zuge der Umsetzung des Tourismuskonzepts für 2019 und 2020 freigegeben. Dieses Konzept geht weg von dem Run auf Rekorde, sondern denkt Gäste und Einheimische zusammen. Tourismus soll akzeptiert sein, nicht wie andernorts der Overtourismus kritisiert. Die Zeitschrift National Geographic veröffentlichte Mitte November ein Ranking, wonach Freiburg 2021 zu den acht nachhaltigsten urbanen Destinationen weltweit zählt. Hoffentlich war die Studie gründlicher recherchiert als die Bezeichnung des Volksstamms: Die Studie spricht von Schwaben.

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