Drehbuch mit Defizit: Freiburger Rathaus schultert ­Rekordhaushalt Politik & Wirtschaft | 21.12.2018 | Lars Bargmann

Knapp 1000 Seiten und erstmals mehr als zwei Milliarden Euro umfasst der Entwurf für den Haushalt der kleinen Großstadt Freiburg in den Jahren 2019 und 2020. Es ist der erste, den Oberbürgermeister Martin Horn und Finanzbürgermeister Stefan Breiter jetzt vorgestellt haben. 70 Millionen Euro an neuen Schulden stehen drin – vorsichtshalber.

„Der Haushalt ist das Drehbuch der Stadtpolitik“, sagt Horn. Das Ziel müsse sein, möglichst keine neuen Schulden zu machen, sondern „Altlasten“ abzubauen. Zu diesen zählt der neue OB auch einen 400 Millionen Euro schweren Sanierungsstau, vor allem bei den Schulen. Dass er den von seinem Vorgänger Dieter Salomon geerbt hatte, sagt er nicht.

Auch Breiter trat angesichts von Rekordeinnahmen und Rekordinvestitionen verbal auf die Bremse: „Wir dürfen nie mehr Geld ausgeben, als wir einnehmen.“ Die 70 Millionen an eventuellen neuen Krediten passen aber weder dazu noch zum Altlasten-Abbauen. Und die – vor allem im Vorfeld der Kommunalwahlen im Mai – erwartbar lange Wunschliste der Fraktionen im Rathaus ist dabei noch gänzlich unberücksichtigt. Der Beschluss des Haushalts im April aber ist das Königsrecht des Gremiums. Es wäre eine Sensation, wenn darin keine Ausgaben zu finden wären, die im Bürgermeister-Entwurf keinen Platz fanden.

Stadtkämmerer Bernd Nußbaumer – bei der Aufstellung des Zahlenwerks für die Debütanten Horn und Breiter so etwas wie der Fels in der Finanzbrandung – erklärte, dass die kalkulierten Einnahmen vom Land (für beide Jahre 520 Millionen Euro, zum Vergleich: 2017 und 2018 waren es 446) nicht ­extra niedrig angesetzt worden seien, um bei den Fraktionen für größtmögliche Ausgabendisziplin zu werben.

Vorerst kein Eis-Stadion

Der Ergebnishaushalt (normale Einnahmen und Ausgaben der Verwaltung) schließt in beiden Jahren positiv ab (plus 47 Millionen in beiden Jahren) und stützt damit den Finanzhaushalt, der 238 Millionen Euro an Investitionen (etwa in die Infrastruktur fürs neue SC-Stadion, in Schulen und Straßen, Kitas, ÖPNV und das Augustinermuseum) vorsieht – auch das ein Rekord. Ebenso wie die anvisierten Personalkosten in Höhe von 478 Millionen Euro (plus 11 Prozent), die 270 neue Stellen, vor allem im Bauen, bei Bildung und Betreuung, bedeuten würden – wenn das Rathaus diese überhaupt besetzen kann. Was nicht nur Horn als schwere Aufgabe einschätzt.

Raus aus dem Entwurf sind etwa ein neues Eis-Stadion oder das Außenbecken am Westbad. „Das schmerzt“, so Breiter. Der aktuelle Schuldenberg der kleinen Großstadt Freiburg ist 188 Millionen Euro hoch. Unter Salomon ist die Zinslast von fast 20 Millionen Euro jährlich (2000) auf unter fünf Millionen Euro gesunken.

Im Entwurf sind auch Erlöse aus Grundstücksverkäufen enthalten. Der Gemeinderat will aber städtische Grundstücke nur noch auf Erbpacht vergeben – was Millionen Mindereinnahmen brächte. „Darüber müssen wir mit den Fraktionen noch einmal sprechen“, sagt Breiter. Die kompletten Flächen der Stadt und des Landes im geplanten Stadtteil Dietenbach – immerhin 40 Prozent – könnten „doch nicht alle nur Erbpacht sein“. Und an diesem Punkt sind sich OB und Dezernent eben nicht ganz einig. Für Horn ist die strikte Vergabe von Erbbaurechten auf städtischen Grund langfristig die bessere Alternative. Politisch mag das stimmen. Ob sie auch wirtschaftlich die bessere ist, müsste noch nachgewiesen werden.

Foto: © Stadt Freiburg