Enormes Potenzial: Zwei Freiburgerinnen managen den Klimaschutz im Industriegebiet Nord Politik & Wirtschaft | 29.11.2017 | Tanja Senn
Eine Klimaschutzmanagerin für ein Industriegebiet. Das gibt es nur in der Green City Freiburg. Aber schließlich ist das Industriegebiet Nord kein gewöhnliches Industriegebiet, sondern firmiert seit 2014 unter dem Label Green Industry Park. Während Sabine Wirtz hier schon von Anfang an die Klimageschicke lenkt, gibt es seit Juli auch ganz offiziell die Stelle der Klimaschutzmanagerin. Sie wird seitdem sowohl von Wirtz als auch von Anja Sachs (links) besetzt.
Bis 2050 will Freiburg klimaneutral sein. Wenn es damit noch etwas werden soll, muss das Industriegebiet Nord mitziehen. Denn zum Start des Klimaschutzkonzepts vor drei Jahren sah dessen Bilanz nicht gerade rosig aus. 21 Prozent des Freiburger Stroms wurde hier verbraucht, 10 Prozent der CO2-Emissionen hier produziert. Aktuellere Zahlen gibt es keine: Eine erneute Bilanz ist erst 2019 wieder fällig. Damit die besser ausfällt, will die Stadt nicht nur auf die Anstrengungen der einzelnen Firmen vertrauen. Die beiden Klimaschutzmanagerinnen Sachs und Wirtz setzen vielmehr auf eine Vernetzung. „Unser Ziel ist es, Projekte zu unterstützen, die über die Firmengrenzen hinausgehen“, erklärt Wirtz. So können sich Unternehmen bei Workshops die Projekte ihrer Nachbarn anschauen und von ihnen lernen.
Ein Vorzeigeprojekt, das die Managerinnen mit ins Rollen gebracht haben: Die Nutzung der Rhodia-Abwärme. Mit ihr sollen zukünftig das neue SC-Stadion am Wolfswinkel, die Neubauten des Autohaus Märtin und der Freiburg Wirtschaft Touristik und Messe GmbH an der Messe sowie die komplette Messe selbst beheizt werden. Alle Projekte zusammen benötigen gerade mal einen Bruchteil der Abwärme. „Da sieht man mal, wie viel Energie seit Jahrzehnten in die Atmosphäre abgegeben wurde“, sagt Klaus von Zahn. „Die endlich zu nutzen, ist ein absolutes Highlight für den Klimaschutz“, freut sich der Leiter des städtischen Umweltschutzamtes.
Die nächste große Herausforderung für die Managerinnen liegt in der Sonnenenergie. „Das Klimaschutzteilkonzept hat gezeigt, dass es ein enormes Photovoltaik-Potenzial auf den Dächern des Industriegebiets gibt“, sagt Sachs. So ließe sich der durch Photovoltaik erzeugte Stromanteil von zwei auf sechzehn Prozent des Gesamtverbrauchs erhöhen, wenn alle geeigneten Dachflächen genutzt würden. Vom Rathaus bezahlte Vor-Ort-Beratungen sollen die Unternehmer auf dieses Potenzial aufmerksam machen.
Finanziert werden solche Projekte über die Konzessionsabgabe der Badenova. Ein Viertel davon – jährlich rund drei Millionen Euro – fließt in den Klimaschutz. Eine Summe, die laut Stadtverwaltung bundesweit einmalig ist. Im Doppelhaushalt 2017/18 entfallen davon allein auf den Green Industry Park 1,3 Millionen Euro. Das Geld wird nicht nur für Workshops und Beratungen genutzt, sondern auch für Investitionen wie eine Photovoltaik-Anlage auf dem Feuerwehrhaus Zähringen oder für eine Verbesserung des Radverkehrs. Auch die Stelle der Klimaschutzbeauftragten wird aus diesem Topf bezahlt.
Denn grundsätzlich fördert der Bund zwar Klimaschutzmanager – allerdings nicht, wenn sie ausschließlich für Industrie und Gewerbe zuständig sind. „Deswegen stellen alle liebend gern Klimaschutzmanager für andere Bereiche ein“, erklärt von Zahn. „Aber einen Manager, der nur für ein Industriegebiet zuständig ist, das gibt es kein zweites Mal.“
Auch die Firmen mussten sich erst mal an die städtischen Ansprechpartner gewöhnen. Schließlich funktioniert die Zusammenarbeit auf freiwilliger Basis. „Wir haben keine offenen Türen eingerannt“, erinnert sich Wirtz, „aber mit der Zeit haben wir ein Vertrauensverhältnis aufgebaut. Dadurch erreichen wir die Unternehmen nun viel besser.“
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