Frust am Rotorblatt: Badenova kehrt regionalen Windkraftprojekten den Rücken Politik & Wirtschaft | 26.12.2019 | Lars Bargmann
Energiewende vor Ort, Neubau dezentraler Erneuerbarer Energien in der Region – diese Slogans wandern beim südbadischen Energieversorger Badenova AG nun in die Archive. „Wir werden die Projektentwicklung zur Windkraft einstellen“, sagte der Vorstandsvorsitzende Thorsten Radensleben unlängst vor Journalisten.
Artenschutz, Naturschutz, Bürgerproteste, eine Flut von Auflagen – die Windkraft hat hierzulande ein immer höheres Frustrationspotenzial. „Jedes Windkraft-Projekt kostet mittlerweile eine halbe Million Euro an Vorlaufkosten. Und wenn es dann scheitert, verlieren wir dieses Geld“, sagte Finanzvorstand Maik Wassmer. Und das sei nicht nur einmal passiert.
In der Region dreht das Unternehmen deswegen die Segel aus dem Wind. Wie aus einer anderen Zeit wirkt heute der Plan aus 2012, im Schwarzwald 70 bis 80 neue Windkraftparks zu bauen. Einer ist bei Oberwolfach im Bau, in Bräunlingen und bei Seelbach sind zwei im Genehmigungsverfahren. Das ist alles. Andreas Markowsky, Geschäftsführer der Freiburger Ökostrom-Gruppe, kann’s nachvollziehen: „Die Politik setzt Rahmenbedingungen, die Stadtwerke zum Rückzug zwingen.“
Die Energiewende „leidet unter der Bundesregierung“, sagt Markowsky, der in diesem Jahr noch auf die Baugenehmigung für zwei Windräder am Taubenkopf oberhalb von Kappel gehofft hatte – nun aber dank „immer neuer Anforderungen“ mit dieser erst Ende 2020 rechnet. Grundsätzlich gefährdet sieht er das Projekt aber nicht. An der Holzschlägermatte möchte die Gruppe zudem die zwei bestehenden Anlagen durch eine größere ersetzen und dennoch den Ertrag auf zehn Millionen Kilowattstunden (kWh) verdoppeln.
Für Radensleben ist die Bundesregierung nicht nur beim Wind auf dem falschen Kurs: Die 10 Euro für die Tonne CO2 – der Groko-Kompromiss – erachtet er als viel zu wenig, der Zielformulierung, bis 2050 den Energieverbrauch um 25 Prozent zu senken und trotzdem voll auf Elektromobilität zu setzen – ohne die freilich einzurechnen –, bescheinigt der Badenova-Chef eine „kognitive Dissonanz“.
Beendet hat die Badenova auch ihr Wind-Engagement in Frankreich: Nachdem der Energieriese EdF beim Badenova-Partner Theolia eingestiegen war, verkauften die Freiburger ihre Anteile an vier Windparks an die EdF – „gewinnbringend“. Auch beim Biogas und der Geothermie hat Radensleben die Handbremse gezogen, sei es wegen zu geringer Förderung oder fehlender Akzeptanz bei den Bürgern – den Kunden. Das ist die gute Nachricht: Im laufenden Jahr hat das Unternehmen zu den 300.000 bestehenden saldiert noch 60.000 neue Kunden gewonnen. Die Insolvenz der Bayerischen Energieversorgungsgesellschaft (BEV) mit Sitz in Offenburg war dabei der maßgebliche Treiber.
Wenn es um Erneuerbare Energien in der Region geht, ist derzeit nur noch Sonnenstrom ein Thema. So hat sich Badenova mit dem elsässischen Partner Caléo auf 17 Megawatt im Umfeld des AKW Fessenheim beworben.
Neue Windpark-Engagements wird es – wenn überhaupt – nur noch außerhalb der Region geben. In Mecklenburg-Vorpommern steht die Badenova kurz vor dem Einstieg in ein großes Freiland-Solarprojekt.
Markowsky setzt weiter auf die Region und baut derzeit drei Windmühlen in Biederbach bei Elzach, die zwischen und 15 und 20 Millionen kWh umweltfreundlicheren Strom bringen sollen. Auch aus den genehmigten Standorten in Freiamt und Ettenheim ließe sich durch neue Anlagen deutlich mehr rausholen. 1000 neue Windräder hatte der baden-württembergische Umweltminister nach der Machtübernahme in Stuttgart als Zielmarke ausgegeben. In diesem Jahr waren es bisher drei.
Foto: © Badenova