Grün telefonieren: Freiburger Start-up WEtell geht an den Markt Politik & Wirtschaft | 21.09.2020 | Till Neumann

WEtell

Seit Mitte Juli ist der Mobilfunkanbieter WEtell jetzt am Netz. Das Start-up aus dem Freiburger Kreativpark bietet einen der ersten nachhaltigen Handytarife Deutschlands an. Rund 500 Bestellungen kamen in der ersten Woche rein. Dabei soll die große Kampagne erst noch anlaufen.

Mobilfunkanbieter gibt’s viele. Die meisten versuchen, für wenig Geld viel Datenvolumen zu bieten. Bei WEtell ist der Fokus ein anderer: Datenschutz, Transparenz und Nachhaltigkeit stehen im Vordergrund. Seit dem 15. Juli ist das Angebot buchbar. 500 Kunden sind in der ersten Woche eingestiegen, berichtet Leonie Beinhardt. Die 31-Jährige leitet seit Februar das Marketing der Firma und ist begeistert: „Mega“ sei der Auftakt für das zehnköpfige Team.

Alma Spribille, Nico Tucher und Andreas Schmucker haben WEtell vor zwei Jahren gegründet. Mit einer Crowdfunding-Aktion holten die drei Mobilfunk-Revoluzzer vergangenes Jahr 180.000 Euro rein. 1200 Unterstützer konnten sie damals überzeugen, Gutscheine für den „grünen Mobilfunktarif“ zu kaufen. Diese können die Kunden der ersten Stunde jetzt einlösen.

Im Angebot sind vier Tarife: Ultrakurz, Mittelwelle, Superfunk und Megafon. Die Kostenspanne geht von 15 bis 30 Euro im Monat. Die Pakete reichen von 1 bis 15 GB Daten in LTE-Geschwindigkeit und Allnet-Flat fürs Telefonieren und SMS. Lediglich im kleinsten Tarif gibt’s eine begrenzte Zahl an Freiminuten und Kosten für SMS.

Günstigere Angebote findet man zuhauf. Schon für sechs Euro im Monat bieten Discounter ähnliche Datenmengen. Doch Beinhardt hält dagegen: „Mit einem Discounter haben wir nichts zu tun.“ Bei WEtell setze man auf Kundinnen und Kunden, die bereit sind, für einen Mehrwert auch mehr zu zahlen. „Schnäppchenjäger passen nicht zu uns“, sagt sie.

Das Ziel ist, einen Wandel voranzutreiben. Als „erstes Unternehmen im Mobilfunksektor“ nehme man Klimaschutz und Transparenz konsequent ernst. Die Eckpfeiler dafür: Ihr Geschäft betreiben sie nach eigenen Angaben ausschließlich mit Ökostrom. Für den Ausgleich der Emissionen aus dem Netzbetrieb wollen sie Photovoltaikanlagen bauen lassen. Dienstreisen sollen bevorzugt mit dem Rad oder Zug gemacht werden.

Nicht alles sei möglich, berichtet Beinhardt: „Wir wissen, dass wir offene Flanken haben.“ Man scheue sich nicht, diese zu zeigen. Ein erster Transparenzbericht soll den Kunden im Frühjahr 2021 maximalen Einblick in alle Bereiche geben.

Dass die WEtell-Gemeinde aufs Kleingedruckte achtet, zeigt sich auf Facebook. Da meldet ein User, er habe „Bauchschmerzen“ wegen der Kooperation mit dem schwedischen Netzbetreiber Tele2. Die Firma würde Daten mit Google auswerten, beschwert sich der User. Das WEtell-Team antwortet, dass bestmöglicher Datenschutz vereinbart sei.

Alleine sind WEtell nicht als grüne Mobilfunker: „Goood“ aus München ist seit drei Jahren am Start und bietet Tarife schon ab 5,99 Euro im Monat an. Als Konkurrenz will Beinhardt die Kollegen nicht sehen. Sie ist überzeugt vom Kundenpotenzial. 130 Millionen Sim-Karten gebe es in Deutschland. 13 Millionen Kunden legten Wert auf Nachhaltigkeit.

Mit der großen Marketingoffensive im September wollen WEtell viele davon erreichen. Bisher hält das Team den Ball flach, um sicherzustellen, dass alles reibungslos läuft. Rund 15.000 Kunden benötigt WEtell, um rentabel zu werden. Ihr Ziel: 1500 Klienten in zwei Monaten. Dann monatlich 1200 weitere. Wenn von denen jemand unzufrieden ist, kann er jederzeit wechseln: Alle Tarife sind monatlich kündbar.

Foto: © wetell, iStock/vladwel

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