Heikle Geschäfte mit Iran: Wie der Druck der Amis bis nach Südbaden wirkt Politik & Wirtschaft | 23.03.2018 | Dr. Stefan Pawellek

Das Bild ging um die Welt: Bei der Weltsicherheitskonferenz in München hielt Israels Premierminister Benjamin Netanjahu vor versammelter Mannschaft ein Metallteil in die Höhe und fragte Irans Außenminister Mohammed Dschawad Sarif laut, ob er es erkenne, es sei ein Flügel einer iranischen Drohne, die die Israelis abgeschossen hätten. Ein Eklat.

Die USA stehen Israel zur Seite, der US-Sicherheitsberater Herbert Raymond McMaster warnte, dass der, der Geschäfte mit Iran mache, diese mit den Revolutionsgarden macht, die die USA als Terror-Vereinigung einstuft. Es sind auch für südbadische Banken und Unternehmen heikle Geschäfte, wenn es um Iran geht.

Im Sommer 2016 war der damalige Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel mit einer großen Wirtschaftsdelegation nach Iran gereist: Die Aufhebung der Sanktionen stand bevor, die deutsche Wirtschaft sollte unter den Ersten sein, die Zugang zu einem Markt von 80 Millionen Menschen erhielt. Ein ganzes Jahrzehnt lang war Iran weitgehend vom Weltmarkt abgeschottet, der Nachholbedarf war groß, und schon in den 70er Jahren hatten deutsche Firmen am Persischen Golf gute Geschäfte gemacht: Nach den USA war das damals sogar die Nummer 2 unter den außereuropäischen Exportzielen. Gabriel wollte nun „ein neues Kapitel in den deutsch-iranischen Wirtschaftsbeziehungen aufschlagen“.

Nachholbedarf gebe es laut Deutschem Industrie- und Handelskammertag (DIHK) im Maschinen- und Fahrzeugbau, im Wassermanagement, der Abfallwirtschaft, im Gesundheitswesen, bei Baustoffen und erneuerbaren Energien. Allein für deutsche Firmen hielt der DIHK damals ein Exportvolumen von zehn Milliarden Euro bis 2020 für realistisch. 2015 waren es rund 2,4 Milliarden.

Ein neuer Exportboom schien sich anzukündigen, an dem auch Firmen aus Südbaden teilhaben wollten. Daniela Saam, beim Wirtschaftsverband Industrieller Unternehmen Baden (WVIB) Beraterin für die Außenwirtschaft: „Auch unsere Unternehmen blickten mit Interesse auf den potenziellen Riesenmarkt Iran.“ Der WVIB informierte interessierte Mitgliedsbetriebe bei einer Veranstaltung in der Freiburger Sparkasse.

Doch die Geschäfte liefen nur schleppend an. Der Grund: Die USA hatten und haben das Land am Persischen Golf noch immer auf der Sanktionsliste und bestrafen jeden, der sich ihrer Sicht der Dinge nicht anschließt. So musste etwa die Commerzbank einen Vergleich über 1,45 Milliarden Dollar akzeptieren und auf US-Druck Angestellte entlassen. Die Bank räumte vor Gericht sogar freimütig ein, unter erheblichem Druck von den US-Behörden zu stehen und gezwungen worden zu sein, das Arbeitsverhältnis zu beenden. Im März 2016 musste sie einen „Monitor“ der Beratungsfirma Alix Partners akzeptieren – eingesetzt vom New Yorker State Departement of Financial Services. Der durchleuchtete praktisch alle Vorgänge nach Verstößen gegen die US-Sanktionen. Der Druck, den der Alix-Mann ausübte, sei extrem. „Was bleibt uns übrig? Entweder es wird gemacht, was der Monitor fordert, oder es drohen neue Probleme mit der US-Justiz“, sagte ein Banker damals der Wirtschaftswoche.

Heute teilt Pressesprecher Maurice Farrouh auf Anfrage nur mit: „Wir halten derzeit an unserer restriktiven Geschäftspolitik bezogen auf den Iran fest und befinden uns damit im Einklang mit der Haltung der meisten großen global agierenden Banken.“ Auch die Deutsche Bank wurde von einem „Monitor“ beaufsichtigt – und bewahrt Stillschweigen. Frédéric Carrière, Referent Auslandsmärkte und Zoll bei der IHK Südlicher Oberrhein, schildert, welche Restriktionen Firmen wie Banken drohen, wenn sie Irangeschäfte abwickeln: „Die Firmen, die mit den USA zusammenarbeiten, in amerikanischem Besitz sind oder amerikanische Geschäftsführer haben, unterwerfen sich diesem Embargo. Ansonsten riskieren sie, auf einer US-Blacklist zu stehen. Dabei sind Irangeschäfte weder nach EU- noch nach deutschem Recht verboten.“

„Amerikaner setzen eigenes Recht in Deutschland durch“, titelte die FAZ im Dezember 2016. „Stimmt“, sagt ein südbadischer Bankvorstand, der namentlich nicht genannt werden möchte. Warum, das schildert ein fassungsloser Kollege aus einer anderen Bank drastisch: „Ich flog mit meiner Familie in die USA in den Urlaub, als mir der Immigrations-Beamte auf den Kopf zusagte, ich sei Bankvorstand und bei neuen Kunden für die Prävention vor Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung verantwortlich. Ich solle mir ja dieser Verantwortung bewusst sein, ich sei jetzt in den USA.“

Unfreundlicher Empfang am Ami-Airport

Ein Freiburger Bankboss, der mit einer städtischen Delegation unlängst in Isfahan war, legte sich einen zweiten Pass zu, um unbehelligt in die USA einreisen zu dürfen. Das schlug aber fehl: Er musste nach Frankfurt ins US-Konsulat, wo man ihm eröffnete, dass man sowohl von seinem zweiten Pass wisse, als auch, dass er in Iran gewesen sei. Er habe, so der Banker, sehr lange gebraucht, um zu erläutern, dass sein Besuch nichts mit geschäftlichen Beziehungen zu tun gehabt habe. Die Furcht vor Restriktionen durch die US-Regierung ist durchaus ein Thema, das im WVIB-Netzwerk diskutiert wird, berichtet Daniela Saam.

Während der Hauptgeschäftsführer von Südwestmetall Freiburg, Stephan Wilcken, glaubt, dass das Thema Iran in Südbaden keins ist, weiß IHK-Experte Frédéric Carrière von 40 Firmen, die Beziehungen zu Iran haben, der ein „wichtiger Handelspartner für südbadische Firmen“ ist.

Bei der Freiburger Volksbank wird der „nur vereinzelt“ aufkommende Zahlungsverkehr von Kunden in Länder mit geopolitischen Besonderheiten speziell geprüft und begleitet. Jedes Geschäft wird durch Spezialisten des Außenhandels nicht zuletzt in rechtlicher Hinsicht geprüft. Eine langjährige und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Kunden ist dabei Voraussetzung. Die DZ-Bank, das Dachinstitut der Volks- und Raiffeisenbanken, hatte mal offensiv für Irangeschäfte geworben, die New Yorker „Financial Times“ hatte das Institut neben anderen europäischen Banken als eine Art „Blockadebrecher“ angeprangert.

Auch die Schwanauer Firma Herrenknecht sprach Anfang 2016 noch offen von der Hoffnung, sich in Zukunft in Iran zu engagieren – was der Firma eine ausführliche Darstellung auf der Internetseite www.unitedagainstnucleariran.com einbrachte. Eine Anfrage nach dem Stand und Ausmaß ihres Engagements beantwortet Cornelia Lietzau von der Unternehmenskommunikation heute so: „In den vergangenen Jahren ist bis einschließlich 2017 das Geschäft im Iran für Herrenknecht nahezu zum Erliegen gekommen. Dies ist Ergebnis der Verschärfungen der Sanktionen gegen den Iran und hat sich auch nicht durch das internationale Atomabkommen erheblich geändert.“ Herrenknecht sei lediglich Service-Verpflichtungen aus lange bestehenden Verträgen für Metromaschinen in Teheran nachgekommen. Jedes einzelne Geschäft mit Iran sei „bis ins Detail“ mit dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle und den einschlägigen Behörden immer umfassend abgestimmt worden. Die für 2020 angepeilten zehn Milliarden Euro Export nach Iran werden Illusion bleiben

Visualisierung: © istock.com/erhui1979, Fotos: pixabay