IHK: Abwärtstrend zeigt sich auch am Oberrhein Politik & Wirtschaft | 07.02.2019 | chilli

Die IHK Südlicher Oberrhein bat in einer Umfrage rund 1.000 Unternehmen um Auskunft über ihre derzeitige Geschäftslage und ihre Einschätzung der zukünftigen wirtschaftlichen Entwicklung. Die Ergebnisse der Konjunkturumfrage zum Jahresbeginn präsentierten IHK-Präsident Steffen Auer (Mitte) und Hauptgeschäftsführer Andreas Kempff (rechts) heute vor Journalisten.

Der allgemeine konjunkturelle Abwärtstrend macht auch vor dem südlichen Oberrhein nicht Halt. Nachdem sich der Index der Geschäftslage im vergangenen Herbst noch kurzzeitig erholen konnte, verliert er zu Jahresbeginn wieder neun Punkte und steht damit auf dem tiefsten Stand seit Herbst 2015. „Daraus sollte jedoch nicht gefolgert werden, dass der hiesigen Wirtschaft eine Rezession ins Haus steht. Noch immer bezeichnen mit 52 Prozent der Unternehmen mehr als die Hälfte die eigene Geschäftslage als gut, weitere 43 Prozent als befriedigend“, sagte Auer.

Entsprechend geht auch die Bewertung der Geschäftserwartungen zurück. So fällt der Index der Geschäftserwartungen innerhalb eines Jahres von 27 Punkten auf 13 Punkte ab. Mit 24 Prozent besitzen die optimistischen Unternehmen nur noch eine vergleichsweise knappe Mehrheit gegenüber jenen, die mit einer Verschlechterung der eigenen Geschäfte im Jahr 2019 rechnen. Die Angaben zur aktuellen Geschäftslage und den zukünftigen Geschäftserwartungen werden zum IHK-Konjunkturklimaindex kombiniert. „Auch hier verzeichnen wir einen Rückgang“, so Auer. Im Vergleich zum Herbst verliert Konjunkturklimaindex sieben Punkte und steht mit 129 Punkten nun vier Punkte unter dem Landeswert, der lediglich drei Punkte eingebüßt hat.

Die Investitionsabsichten der Gesamtwirtschaft haben sich trotz der Einbußen bei Lagebewertung und Ausblick nicht verändert. Der Index der Inlandsinvestitionen verharrt bei 19 Punkten. Allerdings gilt dies nicht für die hiesige Industrie. Hier verliert der Index neun Punkte, während dies durch ein Plus in den anderen Branchen kompensiert wird. „Es muss sich erst zeigen, ob sich die Eintrübung in der Industrie im Laufe des Jahres fortsetzen wird und in der Folge auch auf weitere Branchen Effekte haben wird“, meinte Andreas Kempff.

Auch beim Blick in die Branchen zeigt sich bei der Industrie ein signifikanter Abfall. Nachdem der Index der Geschäftslage mit 68 Punkten vor genau einem Jahr seinen Höchststand erreicht hatte, sank er zunächst auf 57 Punkte und nun nochmals auf 45 Punkte ab. Trotzdem bleibt die Einschätzung überwiegend positiv. Mit 49 Prozent besitzt fast die Hälfte der Unternehmen eine gute Geschäftslage, nur vier Prozent sind unzufrieden. „Die Erwartungshaltung war schon während der vergangenen Befragungen eher verhalten. Zum Jahresbeginn 2019 verliert auch sie nochmals an Boden“, sagte Auer. Nur noch 28 Prozent der Unternehmen denken, dass es zu einer Verbesserung der eigenen Geschäfte im kommenden Jahr kommen wird.

Durchweg positiv zeigt sich die Bauwirtschaft. Zwar sinkt der Index zum Jahresbeginn von 80 auf 73 Punkte ab. Dies bedeutet allerdings immer noch, dass mit 73 Prozent die deutliche Mehrheit der Unternehmen der Bauwirtschaft eine gute Geschäftslage hat. Auer: „Die Auftragsbücher in Südbaden sind derzeit so gefüllt, dass man schon von einer Überhitzung der Branche sprechen kann.“

Als einzige Branche kann der Handel zum Jahresbeginn 2019 eine Verbesserung der Geschäftslage vermelden. So steigt der Index immerhin um zwei Punkte auf nun 46 Punkte an. Über die Hälfte der Unternehmen bezeichnen die eigene Geschäftslage als gut, weitere 42 Prozent als befriedigend.

Bei der Auswertung der Risikoeinschätzung der Unternehmen zeigt sich, dass der Risikofaktor Fachkräftemangel weiter ansteigt. Mittlerweile sehen 69 Prozent der Betriebe in ihm ein Risiko. „Damit bleibt er mit weitem Abstand das größte Sorgenkind der Unternehmer in Südbaden“, stellte Auer fest. Aber auch der Brexit bereite den Unternehmern Unsicherheit. Kempff: „Im vergangenen Monat haben wir eine Blitzumfrage bei unseren Mitgliedsunternehmen durchgeführt, die zeigt, dass vor allem beim Warenverkehr auch hiesige Betriebe vom Brexit betroffen sind“. 61 Prozent der Teilnehmer gaben dabei an, dass sie Beeinträchtigungen beim Export nach UK fürchten, für 31 Prozent könnte auch der Import britischer Waren zum Problem werden.

Wie die Auswirkungen eines möglichen Brexits für ein Unternehmen konkret aussehen können, erläuterte Gregor Grüb, Geschäftsführer der Oscar Weil GmbH. Das Unternehmen produziert Reinigungsmittel und Stahlwolle zur Bearbeitung von Oberflächen in Lahr. „40 Prozent unseres Geschäfts macht der Export aus, dabei ist Großbritannien unser wichtigster Auslandsmarkt. Der Export nach England macht acht Prozent unseres Gesamtumsatzes aus.“

Handelsbarrieren würden längere Standzeiten und höhere Logistikkosten und somit ein verteuertes Exportgeschäft bedeuten. Um sich vorzubereiten, hat das Unternehmen bereits seine englischen Kunden angeschrieben und sie gebeten, sich vorsorglich einzudecken. Grüb: „Mit einem harten Brexit wären wir erstmal alle überfordert, denn es gibt noch keine feststehenden Abläufe, Formulare oder Personal, die für diesen Fall vorgesehen sind. Wir hoffen daher, dass der Termin für den Austritt nochmals verschoben wird und man sich auf ein Abkommen einigt.“

Foto: © IHK SO