Jung, ideenreich und sinnstiftend: Die highQ Computerlösungen GmbH Politik & Wirtschaft | 03.12.2019 | Stefan Pawellek

Wer an Software-Entwickler denkt, der denkt an Silicon Valley, an Kalifornien – aber wohl weniger an Freiburgs beschauliche Schwimmbadstraße. Doch hier ist die highQ Computer­lösungen GmbH zu Hause: ein dyna­misches Unternehmen, das seit 23 Jahren erfolgreich die Themen Mobilität und Banking bespielt – inhaber­geführt, mit flachen Hierarchien, regional engagiert und interessiert.

Keimzelle der Firma waren Software-Module, die die Diplom-Physiker Christian Disch und Thomas Hornig bereits während ihres Studiums für die SüdbadenBusgesellschaft (SBG) erstellten. Das Unternehmen wollte seine Planungs- und Abrechnungsprozesse digitalisieren, und die beiden entwickelten dafür die passende Software. Die war so gut einsetzbar, dass schnell klar wurde: Was für die SBG passt, das passt auch für andere Verkehrsgesellschaften.

So entwickelte sich aus den Software-Modulen für Verkehrsunternehmen eine Mobilitätsplattform, die eine flexible Kombination unterschiedlicher Verkehrsträger je nach Verkehrslage und Umweltsituation erlaubt. Dabei werden Verkehrsleistungen zusammengeführt, unterschiedliche Verkehrsträger vernetzt. Eine App, mytraQ, gibt dem Nutzer „Echtzeit-Routing-Empfehlungen“, gleichzeitig aber ist – etwa beim Umstieg vom privaten Pkw auf ein öffentliches Verkehrsmittel – das Ticketing möglich: Die Fahrt wird online bezahlt.

Für den Nutzer praktisch, für den Betreiber der Verkehrsbetriebe besser: neben der Bezahlung ist so auch eine Ticketkontrolle möglich. Und: Wer mytraQ auf dem Smartphone hat, dem wird die optimale Route zum Ziel angeboten – vorzugsweise mit Bussen und Bahnen. highQ hat noch weitere Mobilitätshilfen ersonnen, die letztlich jeder Verkehrsgesellschaft helfen, effizient und kostensparend die vorhandene Infrastruktur zu nutzen, Fahrzeuge besser auszulasten, Arbeits- und Lenkzeitenregelung genauer zu kontrollieren.

Die Vielfalt der Mobilitätsangebote von highQ hat dem Freiburger Unternehmen, das derzeit 58 Mitarbeiter beschäftigt, Aufträge von großen Verkehrsbetrieben wie denen in Hamburg oder Berlin eingebracht, ebenso wird das Ticketing des Sylter Hindenburg-dammes seit 18 Jahren mit highQ Software abgewickelt. Noch nutzt die Freiburger Verkehrs AG (VAG) keine Schnittstellen zu den multimodalen highQ-Produkten, um Mobilitätskonzepte gemeinsam mit dem Know-how aus der Schwimmbadstraße weiterzuentwickeln. Das könnte sich bald ändern: highQ möchte mit der VAG am Beispiel des Freiburger Industriegebiets Nord Verkehrsströme, Pendlersituationen und die Interessen der Arbeitgeber besser kennenlernen.

Dazu wird derzeit mithilfe einer Befragung neben dem Ist-Zustand auch festgestellt, welche Anreize die einzelnen Arbeitnehmer bräuchten, um ihre Gewohnheiten zu ändern: Incentivierung nennt man das bei highQ – einen Urlaubstag mehr für den Verzicht auf den privaten Pkw? Einen sicheren Parkplatz direkt vor der Firma, wenn man noch drei Kollegen mitnimmt? Eine finanzielle Zuwendung, wenn das Fahrrad genutzt wird? Eine
E-Tankstelle vor dem Firmengebäude bei Nutzung eines e-Bikes?

Manchmal, so schildert es Kai Horn, Leiter Vertrieb und Marketing, seien nur kleine Veränderungen nötig: ein firmeneigener Shuttle-Service, der eben zehn Minuten vor der Rushhour fährt, das Zusammenfassen der Mitarbeiter mehrerer Betriebe – wie es sie im Industriegebiet Nord gibt – zu einer Fahrgemeinschaft. Ziel ist, dass der Verkehrsstrom entzerrt wird, und zwar durch Verschiebung der Zeit und der Verkehrsformen – bei denen highQ zum einen den ÖPNV favorisiert und zum anderen nur „gemeinwohlkonforme Routen“ erarbeitet.

Kai Horn: „Wir sind eher klein, aber enorm innovativ.“

Was im Augenblick für das IG Nord erarbeitet wird, könnte auch am Hafen Kehl bald helfen, dort ist man ebenso in der Diskussion wie an zahlreichen weiteren Mobilitätsprojekten. „Man braucht eine gewisse Größe, sonst geht der Effekt verloren“, sagt Horn. Denn: Die Erfahrung zeigt, dass nur rund 50 Prozent der Betroffenen auch wirklich erreicht werden, die anderen beharren auf dem gewohnten Arbeitsweg. Bei weniger als 1000 Mitarbeitern lohnt sich ein solches Projekt kaum. „Wir sind“, sagt Horn nicht ohne Stolz, „zwar eher klein, aber enorm innovativ.“

Das Unternehmen hat mittlerweile Büros in Berlin, Hamburg und Stuttgart, um schnell auf dort auftretende neue verkehrstechnische Herausforderungen reagieren zu können. Die Nähe zum Kunden sei ungemein wichtig, so Horn, und ermögliche auch neue Forschungsansätze beim Thema Mobilität. Wie kommt man nun aber von Mobilität zum Banking? highQ entwickelte vor rund 20 Jahren ebenfalls eine weitere Software, hier mit dem Fokus auf Bauträgerkredite, und das im Auftrag der Sparkasse Freiburg-Nördlicher Breisgau.

Sie heißt abakusBT, ist eine Bauträger-Software, die es Finanz­instituten ermöglicht, die Vorschläge und Ideen von Bauträgern vorab akribisch zu durchleuchten und rechtzeitig Schwachstellen in Planung und Kalkulation zu erkennen.
abakusBT, das derzeit bei rund 60 Finanzinstituten bundesweit im Einsatz ist, ist eine datenbankgestützte, netzwerkfähige Software für das effektive und sichere Management von Bauträgerkrediten. „Mehr Überblick, weniger Risiko“, kennzeichnet Kai Horn das Produkt. Man wisse zu jedem Zeitpunkt, ob das Projekt noch in der Spur ist oder aus dem Ruder zu laufen droht und könne so rechtzeitig effektiv reagieren.

Ergänzend gibt es zukünftig nun auch abakusRE für Bauträger, die das erstellte Gebäude behalten und vermieten. Hier hilft die Software, das Finanzierungsrisiko zu begrenzen, indem insbesondere die Vermietungssituation mitberücksichtigt wird. Von zwei auf derzeit 58 Mitarbeiter ist highQ gewachsen – „und wir suchen immer noch Fachleute“ –, das spricht für ökonomischen Erfolg. Doch, so Horn, das sei nicht alles: Die Arbeit bei highQ sei sinnstiftend, man betreibe viele Forschungsprojekte, arbeite eng mit Universitäten unter anderem in Weimar und Berlin zusammen und gehe derzeit intensiv an das Thema „Maschinen schreiben Software für Maschinen“ heran. Horn: „Wir sind ein rundum spannendes Unternehmen, bei dem es einfach Spaß macht zu arbeiten.“

Fakten highQ

highQ entstand aus Software­projekten während des Studiums der beiden­ Diplom-Physiker Christian Disch und Thomas Hornig, heute Geschäftsführer des Unternehmens. 1996 wollte die SüdbadenBus GmbH ihre Prozesse digitalisieren, und die beiden Wissenschaftler erkannten schnell, dass ihre Arbeit nicht nur für Verkehrsunternehmen nützlich sein könnte, sondern auch weitere Anwendungen daraus zu entwickeln wären. Sie gründeten eine GmbH – highQ war geboren.

In Deutschland werden mutige Firmengründer deutlich weniger unterstützt als anderswo: So stecken die USA pro Jahr 131 Milliarden Dollar in Start-ups, hierzu­lande sind es fünf. Es gebe, so Hendrik Brandis, Gründer der Venture-Capital-Firma Earlybird, in Deutschland keine „Finanzierungskultur“. SAP sei ein glücklicher Unfall. Das könnte man auch für highQ sagen. Die Freiburger gewannen 2018 beim EcoVadis Award das Silberne Siegel, den Elektromobilitäts­preis und den Innovationspreis IT „Best of 2018“ für IONgate+. Im Vorjahr holten die Freiburger die
Auszeichnungen TOP100 Innovator sowie „Best of 2017“ für die Digitale Integrationsplattform.

Fotos: © highQ