Klage, Kartellwächter, Kritik: Badenova schlägt zurück Politik & Wirtschaft | 13.07.2018 | Lars Bargmann

Die EnBW-Tochter Energiedienst geht derzeit juristisch dagegen vor, dass die Städte Lörrach und Weil am Rhein ihre Stromversorgung künftig gemeinsam mit Badenova in die Hand nehmen wollen. Der Ausgang ist noch offen.

Gestern gab es vor der Vergabekammer in Karlsruhe eine Anhörung. Geladen waren auf Klägerseite Energiedienst, auf Beklagtenseite die Rathäuser in Lörrach und Weil. Badenova war als Zeuge geladen. Bis zum 27. Juli will die Kammer eine Entscheidung bekanntgeben.

Lörrach und Weil haben zur Stadtwerke-Gründung einen Partner gesucht. Die Energiedienst-Tochter ED Netze aus Laufenburg hatte sich beworben, gegen die Badenova aber den Kürzeren gezogen. Deswegen ging das Unternehmen juristisch gegen den rein kommunalen Energieversorger mit Hauptsitz in Freiburg vor und schwärzte ihn dabei offenbar auch an. „Die Vorwürfe sind absolut haltlos“, konterte der Badenova-Vorstandsvorsitzende Thorsten Radensleben.

Die Energiedienst Holding AG gehört zu zwei Dritteln der EnBW, zu 15 Prozent der Services Industriels de Genève (SIG) und zu 18 Prozent Drittaktionären. Die Energiedienst-Tochter ED-Netze -die noch die Stromkonzession in Lörrach und Weil hat, geht juristisch gegen die Vergabe an Badenova vor. Mit den Vorwürfen befasst sich derzeit die in Karlsruhe angesiedelte Vergabekammer des Landes.

Parallel läuft schon länger, räumt Radensleben ein, ein Verfahren des Landekartellamts gegen Badenova, in dem es darum geht, ob das erfolgreiche Kompas-Modell (kommunale Partnerschaft, hier konnten sich Kommunen Kommanditanteile und so genannte stille Beteiligungen an Badenova kaufen) wettbewerbsrechtlich in Ordnung ist. Etwa, weil es den stillen Anteilseignern hohe Zinsen (4,5 bis 7 Prozent) garantiert.

Muss Attacken abwehren: Thorsten Radensleben.

Radensleben betont, dass das 2010 platzierte und 2012 abgeschlossene Modell im Vorfeld vom Innenministerium in Stuttgart, dem Regierungspräsidium Freiburg, den Landratsämtern sowie der Verwaltungshochschule in Kehl geprüft und nicht beanstandet wurde. Die stillen Gesellschafter hatten zuletzt 6,9 Prozent Rendite auf ihre Anteile bekommen. Das ist heute nur noch mit riskanten Anlagen zu holen, war damals aber keineswegs unüblich. „Wie hier mit uns aufgrund einer Vergabe umgegangen wird, habe ich in meiner beruflichen Laufbahn noch nicht erlebt“, sagte Radensleben. Die öffentliche Diskreditierung sei keine legitime Form des Wettbewerbs.

Ein Vorwurf der Kartellwächter lautet, dass das Modell Konzessionsvergaben beeinflusst. Das wies Radensleben zurück: Von 49 seither erhaltenen Konzessionen seien nur 24 Kommunen auch Anteilseigner gewesen. Anders herum haben sechs Anteilseigener ihre Konzessionen an andere Versorger vergeben. „Die Vorwürfe sind absolut haltlos“, so Radensleben. Es gibt allerdings einen Passus in den Kompas-Verträgen, wonach Kommunen ihre Anteile an Badenova zurückverkaufen müssen, wenn sie ihre Konzessionen nicht an die Badenova vergeben. „Diesen Passus hat damals das Innenministerium gefordert“, sagt Radensleben.

Die Kartellwächter hatten schon 2015 erste Fragen zum Kompas-Modell gestellt. Diese hatte die Badenova beantwortet, der Vorstand war davon ausgegangen, der Vorgang sei damit erledigt. Mitte vergangenen Jahres gab es dann einen erneuten Vorstoß der Behörde, für die nicht mal der Ministerpräsident weisungsgefugt ist. Dieses Wissen hat Energiedienst offenbar nun im Zuge der juristischen Auseinandersetzungen um die Vergabe mit einfließen lassen. Das Kartellamt äußert sich zum aktuellen Verfahren nicht. Nach Informationen des Südkurier fordert das Kartellamt beispielsweise, dass die Stadt Neuenburg ein Drittel der Ausschüttungen ans Land abgeben und seine Konzession neu ausschreiben müsse.

Während des Kompas-Programms hatten sich 81 Kommunen, die der Badenova die Gas- oder Stromkonzession gegeben hatten, zusammen 2,97 Prozent der damals auf 789 Millionen Euro taxierten Badenova GmbH & Co. KG gekauft, die größten Anteilseigner, die Stadt Freiburg und die Thüga AG, hatten diese Anteile abgegeben. Dass das Kartellamt in der Energiebranche ermittelt, ist keine Seltenheit. Dass aber nun Kompas angegriffen werde, „ist wirklich was Besonderes“, sagt Radensleben. Die Badenova werde auf jeden Fall ein Nachfolgeprojekt lancieren. Dies soll gleich mit der Kartellbehörde abgestimmt werden.

Der Vorstandsvorsitzende kennt nur einen Fall, in dem das Unternehmen mal gegen das Kartellamt den Kürzeren gezogen hatte, weil es Ungereimtheiten in der Gebührenordnung für die Wasserversorgung gegeben hatte. Damals sei es aber nur „um ein paar Euro“ gegangen.

Auf der anderen Seite beklagt Energiedienst, dass Lörrach und Weil sich von Kanzleien beraten ließen, die auch für Badenova tätig sind, und ein intransparentes Verfahren, weil die Badenova einen Mitarbeiter von Energiedienst abgeworben habe. Auch diese beiden Argumente seien haltlos, so Radensleben. Auf die komplizierte Vergabe spezialisierte Kanzleien seien rar, da treffe man oft auf die gleichen Experten, und der Mitarbeiter sei durch ein Beratungsunternehmen angesprochen worden und habe mit der Bewerbung nichts zu tun gehabt. Er arbeitet seit dem 1. Juli nun in Freiburg.

Auch die Stadt Schopfheim hatte unlängst einen Partner zur Gründung von Stadtwerken gesucht. Dort hatte Badenova gegen Energiedienst und die Stadtwerke Bad Säckingen verloren, die Niederlage aber klaglos akzeptiert.

Fotos: © Badenova