Nach 33 Jahren: Freiburgs letzter CD-Laden macht dicht Szene | 15.01.2021 | Till Neumann

Das Compact Disc Center (CDC) bei der Schwarzwald City überlebt die Krise nicht. Nach 33 Jahren gibt Gerhard Gehre Freiburgs einziges echtes CD-Geschäft auf. Die Gründe: Streaming und der Corona-Lockdown. „Die Branche ist bescheuert“, wettert der 60-Jährige. Bis Mitte Februar verkauft er noch 20.000 CDs und Schallplatten.

Für Musikliebhaber ist das CDC eine Schatzkammer: In Holzregalen stehen CDs soweit das Auge reicht. Von Juliette Gréco über Pink Floyd bis zu den Black Eyed Peas. Zutritt zum Eldorado der Silberlinge haben aber nur noch der Chef und ein Mitarbeiter. Über Click and Collect verkaufen sie die Ware am Ladeneingang hinter einer Plexiglasscheibe. Wer noch was abgreifen möchte, muss online vorbestellen.

Alles für Amazon

Gerhard Gehre macht aus seinem Groll keinen Hehl. Er ist sauer über den Wandel der Branche. Labels lieferten bevorzugt an Amazon, er ging immer wieder leer aus. Streaminganbieter wie Spotify eroberten den Markt, obwohl sie Verluste einfahren. „Die Branche ist bescheuert“, sagt der Musikliebhaber.

Die Ladenaufgabe macht ihm zu schaffen: „Leider ist die wirtschaftliche Lage immer schlechter geworden. Der zweite Lockdown hat uns endgültig den Rest gegeben.“ Allein im Dezember fehlten rund 45.000 Euro Umsatz. Das Weihnachtsgeschäft sei überlebensnotwendig für ihn. „Das lässt sich nicht mehr aufholen.“ 75 bis 80 Stunden arbeite er derzeit – ohne Gehalt.

Werden kaum mehr nachgefragt: CDs von David Bowie und Co. im Compact Disc Center

Die CD wurde 1981 erfunden. Sechs Jahre später hat Gehre den Laden in der Schiffstraße 8 eröffnet. Die „Schnapsidee“ kam dem gelernten Koch und Versicherungskaufmann bei einem Sonntagsfrühstück. Mit Geschäftspartner Christian Sumser bekam er von der Sparkasse den Zuschlag für die Räumlichkeiten. „Es gab 50 Bewerber, ich weiß bis heute nicht warum wir es geworden sind“, erzählt Gehre und lacht.

Die ersten vier Jahre habe er ohne Einkommen gearbeitet. Dann wurden CDs ein Riesengeschäft, der Laden begann zu brummen. „Der Boom kam Mitte der 90er bis Mitte der 2000er“, erinnert sich Gehre. An einem einzigen Dezembertag habe er mal 28.000 D-Mark umgestetzt. Gehre kann es kaum mehr glauben: „Da kriege ich richtig Gänsehaut.“

Notfalls „bei ebay verkloppen“

Zu Hochzeiten hatte er 50.000 Tonträger im Laden. Jetzt sind es noch 20.000 mit einem Wert von etwa 100.000 Euro. Zu gerne würde er sie bei geöffnetem Laden verkaufen. Doch der Lockdown macht das unmöglich. Die Zeit läuft gegen ihn, sein Mietvertrag geht nur bis zum 13. Februar. Er bemüht sich um eine Verlängerung. Falls das nicht klappe, müsse er den Rest „bei ebay verkloppen“.

Die Gepflogenheiten der Branche ärgern ihn. Ein Album von Dave Brübeck sei jüngst 45 Mal bei ihm vorbestellt worden. Doch die Plattenfirma Universal habe alles an Amazon geliefert. Auch in anderen Fällen sei er leer ausgegangen. Zudem echauffiert er sich über Streamingdienste, die Jahr für Jahr Verlust machen und Geschäfte wie seins kaltstellen. Von den rund 45 verbliebenen CD-Geschäften in Deutschland seien auch andere kürzlich den Bach runter gegangen.

Hat noch ein paar Wochen offen: Das Compact Disc Center in der Freiburger City

Sein Geschäft sei seit 2012 zunehmend schlechter gelaufen. „Das Konto ist immer mehr ins Minus gerutscht.“ Im Nachhinein wäre er gerne früher ausgestiegen. Aufs Onlinegeschäft hat Gehre im Rückblick wohl zu wenig gesetzt. Der digitale Shop des Ladens ist 14 Jahre alt. „Und der sieht auch so aus“, scherzt der CDC-Chef. Erst zu Corona-Zeiten hätten dort die Bestellungen zugenommen.

Große Stars und lokale Künstler

CDs sind für ihn vom Aussterben bedroht. Zwei, drei Jahre gibt er ihnen noch. Der Musikmarkt setze schon jetzt 75 Prozent mit Streaming um. Dabei verkaufte er einst Platten tausenderweise. Eric Clapton, die Dire Straits oder Brothers in Arms seien Verkaufsschlager gewesen. Und auch für lokale Bands bot er Platz im Regal. Noch heute findet man dort gut sortiert ausgewählte Freiburger Künstler prominent einsortiert.

Wie es weitergeht, weiß er noch nicht. „Ich muss mich erstmal erholen.“ Von der Musikbranche will er nix mehr wissen. Dafür stehen mögliche Nachfolger schon in den Startlöchern. Der ehemalige Mitarbeiter von Gehre möchten in den Räumlichkeiten einen Nachfolger eröffnen mit dem Fokus auf Vinyl. Der Name: Der Plattenladen Freiburg.

Der Ausverkauf läuft

Das CDC verkauft bis Mitte Februar seine restlichen CDs und Vinyl. Auch einige Merchandise-Artikel sind im Laden zu finden. Das gesamte Sortiment mit Musik aus nahezu allen Sparten ist auf der Seite www.cdcfreiburg.de zu finden. Der Verkauf läuft über Click and Collect. Vorbestellte Tonträger können im Laden abgeholt werden.

Fotos © Till Neumann