Nachgewürzt: Florian Schroeder über „Fridays for Future“ Kultur | 19.02.2019 | Florian Schroeder

Florian Schroeder

Es sind schon merkwürdige Zeiten: Der Führer der freien Welt, der amerikanische Präsident, benimmt sich wie ein trotziges Kind, dem jemand die Klötzchen für seine Mauer weggenommen hat. Und ein 16-jähriges Mädchen aus Schweden agiert so weltgewandt und erwachsen, dass viele Erwachsene nicht anders können, als an eine Verschwörung zu glauben.

Greta Thunberg, eine Schülerin und Aktivistin, ist – mit der Bahn, 30 Stunden lang – nach Davos gefahren, um zu sagen, sie fände es ganz schön, wenn die Erwachsenen sich an ihre Versprechen hielten, nämlich den Klimavertrag. Damit wir nicht in 30 Jahren alle im Stehen ertrinken. Und die Reaktion darauf war: „He, Moment mal, müsstest du nicht in der Schule sein?“

Richtig frustriert über Greta Thunberg sind die rechten Netzwerke. Das ist natürlich auch gemein vom Schicksal: Da taucht ein nordisches Mädchen auf, mit BdM-Zöpfen, das Greta heißt – und dann sagt die gar nix Beruhigendes über blonde Bestien. Statt „alles soll so bleiben, wie es ist“ kommt von der: „Nichts wird so bleiben, wie es ist.“

Und ihr haben sich jetzt tausende deutsche Schüler angeschlossen, die jede Woche zum Klimaprotest nach Berlin fahren. Das ist gar nicht so schlimm: An vielen Schulen in Deutschland findet der Unterricht ja überhaupt nur an so vielen Tagen statt, wie er jetzt geschwänzt wird.

Über die Freitagsdemos regen sich auch viele Rechte auf. Das ist erstaunlich, denn wenn man sich die Rechtschreibung der Hasskommentare im Internet anguckt, muss man sagen: „Das sind jetzt auch nicht glühende Fans des Deutsch-Unterrichts oder der deutschen Sprache.“

„Fridays for future“ heißen die Proteste – da sind viele Leute in die Mediamärkte gelaufen und dachten: es gibt schon wieder 20 Prozent auf alles. Das ist natürlich auch irritierend, wenn Leute jede Woche für die Weltrettung auf die Straße gehen – da reiben auch wir Enddreißiger-Anfangvierziger uns die müden Work-Life-Balance-Augen und denken: Also, wenn wir Schule geschwänzt haben, dann, weil wir Tafeldienst hatten oder die Hausaufgaben nicht gemacht hatten.

Aber was haben wir noch gemacht? Auf den Zivildienst gewartet – verbunden mit der gesellschaftspolitisch relevanten Frage: Wird er noch verkürzt, bis wir anfangen müssen? Oder fällt er vielleicht doch schon ganz weg? Das wäre super! Ob mit oder ohne Zivi – entweder vorher oder nachher erst mal ein halbes Jahr nach Australien. Klimaneutral, versteht sich.

Und sonst? Gut, Rot-Grün hat wegen uns Erstwählern 1998 die Wahl gewonnen. Joschka als Außenminister! Das ersetzt mindestens 20 Jahre Demo!