Nur eine Handvoll Zombies: Freiburgs Bankbosse noch entspannt Politik & Wirtschaft | 22.02.2021 | Lars Bargmann

Ertrinken in Corona Zur Not Rettungsringe: Steht Südbaden vor einer Insolvenzwelle?

Vermehren sich Zombieunternehmen in der Corona-Krise still und heimlich und gefährden so die wirtschaftliche Stabilität? Wenn es nach der in Basel ansässigen Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) geht, sind Zombies weltweit auf dem Vormarsch.Die Vorstandsvorsitzenden von Volksbank und Sparkasse in Freiburg, Uwe Barth und Marcel Thimm, sehen in Südbaden dafür noch keine Anzeichen.

Als Zombies werden nach der jüngsten BIZ-Studie solche Unternehmen schon dann bezeichnet, wenn sie zwei Jahre in Folge aus ihren Gewinnen nicht einmal die Zinsen fürs Fremdkapital bezahlen können. Mitte der 80er-Jahre gab es demnach 4, heute schon 15 Prozent solcher Untoter an den weltweiten Börsen. Die, so wird unterstellt, entweder nur noch dahinleben, weil die Geldflut der EZB oder auch die Corona-Pakete der Politik den Schlusspfiff künstlich verzögern.

Weil zudem die Antragspflicht für insolvenzbedrohte Unternehmen im Pandemiejahr 2020 bis Oktober ausgesetzt war – und für einige immer noch ist –, malen Wirtschaftsexperten das düstere Bild einer Armee von lebenden Leichen an die Wand. Und von einer Insolvenzflut im laufenden Jahr.

„Wir hatten im vergangenen Jahr nicht mehr Kreditausfälle als sonst auch, wir rechnen zwar mit etwas mehr im laufenden, aber immer noch auf vergleichsweise niedrigem Niveau“, sagt Barth. Die Ausfälle seien zahlenmäßig im mittleren zweistelligen Bereich gewesen, bei mehr als 20.000 gewerblichen Kunden. Auch bei der Sparkasse war die „akute Risikosituation 2020 nicht nennenswert schlechter als 2019“, so Thimm.

Es werde zwar nicht ganz ohne Blessuren gehen, aber nicht Zombies, sondern das Zinsumfeld bereitet Thimm Kopfzerbrechen: Wenn die Zinsen noch 20 Jahre so bleiben, habe keine Bank ein taugliches Geschäftsmodell mehr.

Aktuell verweisen Thimm und Barth aber auf zuletzt viele gute Jahre, in denen die Unternehmen Eigenkapital angehäuft haben – und die Kreditinstitute auch. Selbst wenn es mehrere schlechte Jahre mit deutlich mehr Pleiten in der Kundschaft gäbe, sei das kein großes Problem: Die Schatzkammer mit den stillen Reserven ist gut gefüllt.

Die Sparkasse, sagt Thimm auf Nachfrage, hatte 2019 exakt 202 Kreditausfälle, im vergangenen Jahr waren es 196. Wie Barth denkt auch Thimm am Jahresanfang eher in schlechteren Szenarien, die sich dann meist nicht bewahrheiten. Barth fordert aber, dass die Antragspflicht für alle Firmen so schnell wie möglich wieder verbindlich wird: „Insolvenzrecht ist Gläubigerschutz, wir können das nicht ewig aussetzen.“

Thimm hat in seiner Karriere fünf schwere Krisen erlebt: 1983, 1993, 2001, 2008 und die aktuelle. Die ersten drei hatten massive Auswirkungen auf die Kreditwirtschaft, dann kam Basel II, strengere Eigenkapitalvorschriften, die maßgeblich dazu beigetragen haben, dass 2008 nicht alles zusammenbrach. Auch die Pandemie biete nun die Chance, sich noch krisensicherer zu machen.

„Unsere Sorgen nach dem ersten Lockdown sind nicht eingetreten, wir haben unsere Ziele erreicht, ein paar Bremsspuren im Provisionsgeschäft“, sagt Barth mit einem ersten Blick auf die Bilanz. Viele Unternehmen werden aber, wenn die Pandemie ausläuft, „geschwächt“ sein. Kommen die gewohnten Umsätze zurück? Wie geht es in der Innenstadt weiter?

Thimm schaut auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung. Das Bruttoinlandsprodukt ist um fünf Prozent gesunken: „Das ist dramatisch.“ Er kenne viele Kunden, die ihre Altersvorsorge in der jetzigen Krise ins Unternehmen gesteckt haben. Die müssen nun wieder von vorn anfangen. „Es gibt viele schlimme Einzelschicksale, auf unsere Bilanz schlagen diese aber nicht durch.“ Das Wort Zombies nahmen beide Banker beim Gespräch nicht in den Mund.

Illustration: © Nuthawut Somsuk