Klein, aber bio: Die landwirtschaftliche Vielfalt in Südbaden ist groß, der Wettbewerb hart Politik & Wirtschaft | 20.06.2020 | Philip Thomas

Kuh auf einer Weide

In der Krise konnten viele Freiburger feststellen, dass Mehl, Nudeln und Tomaten nicht im Supermarkt wachsen und wie anfällig globale Lieferketten sein können.Regionale Produkte stammen oft von kleinen Erzeugern, die Preise sind entsprechend höher. Denn nicht nur die landwirtschaftliche Vielfalt in Baden sucht in Deutschland ihresgleichen, der Wettbewerb tut es auch. Unternehmen aus dem Schwarzwald verbuchen trotzdem Umsatzrekorde.

Könnte sich Freiburg im Falle einer zweiten Infektionswelle selbst versorgen? Eher nicht. Denn selbst die 325.000 Hektar landwirtschaftlich genutzte Fläche im ganzen Regierungsbezirk würden dafür nicht reichen. Der Gesamtertrag lässt sich ohnehin schlecht berechnen. Fakt ist, dass maximal 20 Prozent des Freiburger Lebensmittelbedarfs durch die Region gedeckt sind.  Das zeigt eine Studie des Schweizer Forschungsinstituts für biologischen Landbau aus dem Jahr 2015. „Das Potential für regionale Produkte ist noch nicht ausgeschöpft“, heißt es in dem Bericht.

Eine andere Arbeit bestätigt das: Damit sich allein Freiburg komplett selbst ernähren könnte, fehlen aktuell 59 Prozent der dafür nötigen Flächen in der Stadt sowie den Landkreisen Breisgau-Hochschwarzwald und Emmendingen, schlussfolgert eine 2013 an der Freiburger Universität vorgelegte Untersuchung. Würde die Breisgau-Metropole von heute auf morgen ihre Essgewohnheiten gemäß der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) umstellen und pro Person wöchentlich nicht mehr als 600 Gramm Fleisch essen, fehlten trotzdem 30 Prozent.

Auf der Habenseite indes stehen rund 15 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche in Freiburg, dem Breisgau-Hochschwarzwald sowie dem Schwarzwald, die laut Padraig Elsner, Sprecher beim Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverband (BLHV), ökologisch bewirtschaftet werden. Der deutsche Durchschnitt liegt bei nur zehn Prozent. Das hatte die Region bereits 2010 erreicht. Und diese Quote damit um 50 Prozent gesteigert.  „Es gibt auch keine Region in Deutschland, in der so eine große Vielfalt wächst“, so der 33-Jährige: Obst, Gemüse, in Bad Krozingen sprießen sogar Wassermelonen.

Das breite Spektrum geht allerdings auf Kosten der Betriebsgrößen in Baden. Und laut Elsner bestimmen die Feldgrößen eines Betriebes seine Marge und damit letztlich auch die Wirtschaftlichkeit. Der durchschnittliche landwirtschaftliche Betrieb in Deutschland sei 60 Hektar groß, in Baden-Württemberg seien es 32 Hektar, im Regierungsbezirk Freiburg liegt dieser Wert sogar unter 20. In den neuen Bundesländern seien Firmen mit 10.000 Hektar keine Seltenheit.  „Der Wettbewerb ist deswegen enorm“, sagt er.

In dem Wettbewerb gibt es in Südbaden aber auch Gewinner. Mit einer Umsatzsteigerung von sieben Prozent auf 209 Millionen Euro hatte die Schwarzwaldmilch-Gruppe mit Standorten in Freiburg und Offenburg 2019 das beste Ergebnis seit ihrer Gründung vor 90 Jahren. Ihre genossenschaftlichen Milchbauern in der Region bekamen 39,6 Cent für einen Liter Milch und damit im Schnitt mehr Geld als ihre bundesdeutschen Kollegen (33,7 Cent). Rund zwölf Prozent der Erzeugnisse landeten im Export. Markus Kaiser, Aufsichtsratsvorsitzender des Unternehmens, betont: „Die Pandemie hat gezeigt, wie wichtig heimische Landwirtschaft und regionale Lebensmittelproduktion sind.“

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