Unterstützung bei der Miete: Stadtbau-Sozialbonus noch kein Renner Politik & Wirtschaft | 20.08.2020 | Lars Bargmann, Philip Thomas

Stadtbau in Freiburg Quartier Beurbarung: Auch zwischen den beiden Bahntrassen liegen Stadtbau-Bestände. Viele Mieter erhalten Tranferleistungen. Sie bekommen keinen Sozialbonus.

Ob der vielstimmig verkündete Sozialbonus bei der Freiburger Stadtbau (FSB) auch viele Begünstigte haben wird, wird sich erst noch zeigen. Am 27. August endet für die ersten 580 Haushalte die Frist, um nachzuweisen, dass sie nach einer angekündigten Mieterhöhung mehr als 30 Prozent ihres Haushaltseinkommens für die Kaltmiete zahlen müssten.Dann kappt die FSB deren Mieten an dieser Grenze. Bis zum 15. August lagen dem städtischen Liegenschaftsamt (ALW) exakt 34 Anträge mit Bezug zum FSB-Bonus vor. Die Zahlen seien „noch nicht wirklich belastbar“, so Matthias Müller, Chef des städtischen Rechtsamts und Leiter des Projekts „FSB 2030“.

Müller weiß von 63 laufenden Verfahren. 34 beim ALW, 29 bei der FSB. Und es sei „überhaupt nicht untypisch“, dass noch deutlich mehr „erst auf den letzten Drücker“ tätig würden. Der durchaus innovative Sozialbonus, ein Baustein zum von Oberbürgermeister Martin Horn diktierten Umbau der kommunalen Wohnungsbaugesellschaft, ist zunächst auf zwei Jahre angelegt.

Horn findet ihn „extrem innovativ“. So etwas gebe es im ganzen Bundesgebiet nicht. „Damit helfen wir einkommensschwachen Haushalten und garantieren eine soziale und faire Mietenpolitik.“ Und zudem sei er ein „Instrument für mehr bezahlbare Mieten in der Stadt“.

„Mit dem Sozialbonus unterstützen wir einkommensorientiert, zielgenau und nicht mit der Gießkanne“, sagt Müller. Die Gießkanne, das ist das von Horn verordnete Mietmoratorium bei der FSB, von dem Bedürftige, aber auch Mieter ohne Nöte profitierten. Das ist nun Geschichte.

„Es ist uns wichtig, dass unsere Mieterinnen und Mieter wissen, dass wir sie unterstützen, wenn sie sich aktiv um den Erhalt des FSB-Sozialbonus bemühen. Wir wollen alle erreichen. Niemand sollte mehr als 30 Prozent seines Einkommens für die Miete aufwenden“, sagten die FSB-Geschäftsführer Ralf Klausmann und Magdalena Szablewska bei der Bekanntgabe des Bonuspakets.

Unterstützt wird jetzt, wer wenig verdient, aber immerhin so viel, dass er keine staatliche Unterstützung beantragen kann. Diese Zielgruppe ist ein klares Plus des Bausteins. „Wir können jetzt schon sagen, dass insbesondere Seniorinnen und Senioren mit niedriger Rente vom FSB-Sozialbonus profitieren. Das freut uns“, so Müller. 

Er schätzt, dass „wohl nahezu die Hälfte“ der jetzt angeschriebenen Mieter Sozialleistungen bekommt. Dann wird die Miete vom Jobcenter oder Sozialamt übernommen. 2018 wurden ein Drittel der Mieteinahmen von insgesamt 44,4 Millionen Euro über Sozialleistungen von Bund und Land finanziert. Für diese Wohnungen gibt es keinen Bonus. „Der kommunale Euro soll nicht den Bundes-Euro ersetzen“, so Müller. Auch keinen gibt es für solche Mieter, die einfach ein zu hohes Einkommen haben. Oder in einer zu großen Wohnung leben. Oder in einer öffentlich geförderten. Aktuell sind etwa 2300 der 8300 Stadtbau-Wohnungen vom Staat gefördert.

Die Stadtbau wird bis Ende des Jahres zu den 580 aktuellen, bei denen die Miete zum 1. November erhöht wird, erneut knapp 600 Haushalte anschreiben, bei denen auch Mietsteigerungen anstehen. Wenn die Quote der tatsächlich Berechtigten in 2020 bei erstaunlichen 25 Prozent läge, wären es 300. Jeder Einzelfall hat sicher seinen Wert. Aber der Hebel, an dem die tatsächlich motivierte Rathausspitze steht, ist nicht besonders lang: In Freiburg gibt es rund 97.000 Mietwohnungen. 970 wäre ein Prozent davon. 300 drei Promille.

„Sozialpolitischer Papiertiger“

Am Sozialbonus sowie den geplanten Mieterhöhungen regt sich aber auch Kritik. Höhere Mieten seien angesichts eines FSB-Gewinns von rund 12,5 Millionen Euro im vergangenen Jahr ein völlig falsches Signal, findet das Freiburger Mietenbündnis. Die Allianz mit Mitgliedern aus der Linken Liste, Partei die Linke, DGB und Ver.di Freiburg fordert weiter ein fünfjähriges Mietmoratorium. Und spricht von einem „sozialpolitischen Papiertiger“.

Mieter der Stadtbau wohnen in Freiburg indes heute schon vergleichsweise günstig: Ein gemieteter Quadratmeter kostete Ende 2019 im Schnitt 6,39 Euro, im Freiburger Mietspiegel 2019/20 liegt dieser Wert bei 8,56 Euro. Das weitere Ziel der Stadtbau, immer 25 Prozent unter dem Mietspiegel zu liegen, ist damit statistisch erfüllt.

Ein weiterer Baustein des Projekts FSB 2030 ist eine große Wohnbauoffensive. 2500 neue Wohnungen sollen bis 2030 im Stadtgebiet entstehen. Ohne ein erwartbares Engagement im Dietenbach. Das Verhältnis zwischen Miet- und Eigentumswohnungen möchte Szablewska von derzeit etwa 60:40 auf 75:25 zugunsten der Mietwohnungen aufstocken. Horn rechnet mit einem Finanzvolumen von bis zu 750 Millionen Euro: „Das ist das größte Wirtschaftsförderungsprogramm, das die Stadt je gesehen hat. Damit sichern wir Arbeitsplätze in der Region.“

Hinter der Finanzierung stehen indes noch einige Fragezeichen. Beschlossen ist bisher eine Einlage zur Kapitalstärkung der FSB von fünf Millionen Euro aus dem laufenden Haushalt sowie der Übertrag des Grundstücks Metzgergrün im Stühlinger im Wert von 16,7 Millionen Euro. Die Mindereinnahmen durch den Sozialbonus werden sich in der Bilanz der Stadtbau deutlich schwerer finden lassen.

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