Olympia ist nicht lukrativ: Wie Freiburger Weltklasse-Athleten ihr Geld verdienen STADTGEPLAUDER | 18.05.2021 | Till Neumann

Athlet: Carl Dohmann Läuft nicht für das große Geld: Der Freiburger Geher Carl Dohmann

Am 23. Juli starten in Tokio die Olympischen Spiele. Sicher dabei aus Freiburg sind Ringerin Aline Rotter-Focken und Geher Carl Dohmann. Wie geht es den beiden in Corona-Zeiten finanziell? Kann Olympia einen Geldsegen bringen? Dem chilli erzählen sie von überschaubaren Prämien und der schwierigen Vermarktung ihrer Randsportarten.

„Du wirst mit dem Sport nicht reich“

Gerade ist Aline Rotter-Focken bei der EM in Polen Dritte geworden. Für Bronze gab es nicht einen Cent Prämie vom Verband. Die 29-Jährige sagt das ohne Groll. Sie kennt es nicht anders. „Prämien bei Wettkämpfen sind unüblich“, erzählt sie am Telefon. „Deutschlands stärkste Frau“ (FAZ) lebt in Triberg und trainiert am Olympiastützpunkt in Freiburg. Sie war 2014 Weltmeisterin und will nach Tokio ihre Karriere beenden. Was bedeuten die Spiele finanziell? „Das ist gar nicht wichtig, wir Ringer wissen von klein auf: Du wirst mit dem Sport nicht reich.“ 

Rotter-Focken denkt ideell, nicht materialistisch: „Selbst wenn ich eine Million Euro bekommen würde, wäre das nicht die Motivation für Olympia.“ Allein die Teilnahme sei „Traumziel“, höher könne der Ansporn nicht sein.

Italien zahlt die achtfache Goldprämie

Medaillen-Prämien sind dennoch ein kontroverses Thema: Die Deutsche Sporthilfe (DSH) zahlt für olympisches Gold 20.000 Euro. Im Vergleich zu manch anderem Land ist das wenig: In Italien gab’s 2018 fast das Achtfache (150.000 Euro), in Lettland waren es 140.000 Euro. Ob das nicht verlockend sei? „Klar wäre das toll“, sagt Rotter-Focken. Sie lobt die DSH dennoch: „Das ist mein wichtigster Förderer.“ Der Verband zahle aus, was er könne. Sie sei dankbar.

Athletin: Aline Rotter-Focken

In Tokio will sie Gold holen, nicht Geld kassieren: Die Ringerin Aline Rotter-Focken

Statt hoher Prämien bekommt die Ringerin eine feste Unterstützung: Für sie als Topathletin sind das 2200 Euro im Monat. Aufgeschlüsselt in 1000 Euro als Medaillenanwärterin, 800 Euro für den Olympiakader, 400 Euro für ihr WM-Gold. „Für mich ist das super“, sagt Rotter-Focken. Zu Beginn ihrer Karriere seien es gerade mal 100 Euro gewesen. Andere in ihrer Mannschaft müssten mit 400 Euro monatlich zurechtkommen.

Nur einmal kassierte er eine Prämie

Auch Geher Carl Dohmann setzt keine finanziellen Hoffnungen auf die Spiele. „Olympia ist nicht lukrativ“, sagt der 30-Jährige. Die Ausgaben für Reise, Unterkunft und Co. seien zwar über den Verein gedeckt. Als Einnahmequelle sieht er Tokio aber nicht. Erst ein Mal hat Dohmann eine Prämie bekommen: 5000 Dollar gab es für den siebten Platz bei der WM in Doha.

Sind 20.000 Euro für Gold angemessen? „Das ist nicht viel für das Größte, das man im Sport erreichen kann“, sagt Dohmann. Unter Kollegen im Trainingslager sei das hin und wieder Thema. Wirklich relevant findet er es aber nicht. Viel wichtiger sei die regelmäßige Förderung: Von der DSH bekommt er monatlich 800 Euro als Teil des Olympiakaders. 

Geheime Verhandlungen

Auch Sponsoren unterstützen ihn. Das bringe kein Geld, versorge ihn aber mit Schuhen, Trainingskleidung oder Wettkampfnahrung. „Um richtig Werbeträger zu werden, ist das Gehen in Deutschland zu unpopulär“, sagt Dohmann. Rotter-Focken geht es da ein wenig besser: Sponsoren stellen ihr Trainingsausrüstung, Nahrungsergänzungsmittel und ein E-Auto für den Weg von Triberg nach Freiburg. Zudem hat sie Medaillenprämien ausgehandelt. In welcher Höhe bleibt ihr Geheimnis.

Preis gibt sie nur so viel: „Für solche Miniprämien würden sich Tennis- oder Fußballspieler nicht mal die Schuhe anziehen.“ Der Unterschied ist tatsächlich enorm: Allein für die WM in Russland hätten Manuel Neuer und Co. im Falle einer Titelverteidigung pro Mann 350.000 Euro bekommen. Also mehr als die Prämien für 17 olympische Goldmedaillen.

Neben dem Sport arbeitet Dohmann als Journalist. Rotter-Focken ist im Gesundheitsmanagement tätig. Die Stellen sind auch eine Absicherung für die Zeiten nach dem Leistungssport. Finanziell beschweren wollen sich beide nicht. Als Spitzensportler seien sie privilegiert. Rotter-Focken weiß aber auch: Wenn sie mit all ihren Medaillen in der Türkei oder in Russland erfolgreich wäre, hätte sie längst ausgesorgt.

Medaillen-Prämien

Die Deutsche Sporthilfe (DSH) zahlt den Olympionik·innen feste Prämien für ihre Medaillen: Für Gold gibt es 20.000 Euro, für Silber 15.000 Euro, für Bronze 10.000. Athlet·innen der Paralympics erhalten den gleichen Satz, informiert Florian Dubbel von der DSH-Geschäftsleitung. Nach Olympia 2016 in Rio de Janeiro seien 1,5 Millionen Euro an Prämien ausgeschüttet worden.

Rund 4000 Spitzensportler·innen erhalten von der DSH zudem regelmäßige Förderungen. Jährlich fließen rund 22 Millionen Euro. Dubbel betont: „Das Förderkonzept ist nicht auf eine maximale Incentivierung eines einzelnen Erfolgs ausgerichtet, sondern zielt auf die Ermöglichung des Weges zum Erfolg sowie auf die Unterstützung für den Einstieg in ein potentialgerechtes Berufsleben nach der Spitzensportkarriere ab.“ Eine Anhebung der Olympiaprämien würde zu einer Reduzierung der monatlichen Förderung führen. Das widerspreche der Philosophie der DSH.

Fotos: © Miriam Stewartová; www.isi-blitzlicht.de