Eishockey und Ausbildung: EHC kooperiert mit Agentur für Arbeit Sport | 21.03.2018 | Till Neumann

Fußballer verdienen Millionen. Eishockeyspieler nur einen Bruchteil davon. Viele Talente hängen die Schlittschuhe deswegen früh an den Nagel. Profis wiederum kümmern sich nicht immer um ihre Absicherung. Der Eishockeyverein EHC Freiburg hat deswegen mit der Agentur für Arbeit ein einzigartiges Förderkonzept entwickelt.  

  „Sie sind ein gutes Beispiel.“ Das sagt Theresia Denzer-Urschel, Geschäftsführerin der Agentur für Arbeit Freiburg, über Julian Airich. Der EHC-Profi sitzt bei einer Pressekonferenz neben der Jobexpertin. Mit seinen 22 Jahren hat er nicht nur einen Vertrag als Profisportler, sondern auch eine Berufsausbildung in der Tasche. Airich hat Einzelhandelskaufmann gelernt – parallel zu seinem kraftraubenden Sport auf zwei Kufen.  

„Es war mir von Anfang an wichtig, nicht nur auf den Sport zu setzen“, sagt der junge Mann mit Vollbart. Er musste für sein zweites Standbein auch mal an Grenzen gehen: Um 5 Uhr zurück vom Eishockeyspiel irgendwo in Deutschland, um 6 Uhr an der Kasse. Oder abends früh ins Bett, wenn die Kollegen noch losziehen. „Es war eine harte Zeit, aber ich habe es geschafft“, sagt er mit ruhiger Stimme.  

Airich ist klar, dass nicht jede Ausbildung so etwas ermöglicht: „Man braucht flexible Arbeitszeiten, sonst geht es nicht.“ Denzer-Urschel ist beeindruckt: „Hut ab, das ist eine stramme Leistung.“ Was er geschafft hat, soll nun auch anderen möglich sein. Die Agentur für Arbeit Freiburg und der EHC wollen deswegen jungen und älteren Spielern zukünftig in Sachen Karriereplanung unter die Arme greifen. „Wir wollen die Spieler orientieren und die Eltern informieren“, fasst Denzer-Urschel zusammen. Heißt konkret: Ansprechpartner ihres Hauses stehen den Profis mit Rat und Tat zur Seite. Sie helfen zum Beispiel, die richtige Stelle zu finden. So sollen auch Ausbildungen in Teilzeit gefördert werden. Diese lassen sich besser mit dem Sport vereinbaren als Airichs Vollzeitmodell.  

Zudem soll der Nachwuchs besser informiert werden. „Viele springen mit 14, 15 Jahren ab“, sagt EHC-Chef Werner Karlin. Gründe seien die erste Freundin oder der Start in die Ausbildung. „Wir wollen die Spieler länger halten“, betont er. Eltern sollen deswegen schon früh informiert werden. Die Botschaft: Ausbildung und Sportkarriere schließen sich nicht aus. Mit Infoveranstaltungen und Ausbildungsbotschaftern will man aktiv auf Spieler zugehen.  

Karlin wünscht sich, dass Profis schon während der Karriere auf dem Eis an die Zeit danach denken. Nicht alle würden das angehen wie Julian Airich. „Bei vielen Spielern hat das noch nicht die Bedeutung, die es haben müsste“, sagt Karlin. Ob die Leistung darunter leiden kann? „Theoretisch ja, aber wir wollen beides verheiraten“, sagt der Vereinsvorsitzende. Sind Spieler jobtechnisch abgesichert, könnten sie möglicherweise auch länger auf dem Eis ihre Leistung bringen.  

„Die Fleischtöpfe im Eishockey sind einfach nicht so lukrativ“, sagt Karlin. Der Sport sei zudem komplex, die Ausrüstung teuer. Mit seinem Zweitligateam (DEL 2) betritt er deswegen Neuland: Kein anderer Profiverein in Deutschland kooperiert in dieser Form mit der Arbeitsagentur. Für Denzer-Urschel ist der gemeinsame Weg ein „Premium-Angebot“. Auch Airich ist überzeugt: Mit dem nötigen Support könne jeder Spieler es schaffen.  

„Sportler kommen oft ungelernt auf den Arbeitsmarkt“, warnt Denzer-Urschel. Dann sei das Risiko viermal so hoch, keinen Job zu finden. Sie erhofft sich von der Kooperation auch Außenwirkung: „Sportler für eine Ausbildung zu gewinnen, kann einen Wow-Effekt erzeugen.“ Junge Leute könne das motivieren, selbst Karriere zu machen.

Foto: Till Neumann