Neuer SC-Frauen-Trainer Daniel Kraus will mehr Tempo Sport | 20.08.2019 | Philip Thomas

SC Frauen Gruppenbild

Erster Spieltag der Frauen-Bundesliga. Im Freiburger Möslestadion nimmt der langjährige SC-Coach Jens Scheuer auf der Bayern-Bank Platz. Trotz des missglückten Saisonstarts gegen die Münchener (1:3) freut sich sein Nachfolger Daniel Kraus auf die Spielzeit.

Er möchte noch offensiver spielen lassen. Im Interview mit chilli-Volontär Philip Thomas spricht der 35-Jährige über leere Ränge, den Freiburger Weg und darüber, was von der Weltmeisterschaft übrig geblieben ist.

chilli: Herr Kraus, welche Bedingungen haben Sie an der Dreisam vorgefunden?
Kraus: Gute. So, wie ich sie mir vorgestellt hatte. Der SC Freiburg ist ein großer Lizenz- und Bundesligaverein. Von den Trainingsmaterialien bis zur Pressestelle ist alles da. Das Einzige, was wir verbessern müssen, ist die Infrastruktur. Es ist nicht zeitgemäß, dass wir mit vier Mannschaften auf einem Platz trainieren müssen. Für die erste Mannschaft findet man natürlich Lösungen, aber wir wollen auch ein Verein sein, der Mädchen für die Bundesliga ausbildet. Aktuell kollidieren da auch mal Trainingszeiten.

chilli: Auf dem Platz haben Sie Abgänge zu verzeichnen. Mit Giulia Gwinn hat eine der Gewinnerinnen der Weltmeisterschaft den Verein in Richtung München verlassen. Hat der SC damit auch Strahlkraft verloren?
Kraus: Erst mal freue ich mich für Giulia und den Frauenfußball. Die Berichterstattung war gut. Das hatte vielleicht auch damit zu tun, dass sie das erste deutsche Tor geschossen hat. Ich würde aber nicht sagen, dass wir Strahlkraft verloren haben. Im Gegenteil: Das ist der Freiburger Weg. Wenn man vom Breisgau nach München oder Wolfsburg geht, wo man um die Champions League mitspielen kann, dann ist das auch Lob für all jene, die hier mitarbeiten. Das ist Anreiz für die Mädels.

chilli: Mit dem Gewinn der Fritz-Walter-Medaille für Klara Bühl hat es schon die nächste Freiburgerin in die Schlagzeilen geschafft…
Kraus: Das war eine Freude und auch eine Auszeichnung für unsere Nachwuchsabteilung. Wir haben Klara von klein auf begleitet, sie nun in der Bundesliga und der Nationalmannschaft zu sehen, ist ein tolles Gefühl. Eine besondere Rolle soll sie deswegen aber nicht einnehmen. Klara strebt nicht nach Medaillen, sondern danach, die bestmögliche Fußballerin zu sein.

chilli: Bühl sorgte auch bei der Weltmeisterschaft in Frankreich für Furore. Was ist von der WM übrig geblieben?
Kraus: Vorfreude auf die Saison. Die WM war erfrischender Spitzenfußball. Nun müssen wir zeigen, dass wir ebenso guten Fußball spielen können wie in der Nationalmannschaft. Die meisten Spielerinnen sind in der Bundesliga, deswegen ist das Produkt echt gut. Uns steht eine interessante Bundesligasaison bevor.

chilli: Dieses Interesse scheint nicht jeder zu teilen. Tribünen im Frauenfußball bleiben oft leer.
Kraus: Natürlich geht es auch um Öffentlichkeit. Die Engländer sind uns da beispielsweise voraus.  Es gibt dort eine andere öffentliche Wahrnehmung in der Politik, von Verbandsseite und auch in den Vereinen. Dort könnten wir aber aufholen, in den Clubs sollte man den Frauen einen höheren Stellenwert geben, als es in der Vergangenheit der Fall war. Die Frauen-WM hat gezeigt, dass wir viele junge und interessante Mädels haben.

chilli: Was wollen Sie anders machen als Ihr Vorgänger Jens Scheuer?
Kraus: Ich gehe keinen komplett anderen Weg. Wir wollen auch offensiv und attraktiv spielen. Schlussendlich war es immer das Credo in Freiburg, fußballerische Lösungen zu finden. Das wollen wir noch steigern. Die Mädels müssen das annehmen und noch mehr Geschwindigkeit ins Spiel bekommen.

Foto: © SC Freiburg