Geschichten über den SC Freiburg: Was wir müssen, ist schmökern Sport | 05.04.2018 | Philip Thomas

„Immer wieder vor!“ –So schallt es seit vielen Jahren von den Rängen des Stadions an der Dreisam. Diesen Schlachtruf kann der geneigte Fan nun auch aus den Bücherregalen der Region vernehmen. Dort steht seit dieser Saison nämlich eine gelungene, gleichnamige Liebeserklärung an den SC Freiburg. Sie gilt auch zwischen den Spieltagen.  

Vereinschroniken und Fußballbücher gibt es viele. Naturgemäß mehr oder weniger subjektiv geschrieben, flunkert „Immer wieder vor!“ allerdings schon ein bisschen beim Titel. Zwar hält „Geschichten und Geschichte rund um den Sport-Club Freiburg“ einer unterhaltsamen Überprüfung stand, dennoch orientiert sich das schöne und 142 Seiten starke neue Exemplar in dieser Kategorie mit voller Absicht in viele Richtungen und eben nicht nur nach vorne.  

Wie der SC selbst, wirft das Buch nicht mit Zahlen um sich, sondern legt den Fokus auf Soziales und gar auf das schöne Spiel an sich: Angefangen bei der Vereinsgründung des SC, die, wie man lernt, eigentlich gar nicht 1904 geschah, bis hinein in die Streich-Ära, geben die Autoren einen schönen Abriss über den Sport Club, dessen Vereinsfarben ihnen teilweise seit Jahren auch angenehm anliegen:  

Zäsur unter SC-Präsident Achim Stocker, der den SC wie kaum jemand anders prägte und mit der Verpflichtung eines jungen Volker Finke in der Saison 1991/1992 alle Zurückhaltung ins Abseits stellte, ausgetretene Pfade verließ und den Grundstein für den Fußballverein legte, der heute in Freiburg beheimatet ist. Finke, der seine verdienten Zeilen als Pionier füllt und Dinge in Südbaden etablierte, die heute im Profifußball Selbstverständlichkeiten sind.  

Beleuchtet werden Persönlichkeiten, die den SC unter Flutlicht prägten, wie Max Kruse, Sebastian Kehl, Julian Schuster und  Souleymane Sané: Vater des heute weltberühmten Leeroy Sané, der sich in den 80er Jahren als einer der ersten Schwarzen in der Bundesliga von rassistischen Pöbeleien nicht zermürben ließ und seine Peiniger mit Toren auf dem Platz und Treffern in Interviews strafte.  

Besondere SC-Spieler wie der Südbadener Uwe Wassmer, der auch heute nicht ungern die Geschichte erzählt „wie er die Bayern im Alleingang abgeschossen hat“ und SC-Keeper Julian Reinard, der heute für bei einem großen Küchengeräte-Hersteller in Shanhai arbeitet, finden in illustrem Kreis ebenso Platz, wie ein Bericht über Joachim Löw.  

Zwar fährt der Weltmeister-Trainer mittlerweile standesgemäß in schwarzer Limousine und schwarzer Sonnenbrille an seine alte Wirkungsstätte an der Dreisam, den Kaffee dieser sportlichen Heimat hat „Jogi“ aber ebenso wenig vergessen.  

Auch scheinen die Autoren ein Licht aus dem Stadion heraus in die Ecken und Winkel des gallischen Fußballdorfes Freiburg im Breisgau: Persönlichkeiten, wie Carmelo „Chico“ Policicchio, bekannter Szenewirt,  Bussi Spohni, typisch SC ein Kilometerfresser, aber eben hinter dem Lenkrad des Mannschaftsbusses, fährt die Freiburger Mannschaft über die Grenzen der Fahrradstadt hinaus, haben nette, kurzweilige Auftritte abseits des Rasens.   

„Immer wieder vor!“ prescht nicht nur schnurstracks geradeaus, sondern wirft in Wort und Bild einen Blick nach links und rechts und versorgt Fans und Interessierte gleichermaßen mit Information und Emotion. Die Antwort auf die Frage, warum der Ball dahin rollt, wohin er rollt, bleibt „Immer wieder vor!“ allerdings schuldig, wie die Autoren auf der ersten Seite, schließlich doch der Wahrheit verpflichtet, selber einräumen.    

 

Das Buch

Steffen Reus und Klaus Teichmann mit Fotografien von Florian Forsbach Immer wieder vor!

Geschichten und Geschichte rund um den Sport-Club Freiburg 144 Seiten Verlag Renate Brandes    

Bilder: Neithard Schleier, Brandes Verlag