Die Weltrekordjägerin: Lisa Klein will mit dem Rad-Vierer Olympia aufmischen Olympia | 26.07.2024 | Till Neumann

Dreifacher Weltrekord. Das ist Lisa Klein mit dem deutschen Radrennvierer 2021 in Tokio geglückt. Drei Jahre später ist die 27-Jährige erneut startklar.
Möglich ist alles, berichtet die Wahlfreiburgerin. Ein Infekt hat sie zuletzt geschwächt, die Zuversicht ist dennoch groß. Notfalls hilft eine süße Belohnung für den Kopf.
„Der absolut tollste Moment“
Vier Minuten. Vier Sekunden. 242 Hundertstel. So lange hat der Bahnrad-Vierer 2021 bei der Olympiade in Tokio für die 4000 Meter gebraucht. Damit bretterte Lisa Klein zu Gold – und stellte mit ihrem Team einen Weltrekord auf. „Das war der absolut tollste Moment in meiner Karriere“, sagt sie heute: „Da kommen so viel Emotionen hoch. Die ganze harte Arbeit zahlt sich aus.“ Dabei war die Situation nicht einfach. Corona hatte vieles durcheinandergewirbelt, von „angespannten Bedingungen“ spricht die Sportlerin.
Nun ist die gebürtige Saarbrückerin auf der Zielgeraden zur Olympiade in Paris. Anfang August wird sie dort erneut mit dem Bahnvierer an den Start gehen. Dieses Mal in einer noch wichtigeren Position, da der Star des Teams von Tokio – Lisa Brennauer – nicht mehr dabei ist. Klein rückt auf Position zwei im Team. „Sie muss man irgendwie ersetzen“, sagt Klein. Das sei nicht einfach. Doch das Selbstvertrauen ist da: „Ein realistisches Ziel ist auf jeden Fall eine Medaille, wir können das schaffen.“
»Es tut einfach nur weh«
Die Konkurrenz ist stark. Sieben bis acht Teams seien Anwärter auf Medaillen, berichtet die Athletin. „Das wird brutal eng“, prophezeit Klein. Am Ende entscheide weniger als eine Sekunde über Sieg oder Niederlage. Wenn alles am Tag X stimme, jede Fahrerin 100 Prozent Leistung abrufen könne, „dann glaube ich an Gold“.
Der Sport ist schmerzhaft: „Wir fahren vier Kilometer Vollgas, es tut einfach nur weh“, berichtet Klein. Wenn es losgehe, sei sie im Flow: „Ich kriege nichts mehr um mich herum mit.“ Manchmal so sehr, dass sie Rufe des Bundestrainers verpasse. Bei 60 Stundenkilometern sitzt sie auf dem mehr als 16.000 Euro teuren Rad. Der Kopf so weit unten, dass sie nicht mal das Hinterrad der Fahrerin vor sich sehe.
„Man will immer alles“
Das Jahr lief gut. Bei der Deutschen Meisterschaft in Bad Dürrheim holte sie Bronze im Zeitfahren. Doch die Thüringen-Rundfahrt musste sie Ende Juni krankheitsbedingt abbrechen. „Mein Immunsystem hat mit mehreren Ecken zu tun gehabt, sodass es für mich ernst und gefährlicher geworden ist“, erzählt Klein. Bitter bei einer Art Heimspiel. Sechs Jahre hatte sie in Erfurt gelebt. Aber Olympia ist wichtiger.

Powern für Olympia: Lisa Klein trainiert auf dem Rollband am Freiburger Olympiastützpunkt.
Auch wegen der Erkrankung will sie sich auf den Bahnvierer konzentrieren. Das Zeitfahren bei Olympia ist geplatzt. „Man will immer alles, es wäre ein Traum gewesen, beides zu machen.“ Aber sie müsse sich eingestehen, dass es nicht sinnvoll ist, alles zu riskieren.
„Es ist ein Traum hier“
Weniger ist mehr. Auch was Party und Alkohol angeht. Bis Paris gibt es keinen Tropfen Prozentiges mehr, erzählt sie. Bei Süßem gibt es aber Ausnahmen: „Ich gönne mir ab und zu ein Stück Schokolade.“ Wenn sie sich alles verbiete, würde sie irre. „Dann denke ich: Meinen Kopf, den muss ich auch manchmal ein bisschen pflegen.“
Das geht auch mit ihrer Wahlheimat Freiburg: „Es ist ein Traum hier, ich liebe es“, schwärmt Klein. Natur und Mentalität haben es ihr angetan. „Ich finde, das ist eine positive Stadt.“ Ein gutes Pflaster also, um optimistisch auf Weltrekordjagd zu gehen.
Olympia in Paris
Die olympischen Spiele steigen vom 26. Juli bis zum 11. August in Paris. Vom Olympiastützpunkt Freiburg-Schwarzwald (OSP) sind neben Lisa Klein auch weitere Athlet·innen dabei: Luisa Niemesch (Ringen), Sandra Paruszewski (Ringen), Annika Wendle (Ringen), Julian Schelb (MTB) und Nina Benz (MTB). ARD und ZDF übertragen die Wettkämpfe live. Das Rennen von Lisa Klein gibt’s am Montagabend, 5. August, zu sehen. Das Finale startet laut olympics.com um 19.46 Uhr.
Fotos: © privat & Screenshot olympics.com