SC Sorgenfrei: Nach der Pleite auf der Alm zählt nur noch die Landesmeisterschaft Sport | 17.04.2021 | Dominik Bloedner

SC Artistisch: Roland Sallai ist im dritten Jahr beim SC zum Leistungsträger gereift.

Schade, mit dem geplanten chilli-Ausflug nach Ostwestfalen ist es nichts geworden, dank Corona. Wir wollten uns doch überzeugen, was an diesen Gerüchten in diesem Internet dran ist, wonach es die Stadt Bielefeld gar nicht gibt. Das musste am vorvergangenen Freitag nun der SC Freiburg um Trainer Christian Streich ohne uns erledigen. Deren Fazit: Es gibt diese Stadt, es wird dort Fußball, wenn auch kein eleganter, gespielt, und man kann sogar verlieren. Mit dem kläglichen 0:1 hat es der SC verpasst, aus einer guten eine sehr gute Saison zu machen.

Europa ist nun weit weg, der Rest ist Schaulaufen, es geht nur noch um die goldene Ananas und in der Tabelle um die baden-württembergische Landesmeisterschaft im Duell mit dem VfB Stuttgart – es sei denn, der direkte Vergleich zählt. Und da gibt es bekanntlich überhaupt keine Zweifel.

Schade auch, dass die Saison nun so austrudeln wird. Schade für die Fans und für die Mannschaft. Denn sie ist in der Breite besser aufgestellt als in den vergangenen Jahren, es wäre mehr möglich gewesen. Der Saisonstart mit neun Spieltagen ohne Sieg verlief holprig, man musste sich noch finden. Im Anschluss daran gab es gleich fünf Siege in Folge. Das fühlte sich an wie der FC Bayern, bis eben diese Bayern dann Anfang Januar etwas dagegen hatten. Was man dem SC vorwerfen kann, ist die mangelnde Konstanz – auch beim Toreschießen. Manchmal waren Petersen & Co. unheimlich effizient, manchmal waren Höler & Co. unheimlich peinlich in der Chancenverwertung.

Im Gegensatz zu anderen guten Spielzeiten droht diesen Sommer kein Ausverkauf von Leistungsträgern: Der finanziell sorgenfreie Club ist nicht darauf  angewiesen. Mehr noch, von einigen Spielern wie dem überzeugenden Rekordeinkauf Baptiste Santamaría, dem mitunter zu unruhigen Südkoreaner Wooyeong Jeong, dem agilen Ermedin Demirovic oder auch dem talentierten Eigengewächs Yannik Keitel kann in der kommenden Saison ein weiterer Entwicklungsschritt erwartet werden.

Diesen hat Roland Sallai in seiner dritten Saison an der Dreisam schon gemacht: Der Ungar hat seine anfängliche Eigensinnigkeit und Vogelwildheit überwunden und ist zum Leistungsträger gereift, er schießt Tore (sieben bereits), und er legt vor (bereits vier Mal). So ist der Vertrag des Nationalspielers vor wenigen Wochen verlängert worden.

Die Kaderplanung für die Saison 2021/22 wird diesmal also nicht zur Großbaustelle. Allenfalls muss der SC nachlegen auf der Position des Zehners
oder halben Neuners. Denn eines war augenfällig in der bisherigen Saison: die Probleme mit eigenem Ballbesitz bei Spielen gegen vermeintlich spielerisch schwächere Gegner wie etwa Mainz oder Bremen. Hier fehlt einer, der Eins-zu-eins-Situationen entscheiden kann, einer, der so trickreich wie Vincenzo Grifo und noch dazu so schnell ist wie der Kapitän Christian Günter.

Und da ist dann noch die Freiburger K-Frage, die nach dem Keeper. Mark Flekken verletzte sich zum Saisonauftakt, der aus Karlsruhe gekommene Benjamin Uphoff bekam zwar die Nummer Eins auf dem Trikot, nicht aber das entsprechende Vertrauen. So wurde Florian Müller aus Mainz geliehen. Und der entwickelte sich von einem soliden zu einem sehr guten, wenn auch manchmal unorthodoxen Torhüter. Müller möchte auch nach dem Sommer bleiben. Was der SC möchte, wird man sehen.

Apropos sehen. Ein Gutes kann die SC-Pleite in Ostwestfalen doch gehabt haben. Der Klassenerhalt der Arminia ist möglicher, ein Wiedersehen in der kommenden Saison und ein chilli-Check vor Ort dadurch auch. Frei nach Udo Lindenberg, der in einem weniger bekannten Song aus den 1970ern trällerte: „Und sehen wir uns nicht in dieser Welt, dann sehen wir uns in Bielefeld.“

Foto: © Achim Keller