„Dann macht es peng“: Stadtbahnbrücke muss saniert werden STADTGEPLAUDER | 17.10.2018 | Till Neumann

Die Autobahnbrücke in Genua hat 43 Menschen in den Tod gerissen. Die Bilder gingen um die Welt. Um ein solches Drama in Freiburg zu verhindern, werden die Brücken regelmäßig geprüft, versichert das Garten- und Tiefbauamt (GuT). Der Fokus liegt derzeit auf der schwebenden Schlagader der Stadt: der Stadtbahnbrücke.

Mit einem Hubwagen geht’s für die Presse an diesem Tag ins Brückeninnere. Bauhelm auf, rauf auf die kleine Hebebühne, langsam nach oben. „Sind alle schwindelfrei?“, fragt der Mann in der orangen Warnweste. Dann klettert man über eine Stahltür ins Innere der Stadtbahnbrücke: ein schmaler Gang, beleuchtet mit einem Baustellenstrahler, die Luft ist feucht.

„Die Deckenplatte ist undicht“, sagt Johannes Scherer vom GuT. Dadurch dringt Regenwasser ins Innere der Brücke. An der Wand sind weiße Ablagerungen zu sehen. Spuren der Feuchtigkeit, die sich langsam ihren Weg bahnt. Von der Decke hängen Stalaktiten – wie in einer Tropfsteinhöhle.

Zurück am Boden, klärt Frank Uekermann mit ernster Miene auf: 2007 sei das erste Teil der Brücke abgebrochen und auf die Bahngleise gefallen. „Zum Glück ist nix passiert“, sagt der GuT-Chef. Fakt ist: Die 1983 gebaute Brücke muss dringend saniert werden. Diagnose: Altersschwäche. Sechs bis acht Jahre können die Arbeiten dauern und mehr als zehn Millionen Euro kosten.

In schlechtem Zustand: Johannes Scherer (mit Warnweste) zeigt die Problemstellen im Hohlkörper der Brücke.

Am dringendsten sind die Betonpoller der Brückengeländer. „Wir müssen sie regelmäßig abklopfen“, erklärt Uekermann. Der Schaden ist auch für Laien leicht zu erkennen: Ecken sind abgebrochen, Metallstäbe liegen frei. Eigentlich sind sie fünf Zentimeter tief in Beton eingepackt. „Zweimal sind bisher Teile runtergefallen“, berichtet Uekermann. Der Zufall wollte, dass es glimpflich ausging. Länger warten will die Behörde nicht: „Das Geländer machen wir noch dieses Jahr neu.“ Die bröselnde Betonhalterung wird durch eine Stahlkonstruktion ersetzt.

Es drohen zwei heftige Monate

Die größte Gefahr: Das Wasser im Spannbetonbau lässt Teile rosten, schwache Metallstreben können reißen: „Wenn es bei Rost bricht, dann schlagartig“, betont Uekermann. „Dann macht es peng.“ Was das bedeuten kann, hat Genua gezeigt. Einen Vergleich lässt das GuT-Team jedoch nicht stehen: „Wir sind gut aufgestellt, hier wird regelmäßig geprüft.“ ­Uekermann verweist auf die Eschbachbrücke in Ebnet. Da habe man Schäden erkannt und direkt gesperrt. Je nach Kategorie würden Brücken alle ein bis sechs Jahre geprüft.

Folgenlos wird die jahrelange Sanierung nicht bleiben. Sperrungen der Stadtbahnbrücke sind unvermeidlich. Dabei ist sie ein Nadelöhr: Vier von fünf Stadtbahnlinien fahren drüber. „Rund 1000 Fahrzeuge mit 39.000 Mitfahrern an einem Werktag“, erklärt Ralph Uhle von der Freiburger Verkehrs AG. „Wenn wir hier ein Problem haben, können wir fast den ganzen Betrieb einstellen“, formuliert Uhle überspitzt. Die Einschränkungen sollen klein gehalten werden. Ein oder zwei Monate höchstens könne eine Vollsperrung dauern. Frühester Zeitpunkt: 2020.

Rund 500 Brückenbauten gibt es in Freiburg, informiert Uekermann. Die Hälfte davon sei sanierungsbedürftig. Er spricht von „Sanierungsstau“. Doch der Markt ist überhitzt, Anbieter rar. 30 bis 80 Prozent zahle man derzeit auf den Normalpreis drauf. Bei den beiden letzten Ausschreibungen für Sanierungen sei nicht ein einziges Angebot eingegangen. Doch wegen der hohen Preise zu warten, schließt Uekermann aus. Sicherheit geht vor. Nach Genua erst recht.

Fotos: © Till Neumann