Stadthalle oder statt Halle? – Nach der Räumung ist vor der Weichenstellung STADTGEPLAUDER | 28.03.2023 | Lars Bargmann

Freiburger Stadthalle

Es ist kalt rund um die Stadthalle auf dem Alten Messplatz. Zwei Krähen landen am Bauzaun. Der steht aber nicht dort, weil hier gebaut wird. Er soll Menschen daran hindern, auch nur in die Nähe des einsturzgefährdeten Baudenkmals zu kommen. Nach der Räumung der Halle in der zweiten März-Woche geht es nun um die Frage, wie es weitergeht

Kurz vor Weihnachten war die Stadthalle per Eilverordnung von Finanzbürgermeister Stefan Breiter gesperrt worden. Ein schlagartiges Versagen der Tragkonstruktion konnte ein vom Rathaus beauftragtes Statikbüro zuvor nicht ausschließen (wir berichteten). Ein zweites Büro hatte dann Wind- und Schneelasten rausgerechnet, Querträgern einen Wert über null zugeordnet, ein lasergestütztes Frühwarnsystem installiert. Das wurde getestet und hat funktioniert. Wer gute Ohren hat, konnte den Warnton noch 300 Meter entfernt hören.

Erst dann konnten Vertreter der Musikschule, des Barockorchesters und des benachbarten Ensemble Recherche Instrumente rausholen, das Amt für Migration und Integration nagelneue Betten, Möbel und andere Dinge bergen, die Bachpaten und das Stadtarchiv ihre Siebensachen packen.

Luftbild Stadhalle

Luftbild: Erst von oben wird deutlich, wie groß die Flächen rund um die Stadthalle sind. Viel Raum für städtebauliche Entwicklungen.

Auf der Rückseite der Halle hört man die Lüftung arbeiten, auf einem in der Wand versenkten Schlüsseldepot für die Feuerwehr steht: Außer Betrieb. Das gilt auch für die ganze Halle, die 1954 in nur 132 Arbeitstagen nach den Plänen des Ingenieurs und CDU-Stadtrats Albert Maria Lehr erbaut worden war.

An der Fassade auf der Schokoladenseite hängt ein Schild des Denkmalamts und gibt Auskunft. „Bis 2000 Nutzung für Messen, Kongresse und Konzerte“, steht dort geschrieben. In dem trapezförmigen Gebäude war aber im Mai 2006 noch ein letztes Mal Rosenstolz aufgetreten.

Zwei Mountainbiker halten an. „Was soll der Bauzaun“, fragt der eine. „Vielleicht wird die Stadthalle abgerissen“, antwortet der andere. Ein Abriss steht im Rathaus derzeit nicht zur Debatte. „Erst mal müssen wir die Statik genauer untersuchen“, sagt Baubürgermeister Martin Haag. Dafür könnten Traversentürme in die Stadthalle gebaut werden, auf denen dann die marode Tragkonstruktion abgelastet und verspannt wird. Dann müssten Bauarbeiter auf Hubsteigern die Verkleidungen der Decke ausbauen, damit die Experten überhaupt erst einmal sehen können, wie das Stahlgerippe darüber aussieht.

Wendeschleife

Alles ein bisschen trostlos: Die Wendeschleife hinter der Stadthalle bröckelt vor sich hin.

Und erst danach können die Büros den Schaden beziffern und Vorschläge machen, wie man die Statik ertüchtigen kann. Entweder von innen, was neue Stützen erfordern würde, oder von außen, indem quasi eine Statik über die Halle gebaut wird, an der die alte angedockt werden kann. Nicht nur der 2009 verliehene Denkmalschutz spricht für die innere Lösung. Wenn es denn überhaupt eine wirtschaftlich darstellbare geben kann. Das hängt direkt auch mit einem neuen Nutzungskonzept zusammen. Da gab es in der Vergangenheit etwa ein Dutzend. Als Konzerthalle wird sie jedenfalls nicht wiederauferstehen.

Eigentlich müsste es im Baudezernat um viel mehr als nur die Stadthalle gehen. Rund ums Haus, zwischen Schützenallee, Möslestraße, Schwarzwaldstraße und dem Zentrum Oberwiehre, sind raumgreifende Flächen – längst nicht nur die nicht mehr genutzte Wendeschleife für die Straßenbahn, auf der das Gras wächst. Heute werden diese Flächen etwa so intensiv frequentiert wie eine Baumkrone im Stadtwald. Eigentlich müsste ein Konzept her, wie dieses sicher fünf Fußballfelder große Areal mit Straßenbahnanschluss vor der Tür in bester Lage des Freiburger Ostens künftig genutzt werden kann. Es braucht an der Wendeschleife eine Weichenstellung für die Zukunft. Mit oder ohne Stadthalle.

Außer Betrieb Schild

Der „Außer Betrieb“-Schriftzug gilt mittlerweile für die ganze Halle.

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