»Den ein oder anderen Euro gespart« – Kanzleien und Apps machen mobil gegen Blitzer Szene | 23.05.2025 | Philip Thomas

In keiner anderen Metropole der Republik lauern –gemessen am Verkehrsnetz – so viele Blitzer wie in Freiburg. Gegen die unfreiwilligen Fotos regt sich allerdings Widerstand mittels illegaler Apps und spezialisierter Anwälte. Ein Experte sagt: Jedes zweite Knöllchen ist anfechtbar.
Freiburg ist die Blitzer-Hauptstadt. Laut der Berliner Kanzlei Goldstein stehen in keiner anderen deutschen Großstadt im Verhältnis zur Straßenlänge so viele Starenkästen wie in Freiburg: 29 fest installierte Blitzer pro 836 Hektar Straße. Mit mobilen Geräten kommt das Büro auf 35,37 Blitzer pro 1000 Hektar Freiburger Asphalt. Dahinter landen Wiesbaden mit 41 Geräten auf 1254 Hektar (33,89 Geräte pro 1000 Hektar) und Wuppertal mit 34 Blitzern auf 1403 Hektar Fahrbahn (25,92).
Vielleicht auch um die Poleposition in diesem unliebsamen Ranking abzugeben, hat Freiburg einen Blitzer abgebaut. Laut Julia Springmann aus dem Freiburger Pressereferat gibt es aktuell 28 stationäre Geräte im Stadtgebiet. Allerdings fährt die Breisgaumetropole auch mit einem Quotienten von 34,17 in der Rangliste vorweg.
Insgesamt 7,53 Millionen Euro haben die stationären Anlagen im vergangenen Jahr zusammengeknipst. Mobile Geräte in Freiburg kamen auf 1,9 Millionen Euro. Der „erfolgreichste“ Blitzer hängt an der Tunnelanlage B31 stadteinwärts. Knapp 35.000 Mal ( im Schnitt rund hundertmal am Tag) registrierte das Gerät im vergangenen Jahr. Der Blitzer an der Dreisamstraße löste rund 23.000 Mal aus. Und das Gerät im Tunnel B31 stadteinwärts lichtete knapp 19.000 Mal ab. Damit haben die Knipser ihre Anschaffungskosten von knapp 80.000 Euro pro Gerät um ein Vielfaches wieder reingespielt.
Gegen die unfreiwilligen Fotos regt sich vermehrt Widerstand. Zahlreiche Apps und Gadgets können unterwegs vor Blitzern warnen. Allein das 2010 gegründete Blitzer.de nutzen europaweit mehr als fünf Millionen Personen, so das Unternehmen. Legal ist der Einsatz solcher Plattformen laut Straßenverkehrsordnung allerdings nicht.
Wer gegen das Verbot verstößt, begeht eine Ordnungswidrigkeit und muss mit einem Bußgeld von 75 Euro sowie einem Punkt in Flensburg rechnen. Allerdings nur beim Nachweis, dass solche Apps auch während der Fahrt benutzt wurden. Der Download eines solchen Programms ist nämlich per se nicht illegal.
80.000 Euro kostet ein Gerät
„Ich habe so bestimmt schon den ein oder anderen Euro gespart – auch wenn diese Apps ebenfalls Geld kosten“, sagt ein Freiburger Autofahrer, der die App nutzt und lieber anonym bleiben möchte. Radiomeldungen zur Warnung vor Messstellen verfolgt er nicht. Diese sind deshalb nicht verboten, weil sie unabhängig vom aktuellen Standort des Empfängers erfolgen.
Wer trotzdem zu schnell unterwegs war, kann außerdem Rechtsmittel einlegen. „Täglich erreicht das Geblitzt.de-Team eine Flut von Anfragen. 12 bis 15 Prozent der betreuten Fälle werden eingestellt“, so das namensgleiche Portal aus Berlin. Bei einem weiteren Drittel bestehe die Möglichkeit einer Strafreduzierung.
„Bundesweit sind keineswegs alle Messungen fehlerfrei. Eine Untersuchung der VUT Sachverständige GmbH & Co. KG ergab, dass von 14.783 Fällen lediglich 6.505 (44 Prozent) in Messung und Beweisführung als korrekt bewertet werden konnten“, erklärt Anwalt Jochen Flegl aus Leonberg gegenüber chilli. Die restlichen 56 Prozent wiesen Mängel auf, darunter technische Fehler und unzureichende Beweisführung.
Laut Rathaussprecherin Springmann sind alle Anlagen zur Geschwindigkeitsüberwachung in Freiburg korrekt eingestellt. Aber auch hier passieren Fehler: Im Jahr 2016 wurden Tempoverstöße im Schützenalleetunnel als innerorts geahndet, obwohl der Blitzer im Freiburger Schützenalleetunnel vor dem Ortsschild stand und somit außerhalb der Ortschaft lag. Experte Flegl erläutert: „Dieser Fehler betraf etwa 2.400 Fälle, konnte jedoch aufgrund rechtlicher Bestimmungen nicht rückgängig gemacht werden.“
Foto: © Philip Thomas