»Geile Konjunktive«: chilli-Duo fordert deutschen Scrabblemeister heraus Szene | 31.08.2018 | Till Neumann

Ben Berger ist Deutschlands bester Scrabbler. Im Mai ist der Freiburger Jurist zum dritten Mal deutscher Meister geworden. Die chillisten Philip Thomas und Till Neumann wollten wissen: Wie gut ist der Mann wirklich? Also forderten sie den 33-Jährigen prompt zum Duell. Zwei halbwegs wortgewandte Journalisten gegen den Buchstabenboss. Können sie den Scrabblekönig entthronen?

Ein Spielbrett, 102 Steine, drei Männer. Berger auf der rechten Seite. Thomas und Neumann auf der linken. Die chillisten treten zusammen gegen den Champion an. Auf dem Glastisch liegt alles bereit – auch die Scrabble-„Bibel“. 111.402 Begriffe bis acht Buchstaben stehen drin. Pflicht für Profis.

Beide Seiten ziehen einen Buchstaben aus dem Säckchen. Wer näher beim A ist, darf starten. Thomas zieht ein A. Bingo. „Im Schnitt macht der Anziehende etwa 15 Punkte mehr“, erklärt Berger. Rund zehn Minuten täglich übt der Jurist mit Vollzeitjob. Bei einem Auslandssemester in Israel entdeckte er 2007 das Buchstabenspiel. Auch auf Englisch hat er schon Turniere gespielt und 2011 bei der WM in Warschau Deutschland vertreten.

Dankbar: Die „Bank“ der chillisten.

Zurück in seinem Wohnzimmer: Auf der kleinen grünen „Bank“ der chillisten liegen sieben Buchstaben, darunter drei dankbare Vokale. Sie legen „kaufen“. Sechs Buchstaben, zwölf Punkte. Nichts, was Berger nervös macht. Er legt „Ufo“. Nur drei Buchstaben? „Anfänger denken, das ist schwach“, sagt Berger. Das sei aber ein klassischer Zug. Und siehe da: Er kassiert elf Punkte. Denn sein F liegt auf dem Bonusfeld „Doppelter Buchstabenwert“.

Die chillisten merken schnell: Weniger kann mehr sein. Auch weil Berger immer wieder aus dem Nähkästchen plaudert. „Bänkchenpflege“ heißt eine seiner Taktiken: Ungute Buchstaben loswerden, gute sammeln. Dafür kann man auch mal eine Runde einfach nur Buchstaben tauschen. Das große Ziel ist: sieben auf einen Streich zu legen. So ein „Scrabble“ gibt 50 Punkte extra.

Thomas und Neumann lassen sich nicht einschüchtern. Ihr nächstes Wort: „senken“. „Eure Buchstaben hätte ich auch gerne“, sagt Berger und lacht. Doch dann zieht er selbst Vokale und beweist, wie man die Schwächen des Gegners eiskalt ausnutzt: Aus dem bereits liegenden „kaufen“ macht er „aufkaufen“. Sein A kommt auf ein rotes Feld. Wortwert verdreifacht. 54 Punkte. Stark.

Entspannt am Zocken: Ben Berger

Den Herausforderern gehen jetzt die einfachen Buchstaben aus. Sie versuchen dennoch zu kontern. „Böhe“ könnte passen, schlägt Neumann vor. Das „ö“ gibt acht Punkte. Berger funkt dazwischen: Super Idee, aber das schreibt man ohne „h“. Ginge es um die Wurst, hätte er das nicht verraten. Denn bei Wettkämpfen können Spieler ein Wort des Gegners anzweifeln. Haben sie recht, muss der andere eine Runde aussetzen. Irren sie, gibt’s Punktabzug. „Ich lege selten falsche Wörter“, sagt Berger. Manche Gegner seien berüchtigt für Bluffs.

Der Profi betont: Der Duden als Referenz für Scrabble folgt teils seltsamen Regeln. „Badesee“ oder „Freiburger“ stehen nicht drin. Dafür eines der am meisten gelegten Wörter: Qi. Eine alternative Schreibform für Chi, chinesisch für Lebensenergie. Wer um das Qi weiß, kann mit dem Q punkten, auch ohne U. Und schon legt Berger „Mims“ aufs Brett. Mims? Das Verschicken von MMS, erklärt er. Manche Wörter kennt der Mann, ohne zu wissen, was sie heißen. Nicht ungewöhnlich in Scrabblekreisen. Er hat schon gegen Asiaten gespielt, die nicht mal englischen Smalltalk beherrschten. Aber mehr Wörter kannten als so mancher Native Speaker.

Am Ende steht’s 412 zu 254 für Berger. Eine seiner schwächeren Partien, betont der Champion. „Ein paar eurer Ideen waren richtig gut“, tröstet er die chillisten. Man müsse lernen, strategisch zu spielen. Und das Scrabble-Vokabular pauken. „Geile Konjunktive“ gebe es. „Stössest“ zum Beispiel. Kommt zum Beispiel von „vom Thron stoßen“. Das haben die chillisten beim besten Willen nicht geschafft. Aber gemerkt: Nicht der Wortgewandteste gewinnt, sondern der, der die Scrabble-Bibel beherrscht. Bergers Tipp: üben, üben, üben. Zum ersten Mal im Finale der deutschen Meisterschaft war er 2014. Und hat direkt gewonnen.

Scrabble-Treff

Ben Berger lädt regelmäßig zum Scrabble-Treff in Freiburg ein. Auch Einsteiger sind herzlich willkommen, um im lockeren Rahmen zu spielen. Interessierte können sich unter melden unter: benberger13@yahoo.com.

Fotos: © Till Neumann