Maya, Jonathan und das Traumtinyhouse Szene | 11.07.2021 | Christian Engel

Maya Prinz und Jonathan Zwiener sind in vielerlei Hinsicht ein ganz normales Paar: Sie lernen sich während eines Sommercamps kennen, flirten, kommen zusammen, machen kurz darauf Abitur und fahren dann mit den Fahrrädern durch halb Europa. Nun sind sie im Studium respektive in einer Ausbildung. Etwas außergewöhnlicher ist, dass die beiden bereits im Endteeniealter Pläne für ein gemeinsames Haus schmieden, da sind sie gerade mal ein Jahr zusammen.

Deutlich außergewöhnlicher ist, dass sie es tatsächlich selbst bauen. Und richtig außergewöhnlich ist, dass sie – ohne geerbt, im Lotto gewonnen oder eine Bank ausgeraubt zu haben – ihr Eigenheim eigenfinanziert und bereits abgezahlt haben. Welche 20-Jährigen können das schon von sich behaupten? Wie machen sie das?

Zum einen hat die Radreise durch Polen, Norwegen, Spanien und Co. das junge Paar aus Freiburg und Chemnitz noch näher zusammengebracht, es darin bestätigt, nicht nur vom Eigenheim zu träumen, sondern auch im realen Leben tatsächlich zusammenleben zu wollen. Die zweite geheime Zutat ist die Bauweise des Hauses. Prinz und Zwiener haben nicht für teuer Geld ein überteuertes Grundstück erworben, das sie anschließend mit Mauern, Fenstern und Dachziegeln verzieren ließen. Nein, sie haben kostensparend auf einem fahrbaren Bauwagenuntersatz gebaut: ein Tiny House.

Maya Prinz an ihrem Tinyhouse

Maya Prinz

Der berühmteste Tiny-House-Besitzer hierzulande ist wohl Peter Lustig beziehungsweise Fritz Fuchs, sein Nachmieter. Die Hauptfiguren aus der Kindersendung „Löwenzahn“ leben schon seit den 80ern in einem umgebauten Bauwagen, darin alles, was sie zum Leben brauchen. Reduktion aufs Wesentliche und Minimierung des Wohnraums sind zwei Kernargumente von Tiny-House-Bewohnern; gerne mit fahrbarem Untersatz, um im Urlaub das eigene Ferienhaus dabei zu haben. Ach ja: Und Geld ist natürlich auch ein Argument.

In Tübingen hat Prinz vergangenen Sommer ihr Studium in Geowissenschaften begonnen, Zwiener in einem Vorort seine Ausbildung zum Zimmermann. Als sie zuvor nach einer Wohnung geschaut hatten, waren sie von den Mietpreisen der Universitätsstadt erschlagen worden: 700 Euro kalt für eine kleine Zweizimmerwohnung – für zwei junge Menschen mit geringem Einkommen zu viel. Mal grob hochgerechnet kommen so für ein Masterstudium rund 54.000 Euro an Mietkosten zusammen. Da ist ein Tiny House deutlich günstiger.

Als Prinz und Zwiener im vergangenen Frühjahr ihre Europareise corona-bedingt abbrechen müssen und anschließend – auch wegen Corona – keine Jobs zur Überbrückung finden, nutzen sie die freie Zeit und fangen an zu planen und zu bauen. Sie zeichnen ihr Haus selbst, dürfen die Maschinen seiner Ausbildungsstätte nutzen, sägen und schrauben, kaufen zwischendurch Fenster auf Ebay-Kleinanzeigen, bauen aus und richten ein. Auf knapp 22 Quadratmetern Wohnfläche haben sie ein Bad, eine Küche, ein Schlafzimmer, einen Aufenthaltsraum mit Schreibtisch – alles eher klein, aber großartig. „Wir sind extrem stolz auf unser Haus“, erzählt Prinz. „Und bisher ist es uns auch nicht zu eng.“ 

Die ehemalige Schülerin des St. Ursula-Gymnasiums hat mal hochgerechnet: Gemeinsam haben sie 1000 Stunden Arbeit in das Tiny House gesteckt – und 15.000 Euro. Sie hatten ihre Ersparnisse zusammengelegt. Momentan zahlen sie 300 Euro Miete für einen Stellplatz auf einem Tübinger Campingplatz. „Da werden wir uns noch was Günstigeres suchen“, sagt Prinz. Aber noch seien die Infrastrukturen für Minihäuser in Deutschland ausbaufähig. „Das Schöne ist“, sagt sie, „dass wir jederzeit umziehen können.“ Das Haus kommt dabei einfach mit.


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