Pilot für 20 Minuten: chillisten heben ab – in einem Hubschrauber Szene | 13.07.2021 | Philip Thomas & Liliane Herzberg

Helicopter

Beim Besuch der HTC-Flugschule in Donaueschingen sind chilli-Redakteur Philip Thomas und chilli-Volontärin Liliane Herzberg in ein Helikopter-Cockpit geklettert. Bei seinem ersten Rundflug über den Schwarzwald hat Thomas schließlich selbst das Steuer übernommen.

„Bei der Klimaanlage habe ich gespart, die hätte 60.000 Euro gekostet“, lacht Kai Naujokat in seinem Hangar in Donaueschingen. Der Fluglehrer steht vor einem Hubschrauber und hat eine Checkliste in der Hand: Benzin prüfen, Taumelscheibe inspizieren, Rotorblätter testen – satte 114 Punkte umfasst das Büchlein. Trotz Temperaturen jenseits der 30-Grad-Marke hat Naujokat auch den Himmel im Blick: „Das Wetter ist eine Schraube, die man nicht kontrollieren kann.“

Der Respekt vor den Elementen ist dem Piloten deutlich anzumerken. „Immerhin ist das Steinzeittechnik“, sagt er mit prüfendem Blick aufs Triebwerk. Der luftgekühlte Boxermotor ist eine Erfindung der 1950er-Jahre, schraubt einen Keilriemen aber auch im Jahr 2021 auf 2718 und die Rotorblätter der Robinson R44 auf 408 Umdrehungen pro Minute.

Auf dem Rollfeld erklärt der Fluglehrer die Bordinstrumente und Kontrolllampen. Bald gibt auch der Tower grünes Licht. Zündung. Die jeweils fünf Meter langen Rotorblätter beginnen sich zu drehen. Zuerst nur langsam, dann immer schneller, bis die Maschine mit einem kleinen Ruck vom Boden abhebt und schließlich wenige Meter in der Luft steht.

Pilot

Vor lauter Adrenalin vergisst chilli-Redakteur während des Fliegens sogar seine Höhenangst.

Drehen, neigen, hoch, runter. Aller Aufregung zum Trotz gelingt mir das Austesten von Steuerknüppel, ­Pedale und Gashebel. „Fixieren Sie einen Punkt und fliegen Sie darauf zu“, instruiert Naujokat über Headset. Der Fluglehrer hatte bereits angekündigt: Sobald die Türen des Hubschraubers schließen, ist die Zeit für Scherze vorbei. Höchste Konzentration.

Trotz ruhiger Hand gerät die zweite Kurve steiler als geplant. Der Rumpf dreht sich nach vorne ein, ein Korrekturversuch mit dem Knauf bringt die Robinson nur noch weiter in Schieflage. „Taking Control“ ertönt es über die Kopfhörer. Der Lehrer greift ein, übernimmt das Steuer und richtet das Fluggerät durch einen Schwenk mit dem Steuerknüppel an der Längsachse neu aus.

„Das lief ja schon ganz gut“, sagt Naujokat, schaltet auf einen anderen Kanal und meldet dem Tower in wenigen Worten einen kleinen Rundflug. „Wie im echten Leben – Kommunikation ist alles“, sagt er zurück auf der eigenen Frequenz und zieht den Pitch – den Gashebel – zu sich.

Nahezu neun Liter Hubraum schrauben die Maschine steil gen Zenit. Die Landebahn wird immer kleiner, Horizont und Augen öffnen sich noch weiter.

Naujokat

Wer hoch hinaus will, muss lernen: Pilot Kai Naujokat zeigt chilli-Volontärin Liliane Herzberg die Grundlagen.

Auch mein Adrenalinspiegel schießt in die Höhe. Vor lauter Aufregung vergesse ich, einen Punkt in der Ferne zu fixieren, sämtliche Instrumente im Cockpit und sogar meine Höhenangst. „Sehen Sie das Umspannhäuschen, dort?“, fragt Naujokat. Nicht auf den ersten Blick: Lange Straßen, kleine Bäume, weite Wiesen, winzige Autos – im wolkenfreien Himmel gibt es so viel zu bestaunen. „Wahnsinn“, entfährt es Kollegin Herzberg auf dem Rücksitz.

Leichtes Drücken des Sticks genügt und die Rotorblätter über unseren Köpfen ändern ihren Winkel. Der Hubschrauber neigt die Nase, beschleunigt auf 90 Stundenkilometer und fliegt auf das kleine Häuschen weit hinter der Bundesstraße zu. Ein bisschen nach links, ein paar Grad weiter nach rechts. Mit den Pedalen bleibt die Maschine auf Kurs.

Die Landung ist wieder Chefsache. Erst als wir wieder Boden unter den Füßen haben, fällt die Anspannung von mir ab und macht Platz für Glücksgefühle. Selten habe ich mich so stark konzentriert. Und erst jetzt merke ich, wie viel ich geschwitzt habe. Daran hätte auch eine Klimaanlage nichts geändert.

Fotos: © pt, herz