Schnüffeln gegen Spionage – In Südbaden werden Datenträgerspürhunde ausgebildet Szene | 18.03.2025 | Philip Thomas

Auf den Hund gekommen: Michael Wernet und Lisa ­Gorenflo mit Ace und Rufus Auf den Hund gekommen: Michael Wernet und Lisa ­Gorenflo mit Ace und Rufus

In kleinsten Geräten kann sich heutzutage eine Linse oder ein Mikrofon verstecken. Aufgespürt wird die unliebsame Technik von teuren Geräten – oder feinen Nasen: In Kandern werden Datenträgerspürhunde gegen Industriespionage ausgebildet. Auch nach Kameras in Freiburger Schlafzimmern haben die Schnüffler schon gesucht.

„Google“, befiehlt Michael Wernet und die Suche geht los. Durchforstet wird jedoch nicht das World Wide Web, sondern eine Wand aus rötlichen Lochziegeln. Nach wenigen Sekunden schlägt „Suchmaschine“ Rufus an – das sechs Jahre alte Deutsch Drahthaar erstarrt und zeigt mit der Schnauze auf eines der zahllosen Löcher in der Wand. Heraus zieht sein Hundeführer eine nicht mal fingernagelgroße Simkarte.

Zur Belohnung gibt’s ein Leckerli und die Fahndung geht weiter. „15 Minuten Suchen sind wie ein Halbmarathon. Das ist Höchstleistung“, erklärt Wernet. Das Schnüffeln ist deutlich zu hören, dann zeigt das Tier wieder an. Und diesmal fischt der 35-Jährige einen USB-Stick aus der Mauer. Auch einen vom chilli mitgebrachten und zuvor deponierten Kugelschreiber mit eingebauter Kamera findet Rufus‘ Nase. Damit er oder seine Kollegin, die belgische Schäferhündin Ace, keine menschliche Fährte aufnehmen, wurden die Geräte zuvor desinfiziert. Der chilli-Stift wurde nicht gereinigt.

Was die beiden Datenträgerspürhunde genau erschnüffeln, ist ein Betriebsgeheimnis von „Schwarzwald Dogs“ in Kandern. Sicher ist: In Hundenasen arbeiten bis zu 300 Millionen Riechzellen, beim Menschen sind es knapp zehn Millionen. Außerdem werden Gerüche im Hundehirn besser verarbeitet: der entsprechende Bereich ist bis zu vierzigmal größer. Eingesetzt werden die Tiere etwa gegen Industriespionage. Laut Branchenverband Bitcom entstehen bei deutschen Unternehmen durch Industriespionage oder Sabotage jedes Jahr Schäden in Höhe von knapp 100 Milliarden Euro.

Im Einsatz: Die Belgische Schäferhündin Ace sucht nach zuvor desinfizierten USB-Sticks (rechts).

Im Einsatz: Die Belgische Schäferhündin Ace sucht nach zuvor desinfizierten USB-Sticks (rechts).

Wernet kramt eine Kiste mit Trainingsutensilien hervor: Kleiderhaken, Uhren, Bilderrahmen. Erst auf den dritten Blick wird klar: In jedem der unscheinbaren Gegenstände verbirgt sich eine kleine Kamera oder ein Mikrofon. „Alles frei im Internet bestellbar”, kommentiert der Experte. Sogar in Blähtonkügelchen von Büropflanzen könne sich heutzutage unliebsame Technik verstecken. „Entdecken lassen sich die Geräte mit teuren Sensoren oft nur dann, wenn sie angeschaltet sind, da sind Hunde im Vorteil“, so Wernet.

Auch im Bereich von Pädo-Kriminalität lassen sich die Spürnasen laut Wernet einsetzen. Oder in Beziehungsdramen: Vor einem halben Jahr hatten die Spürnasen aus Südbaden einen Einsatz in Freiburg. „Eine Frau dachte, dass ihr Ex-Freund Aufnahmegeräte in ihrer Wohnung versteckt hat, also haben wir alles abgesucht“, berichtet Wernet. Rufus und Ace fanden nichts.

Um kleinste Geräte oder Simkarten zu erschnüffeln, müssen Datenträgerspürhunde besonders motiviert sein. „Sprengstoff oder Drogen werden meistens in höheren Mengen versteckt, dadurch gibt so etwas natürlich auch mehr Geruch ab“, erklärt Wernet.

Drei weitere Hunde befinden sich bei Schwarzwald Dogs aktuell in der Ausbildung. „Um Leistung vergleichbar und abrufbar zu machen, muss man sich auf jedes Tier neu einstellen, egal ob es vom selben Züchter kommt oder die Rasse gleich ist“, betont Hundeführerin Lisa Gorenflo. Trainiert wird drei bis viermal die Woche. Einen langen Arbeitsweg haben die beiden nicht. Wernet: „Das sind unsere Familienhunde, wir haben zwar einen Zwinger, den hat aber noch keiner von innen gesehen.“

Seit einem Jahr setzt die Polizei in Baden-Württemberg Datenträgerspürhunde ein. Sechs Tiere sind aktuell im Dienst. In der Branche herumgesprochen haben die Schnüffler sich aber wohl noch nicht. Gorenflo berichtet: „Auf Sicherheitskonferenzen in Berlin und München waren wir die einzigen mit Hund. Das ist Pionierarbeit.“

Fotos: © Philip Thomas