Teilen statt Tonne: App „Too Good To Go“ rettet Lebensmittel STADTGEPLAUDER | 25.05.2019 | Till Neumann

Rund 18 Millionen Tonnen Lebensmittel landen in Deutschland jährlich im Müll. Das Start-up „Too Good To Go“ will das ändern. Das business im Breisgau hat den preisgekrönten Service in Freiburg getestet.

App runterladen, Stadt auswählen, Angebote checken. Der Start ist einfach. Mehr als 20 Betriebe sind für Freiburg vertreten. Es gibt Sushi, Brötchen, Döner oder Fischgerichte. Wir entscheiden uns für das Café „Barista Davide“ in der Innenstadt. Da gibt’s von 17.30 Uhr bis 18 Uhr Croissants, Brownies, Muffins oder Cookies. 2,50 Euro kostet eine Portion. Wir bestellen gleich zwei.

Mit ein paar Klicks ist das Essen reserviert und per PayPal bezahlt. Ein lustiges Strichmännchen strahlt auf dem Display: „Du hast gerade Essen davor gerettet, weggeworfen zu werden“, steht darüber. Was genau man später bekommt, erfahren wir erst vor Ort.

17.45 Uhr. Barista Davide. Adriano Conforto steht an der Theke, es ist kurz vor Ladenschluss. „Heute gibt’s Käse- und Apfelkuchen, ausnahmsweise sind keine Croissants übrig“, sagt der Deutsch-Italiener. Das Essen packt er in die mitgebrachten Tupperdosen (ausdrücklich erwünscht) und bestätigt auf meinem Handy die Übergabe. „So, das war’s schon“, sagt Corrente. Was er eingepackt hat, wäre sonst möglicherweise im Müll gelandet.

Vor der Tonne gerettet: Adriano Conforto vom Barista Davide gibt uns diese Kuchenreste für fünf Euro.

„Wir sind seit einem halben Jahr dabei“, erzählt Geschäftsführer Davide Corrente. Die Idee hinter der App findet er „fantastisch“. Es gehe bei ihm zwar nicht um große Mengen, aber immerhin. „So schmeiße ich nichts mehr weg“, sagt der 28-Jährige. Ein bis drei Portionen gehen bei ihm so täglich über die Theke. Zum halben Preis.

Schade findet er nur, dass das Angebot manchmal ausgenutzt werde, um billig an Essen zu kommen. Es könne passieren, dass er tagsüber alles verkaufe. Dann gingen Kunden trotz ihrer Bestellung leer aus. Bezahlen müssen sie dann nicht. „Manchmal meckern sie trotzdem“, sagt Corrente. Dabei sei es doch gut, wenn alles wegkomme.

Der Betrieb „Beckesepp“ ist mit gleich fünf Filialen dabei. „Absolut gut“, findet Bezirksleiter Daniel Schätzle die Idee. Auch er schmeißt dadurch weniger weg. Am Anfang sei er skeptisch gewesen. Doch bei den Filialen in Freiburg laufe es super. Ein bis drei Tüten mit Backwaren im Wert von zehn Euro gingen täglich pro Filiale über die Theke. Nur in Kirchzarten und St. Peter sei die Nachfrage schwach.

Auch Abendessen gibt’s bei „Too Good To Go“. Zum Beispiel bei den „Sushi Rollers“. „Ich habe früher alles, was vom Vortag übriggeblieben ist, weggeschmissen oder Freunden gegeben“, sagt Geschäftsführer Azat Yildirim. Am Ende des Tages lande zu viel im Müll. Die App sei da eine gute Lösung. Nur manchmal gebe es Schwierigkeiten. Zum Beispiel, wenn Kunden keinen Fisch oder ausschließlich Veganes möchten. Dann müsse er das Essen doch wieder entsorgen. „Zum Glück passiert das nicht so oft“, erzählt der 27-Jährige.

Too Good To Go

Neun Millionen Kunden nutzen die App europaweit, informiert Too Good To Go. In Deutschland seien 2800 Partnerläden in rund 400 Städten vertreten. Eine Million Kunden habe man hier. Laut Pressestelle sind dadurch international mehr als 13 Millionen Mahlzeiten gerettet worden. Gestartet ist die Firma 2015 in Dänemark. Im April gab’s für das Konzept den Preis „Zu gut für die Tonne“ im Bereich Digitalisierung vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft.

Fotos: © Till Neumann & To Good To Go