Nach BFW-Umfrage: Landeschef Lipka kritisiert kommunale Restriktionen Verbände | 20.02.2023 | Lars Bargmann

Die Neubauziele der Bundesregierung, jährlich 400.000 neue Wohnungen, entpuppen sich immer mehr als Luftschlösser. Das zeigen nun auch die Ergebnisse einer neuen Umfrage des Bundesverbands Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW). Der baden-württembergische Landesverbands-Geschäftsführer Gerald Lipka sieht daher weitere kommunale Restriktionen wie Erbbaurechte, Sozialwohnungsquoten oder Grundstücksvergaben nur an gemeinwohlorientierte Akteure äußerst kritisch. Genau diesen Weg aber geht Freiburg.
Bei der Vergabe von Erbbaurechten, so Lipka, gebe es nur einen Gewinner: die Kommunen. „Für Investoren sind Erbbaurechte unattraktiv, aber auch für den Häuslebauer, denn er hat bei der Finanzierung Nachteile, weil er seine Wohnung oder sein Grundstück nicht vernünftig beleihen kann.“
»Wir brauchen alle Akteure«
Beim Freiburger Neubaugebiet Kleineschholz im Stühlinger sollen zudem die Grundstücke nur an „gemeinwohlorientierte“ Unternehmen vergeben werden. Auch das hält der Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht für fragwürdig. „Wir brauchen schnell möglichst viele Wohnungen und brauchen dafür alle Akteure.“ Es seien die Privaten, die bundesweit für 62 Prozent des Neubaus verantwortlich sind. Wer nur an gemeinwohlorientierte Akteure, „was auch immer das genau heißen soll“, vergibt, schränke den Kreis ein und mache sich gegebenenfalls „auch vergaberechtlich angreifbar“.
Auch die vom Freiburger Gemeinderat beschlossene 50-Prozent-Quote für den sozialen Mietwohnungsbau sieht der Landesverbandsgeschäftsführer kritisch: „Der sozial geförderte Mietwohnungsbau trägt sich wirtschaftlich nicht selbst. Er muss immer durch den frei finanzierten subventioniert werden und somit werden die Mieten bei den frei finanzierten noch teurer.“ Das wiederum bedeute, dass auch dort der Kundenkreis kleiner werde. Am Ende sei auch eine solche Quote ein weiteres „Hemmnis für schnelle Realisierungen“.
Und solche Hemmnisse gebe es gerade in dieser Zeit üppig. Die Lage habe sich „dramatisch verschlechtert“, die Zinsen sind binnen Jahresfrist um das Drei- bis Vierfache gestiegen, die Baupreise lagen allein im November 16,9 Prozent über dem Vorjahresmonat, der Fachkräftemangel, die ungewisse Preissituation („in manchen Gewerken gelten Tagespreise“), die hohe Inflation – zählt Lipka lose auf. „Man darf den Leuten das Leben nicht noch zusätzlich erschweren.“

Gerald Lipka: „Bei Erbbaurechten gibt es nur einen Gewinner.“
Zu alldem hinkt Baden-Württemberg seinen Zielen im Wohnungsbau schon seit Jahren hinterher: 65.000 Wohnungen jährlich, das ist die politische Zielvorgabe. 2021 wurde diese Zahl bei den Baugenehmigungen „nur“ um 10.500 Einheiten verfehlt, 2020 um 15.000, 2019 um 18.000. Im Schnitt wurden zwischen 2010 und 2021 jährlich knapp 31.600 neue Wohnungen genehmigt. Und für deren Realisierung mussten auch noch mehrere Tausend abgerissen werden.
Eine Besserung ist mit dem Feldstecher nicht zu sehen, vielmehr trübt sich die Lage im Wohnungsbau weiter ein: Viele professionelle Bauträger und Projektentwickler halten derzeit angesichts der ungemütlichen Großwetterlage die Füße still. Nach der aktuellen BFW-Umfrage unter 1600 Mitgliedsbetrieben sinkt das Projektvolumen in den kommenden zwei Jahren um 60 Prozent: „Verkauf und Vermarktungsaktivitäten sind fast komplett zum Erliegen gekommen.“
„Unsere Umfrage-Ergebnisse sind ein Frühwarnsystem. Es ist schlimmer als erwartet. Die Warnungen zu ignorieren, wäre fatal für unsere Gesellschaft“, so BFW-Präsident Dirk Saleswki. Im Bauwesen sind rund 4,5 Millionen Menschen beschäftigt. „Damit ist die Branche ohne Zweifel eine der tragenden Säulen der deutschen Wirtschaft. Diese Säule droht gerade wegzubrechen.“
Der Verband fordert eine Steuerpolitik, die Innovationen anregt, eine Förderpolitik, die schnell und umfangreich klimafreundlichen Neubau und energetische Sanierung voranbringt und „endlich die nachhaltige Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren“. Nur so könne das Schlimmste noch verhindert werden.
Lipka kritisiert auch das Bundeswirtschaftsministerium, das mit dem Hickhack um die KfW-Förderprogramme viel Unruhe in die Branche gebracht habe. „Wir brauchen eine langfristig verlässliche KfW-Förderung.“ Und die müsse nicht auf immer höhere Dämmstandards, sondern auf Co2-Vermeidung ausgerichtet sein.
Info:
Dem BFW (Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen) als Interessenvertreter der mittelständischen Immobilienwirtschaft gehören rund 1600 Mitgliedsunternehmen an, die für 50 Prozent des Wohnungs- und 30 Prozent des Gewerbeneubaus verantwortlich sind. Mit einem Bestand von 3,1 Millionen Wohnungen verwalten sie mehr als 14 Prozent des gesamten vermieteten Wohnungsbestandes in der Bundesrepublik und zudem 38 Millionen Quadratmeter Gewerbeflächen.
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