Volle Stimmgewalt bei der A-capella-Nacht auf dem ZMF STADTGEPLAUDER | 25.07.2018 | Tanja Senn
Wie es sich anhört, wenn man den Text von „Männer sind Schweine“ auf die Melodie vom „Sonderzug nach Pankow“ singt? Die Besucher des gestrigen A-cappella-Nacht auf dem ZMF wissen es. Hier haben die Dresdner medlz mit ihren deutschen Popsongs, gefolgt von Naturally 7 aus New York, ordentlich eingeheizt.
Frech sind sie. Witzig. Und bestens gelaunt. Sie stehen keine fünf Minuten auf der Bühne und schon haben Sabine, Nelly, Maria und Silvana das Publikum mit ihrem herzlichen Charme für sich eingenommen. Die medlz wissen, was sie tun. Schließlich sind die fünf Dresdnerinnen trotz ihres jungen Alters alte Hasen im Showbiz. Schon als Kinder standen sie im Philharmonischen Kinderchor Dresden gemeinsam auf der Bühne. 1999 machten sie sich als „nonets“ einen Namen, seit 13 Jahren touren sie nun unter dem Namen „medlz“ durch Europa.
In ihrem aktuellen Programm „Heimspiel“ singen sie erstmals ausschließlich auf deutsch. Neue und ältere Popsongs wechseln sich ab – immer neu arrangiert und mit der einen oder anderen Überraschung versehen. So treffen etwa Songs der Ärzte unversehens auf die von Udo Jürgens und tauschen mal eben Text und Melodie. Den Höhepunkt bildet die Imitation von Rammstein: Vier Mädels mit hellen Stimmen und ohne Instrumente, die plötzlich Rammsteins „Sonne“ ins Mikro brüllen – das hat was.
Am Schluss werden sogar noch deutsche Schlager ausgepackt – nur auf Wunsch der „Gesichtsbuch“-Fans, wie die Gruppe eifrig beteuert. Diese würden sich nicht nur immer wieder Schlager wünschen, sondern auch, die Medlz mal in ihrem Heimat-Dialekt zu hören. Und so geht es mit einem sächsischen Schlager-Battle in die Pause.
Gelten die Medlz laut Veranstalter als „die beste weibliche A Capella-Popband Europas“, wird Naturally 7 gleich als eine der besten A-Capella-Gruppen der Welt gehandelt. So schnell solche Zuschreibungen gemacht sind – die sieben New Yorker zeigen auch an diesem Abend, dass ihr Ruf nicht von ungefähr kommt. Ihr „Vocal Play“ ist so realistisch, dass es schwer zu glauben ist, dass sich hinter der Bühne nicht doch heimlich ein paar Gitarristen, Drummer und Trompeter verstecken. Aber nein: Die dröhnenden E-Gitarren, rhythmischen Drums und täuschend echten Bläsersounds entstehen nur mit Lippen und Stimmbändern.
Zu den überwiegend selbst geschriebenen Kompositionen gesellen sich ein paar bekannte Töne aus Popsongs wie Phil Collins’ „In The Air Tonight“, Stings „Englishman in New York “ oder „On The Rivers of Babylon“ – was, wie die Band deutlich macht, keinesfalls ein deutscher Gassenhauer sei, sondern seine Wurzeln auf den karibischen Inseln habe. Ebenso wie die sieben Bandmitglieder, die zwar in New York aufgewachsen sind, deren Familien aber zum Großteil von Jamaika stammen. Und so darf natürlich auch eine ordentliche Portion Reggae nicht im Programm fehlen.
Die Sänger, die sich in einem Kirchenchor in New York kennengelernt haben, überzeugen aber nicht nur mit ihren schnellen Nummern und Rap-Einlagen – bei den Balladen stellen sie ihre fantastischen Stimmen unter Beweis, die perfekt miteinander harmonieren. Und als sie ihr Liebeslied dem am längsten verheirateten Paar im Publikum widmen, das es auf beeindruckende 54 Jahre bringt, ist der Abend perfekt.
Impressionen:
Fotos: © Hubert Gemmert