„Mehr Höhen als Tiefen“: 95 Jahre Fußball am Kaiserstuhl Ortsporträt | 08.04.2024 | Philip Thomas

Menschen im Trikot die BSC auf einem Spielfeld formen

Seit 1929 schnüren Fußballer am Kaiserstuhl die Schuhe für den Bahlinger Sport Club. Der vergleichsweise kleine Verein hat sich in den vergangenen Jahren zu einer echten Größe in der Regionalliga Südwest gemausert.

Seit seinem achten Lebensjahr trägt Dieter Bühler das Wappen des BSC. „Ich komme aus einer Fußballer-Familie, schon mein Vater war im Verein aktiv“, berichtet er. Bühler durchlief sämtliche Jugendmannschaften des Vereins am Kaiserstuhl, schließlich stoppte ein Schienbeinbruch die Karriere des damaligen Spielführers. Statt dem Verein den Rücken zu kehren, heuerte der 27-jährige Bühler als Kassenwart an, alsbald stieg er zum Abteilungsleiter Fußball auf, heute leitet der 66-Jährige die Geschicke der Rot-Weißen als Vorstandsvorsitzender. „Ich bin es gewohnt, Entscheidungen zu treffen“, kommentiert der Leiter eines Bahlinger Ingenieurbüros.

Im Juni wird sein Verein 95 Jahre alt. „Es waren mehr Höhen als Tiefen“, blickt Bühler zurück. Bis Ende der 1960er-Jahre kickte die erste Mannschaft in den unteren Amateurligen. 1969 gelang der Aufstieg in die Amateurliga Südbaden, die 1978 zur viertklassigen Verbandsliga wurde.

1994 sowie 1995 verpasste der BSC den Aufstieg in die Oberliga Baden-Württemberg knapp. Ein Jahr später schossen sich die Bahlinger schließlich zur Meisterschaft der Verbandsliga Südbaden und damit zum Aufstieg in die Oberliga. „Viele Leute sind hier mit Herzblut dabei“, erklärt Bühler vor knapp 740 Mitgliedern.

Das Intermezzo im DFB-Pokal in der Saison 2002/03, in der Rot-Weiß in der zweiten Runde mit 1:2 gegen Waldhof Mannheim aus der zweiten Bundesliga unterlag, in Runde eins aber die favorisierten Aachener rauskegelte, ist ebenso vielen im Verein noch präsent. Jüngere erinnern sich noch an den Auftritt von Peter Neururer mit seinem VFL Bochum vor heimischer Kulisse des Kaiserstuhlstadions in der Spielzeit 2013/2014.

Das Kaiserstuhlstadion während einem Heimspiel

Kulisse am Kaiserstuhl: Durchschnittlich 850 Zuschauer besuchen BSC-Heimspiele.

In der darauffolgenden Saison fuhr der BSC das Double aus Rot­hauspokal (3:0 gegen den Freiburger FC) und Aufstiegsrelegation (0:0 gegen TSV Lehnerz und 3:0 gegen SC Hauenstein) ein. Und im anschließenden Jahr des 90-jährigen Vereinsjubiläums war es so weit: Die Rückrunde 2014/15 schloss der BSC ohne Niederlage ab und stieg in die Regionalliga Südwest auf. „Das war bis dahin der größte Erfolg der Vereinsgeschichte“, betont Bühler. Seitdem kriegen es die Amateure vom BSC überwiegend mit Profifußballern aus Offenbach, Stuttgart oder Hoffenheim zu tun. „Bei uns spielen in der Regel, Schüler, Studenten oder Leute, die Teil- oder Vollzeit arbeiten“, sagt Bühler. Drei aktive, zwei Alte Herren- und 13 Jugend-Mannschaften sowie eine inklusive Ballschule streifen sich regelmäßig das BSC-Trikot über. Für die erste Mannschaft gelte: „Oft reichen 100 Prozent nicht. Wir müssen 130 bringen.“

Für den Erfolg verantwortlich sei auch das Team hinter den Teams: „Unser großer Vorteil ist, dass wir schon so lange zusammenarbeiten. Man kennt sich.“ So richtet Bühlers Frau etwa die Versorgung aus für Auswärtsfahrten. „Wenn die nicht voll mitziehen würde, ginge es nicht“, sagt er.

Das knapp 4000 Plätze fassende Kaiserstuhlstadion im Süden des Dorfs (knapp 4500 Einwohner insgesamt) ist mit durchschnittlich 850 Zuschauern nicht immer ausverkauft. „Die Stimmung ist allgemein aber gut, wir haben viele treue Zuschauer“, so Bühler. Geselligkeit bei Bratwurst und lokalem Wein werde neben dem Platz großgeschrieben: „Das ist ein Treffpunkt, in der näheren Umgebung ist das einmalig.“ Die „Ponde“, das Vereinsheim Ponderosa, ist über die Ortsgrenzen hinaus bekannt.

Ein neues Stadion bleibt dem Regionalligisten zum hundertjährigen Bestehen verwehrt. Ein Bürgerentscheid sprach sich im Januar mit 70-prozentiger Mehrheit gegen den Abriss des altehrwürdigen Kaiserstuhlstadions und einen Neubau vor den Toren der Stadt zugunsten Wohnfläche aus. „Das ist ärgerlich für uns und noch ärgerlicher für die Gemeinde Bahlingen“, kommentiert Bühler. Und in welcher Liga spielt der BSC in fünf Jahren dann also an gewohnter Stätte? Bühler: „Ich hoffe, nach wie vor in der Regionalliga. Das ist das Maximum.“

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