Farben aus Feuer: Himmlische Glaskunst aus dem Höllental Kultur | 10.12.2023 | Erika Weisser

Vor gut 250 Jahren – 1768 – stellte die letzte Glashütte im Höllental ihren Betrieb ein. An ihrer Stelle wurde 1988 die Glasmanufaktur im Hofgut Sternen eröffnet, in der sich traditionelle Handwerkskunst mit moderner Technologie verbindet. Davon zeugen außer farbenfrohen Schalen, Vasen und Krügen auch hauchdünne Kugeln und schimmernde Vögel, die im Raum schweben.
An seiner nicht besonders großen Werkbank bereitet sich Michael Greiner-Adam auf seinen Auftritt vor: In etwa einer Stunde ist eine Gruppe von 50 Besuchern angemeldet, die ihm bei der Arbeit zusehen wollen. Hier erfahren sie, wie die schön gestalteten, in sorgfältig aufeinander abgestimmten Farben glänzenden Kelchgläser entstehen, die im Regal gegenüber stehen. Oder auch die bauchigen, wie aufgeplustert wirkenden Vögel, die an einem metallenen Präsentierbäumchen aufgehängt sind.
Die gläsernen Gesellen sind auch ziemlich gut als Christbaumschmuck vorstellbar – und bei schonender Behandlung, sagt der Glaskünstler, „nicht zerbrechlicher als eine gewöhnliche Weihnachtskugel“. Der 55-Jährige stammt aus der traditionsreichen Glasbläserstadt Lauscha in Thüringen; nach Lehr-, Gesellen- und Wanderjahren landete er 2002 in der Glasmanufaktur im Hofgut Sternen. Hier sind viele Kreationen aus seiner Hand zu bestaunen; außer den munteren kunterbunten Spatzen oder den festlichen Trinkgläsern fertigt er auch zierliche Kolibris, vielfarbig schillernde Kugeln und elegante Schmucksteine.

Konzentriert bei der Arbeit: Michael Greiner-Adam fertigt seine auch als Baumschmuck geeigneten Vögel.
Schmelzweich & formbar
Angenehm warm, fast golden spiegelt sich in seinen ringsum ausgestellten Produkten die grelle, bläulich-weiße Flamme des Gasbrenners, an der er gleichermaßen routiniert wie konzentriert arbeitet. Zunächst erhitzt er einen der bereitstehenden, gut 50 Zentimeter langen Glaszylinder von etwa drei Zentimetern Durchmesser in der gleißenden, zischenden Flamme, erhitzt und dreht das Rohr dabei so lange, bis es schmelzweich und formbar ist. Er zieht es auseinander, bis ein sehr dünner Glasfaden entsteht, der schließlich bricht. Die beiden so entstandenen, exakt gleichen Teile – und danach noch etliche weitere – bearbeitet er auf dieselbe Weise; schließlich hat er einige schmale Röhren mit einer größeren oder kleineren Ausbauchung in der Mitte vor sich. Daraus werden später die Stiele für die Gläser – oder eben die besagten Vögel. Diese bläst Greiner-Adam dann mit der kleinen Glaspfeife über vielen niedrigen Gasflammen geschickt in ihre endgültige Form. Ebenso wie die Kelche für die Gläser.
Der große Schmelzofen in der anderen Ecke des Raums bleibt an diesem Tag ausgeschaltet. Greiner-Adams Kollege Axel Pautz, der hier den Werkstoff für seine fantasievollen gläsernen Unikate vorbereitet, hat frei. Von ihm ist lediglich ein Bild zu sehen, das ihn bei der diffizilen Arbeit zeigt.
„Mit guter Puste“
Und natürlich sind auch die vielen dekorativen Schalen, Trinkservices und anderen kostbaren Gebrauchsgegenstände da, die er durch Vermischen des bei 1200 Grad flüssig gemachten Klarglases mit gefärbtem Granulat gestaltet.Das macht er „mit guter Puste, einer besonderen Technik, einem genauen Blick und viel Fingerspitzengefühl“, wie die Kollegin sagt, die in der SternenGlasManufaktur für den Verkauf der empfindlichen Ware zuständig ist.
Täglich, erzählt sie, sei mindestens einer von beiden zu den Öffnungszeiten im Laden anwesend. Nicht nur, um zu zeigen wie im Feuer aus Quarzsand, Pottasche und Soda ein faszinierender Werkstoff entsteht, der heute aus Haushalten, Laboren, Industrie, der Kunst oder dem Gebäudebau nicht mehr wegzudenken ist. Sondern auch, um unbeobachtet für Nachschub zu sorgen: Der Laden laufe gut. Und da sollte immer für gut bestückte Regale gesorgt sein.
Info
GlasManufaktur Hofgut Sternen
Höllsteig 76, 79874 Breitnau
Tel.: 07652 901178
www.hofgut-sternen.de
Fotos: © Erika Weisser