Spechtzunge und Regenwurm: Jubiläumsausstellung im Museum Natur und Mensch Kultur | 20.06.2020 | Erika Weisser

Klostertür geschnitzt Ausstellung

Vor 125 Jahren hatte das Museum Natur und Mensch noch einen anderen Namen. Und die im Jahr 1895 als „Städtisches Museum für Natur- und Völkerkunde“ gegründeten Ausstellungsräume sind auch mehrmals von Ort zu Ort gezogen, bevor sie 1931 in dem Haus unterkamen, in dem sie heute noch zu finden sind …

Im früheren Schulgebäude des ehemals von den Dominikanerinnen des Klosters Adelhausen betriebenen „Lehr- und Erziehungsinstituts“ an der Gerberau 32 befinden sie sich jetzt.

An die bewegte Zeit seit der Gründung dieses ältesten Museums der Stadt erinnert jetzt die Jubiläumsausstellung „Ausgepackt!“, die bis zum 10. Januar 2021 in den zuletzt 2009 umgebauten und modernisierten Räumen zu sehen ist. 41 ausgesuchte Exponate aus den Bereichen Ethnologie und Naturkunde haben Museumsleiterin Silke Stoll und ihre Mitarbeiter aus den Sammlungen und Beständen ausgepackt und nach Themenbereichen mit vielversprechenden Titeln geordnet: „Geschichte.Bewegt.Gegenwart“, „Netzwerke.Verbinden.Geschichten“ und „Wissen.Vermittelt.Vielfalt“.

Ein hölzernes, von Künstlern der kamerunischen Ethnie Duala geschnitztes und bemaltes Kanumodell ist darunter, die Figur eines sitzenden Buddha aus Japan, ein Kriegsteppich aus Afghanistan, eine mit mythischen Schnitzereien verzierte Schlitztrommel aus Papua-Neuguinea und eine Ypé-Federmaske aus Amazonien. Ferner das Bewegungsmodell einer Spechtzunge aus dem frühen 20. Jahrhundert, ein historisches Pinguinskelett, ein ausgestopftes Hinterwälderrind und das Prachtexemplar eines Badischen Riesenregenwurms – in Form eines Feuchtpräparats im Glas.

Kanumodell Ausstellung

Ein Kanumodell aus Kamerun gelangte auf Umwegen nach Freiburg.

Denkanstöße für diese außergewöhnliche Reise durch Raum und Zeit und zugleich spannende, überraschende, durchaus auch kritische oder ganz persönliche Perspektiven auf die ausgewählten Objekte bieten die Geschichten, die sich Künstler, Historiker, Wissenschaftler, Handwerker, Mediziner, Museumsfreunde und ein Oberbürgermeister angesichts eines Ausstellungsstücks auf Wunsch der Kuratorin Silke Stoll ausgedacht haben.

So überlegt etwa Martin Horn, wie die erwähnte Schlitztrommel aus dem fernen Sepik nach Freiburg kam. Eiler Heldt erzählt von seinem Großvater, einem Hamburger Seefahrer, der das Kameruner Kanu Ende des 19. Jahrhunderts von einer seiner Reisen mitbrachte. Der Freiburger Bioniker Thomas Speck erklärt, wie inspirierend Jahrmillionen alte Fossilien für seine heutigen Forschungen sind. Schreinermeister Ansgar Brandstätter erläutert aus seiner handwerklichen Sicht, was ihn an dem hölzernen Spechtzungenbewegungsmodell so fasziniert. Und Claudia Augustat, Leiterin des Weltmuseums Wien, beschäftigt sich mit den Folgen der Zerstörung des Amazonas-Regenwaldes für die dortigen indigenen Menschen.

Zu jedem Exponat erzählen je drei Personen; die 125 Geschichten, die dabei entstanden, sind vollständig im soeben erschienenen Ausstellungskatalog nachzulesen.

Ausstellungskatalog cover

Ausstellungskatalog: Ausgepackt!
125 Jahre Geschichte(n) im Museum Natur und Mensch
Von Tina Brüderlin, Stefanie Schien, Silke Stoll
Verlag: Imhof, 2020
136 Seiten, Klappbroschur
Preis: 19,95 Euro

 

 

 

Mehr Info

www.freiburg.de/museen

Foto: © Axel Killian