»Verheerende Niedrigzinsphase«: Peter Unmüßig über den Staat, Freiburger Projekte und kostenloses Geld Projektentwickler | 01.03.2024 | Lars Bargmann

Auf dem Bild sieht man das Degerloch Office Center Degerloch Office Center: Das 360-Millionen-Euro-Projekt ist erfolgreich fertiggestellt.

Wenn die Politik will, sagt Peter Unmüßig an einem Samstagmorgen in seinem Büro auf dem Güterbahnhof, dann kann es auch schnell gehen. Siehe den Bau des LNG-Terminals bei Wilhelmshaven. In Freiburg gehen die Uhren anders. Gleich drei große Projekte stecken aktuell in der Warteschleife.

Seit fast 15 Jahren geht es am Europaviertel an der Ecke Bismarckallee und Friedrichstraße nicht recht voran. Beim geplanten Neubau auf dem Obi-Areal in St. Georgen mit rund 16.000 Quadratmetern Fläche und 170 Wohnungen (auf knapp 1000 Quadratmetern öffentlich gefördert) gab es bereits drei Runden vor dem Gestaltungsbeirat und noch mehr politische Debatten. Ende 2024, so heißt es aktuell, soll das Bebauungsplanverfahren abgeschlossen sein. Bis dort gewohnt werden kann, ist das Jahr 2026 vorbei. Am 23. September 2020 hatte der städtische Bauausschuss den Aufstellungsbeschluss für den B-Plan gefasst.

Beim Kannenberg-Areal an der Auwaldstraße legte Unmüßig Anfang Februar dem Gestaltungsbeirat unterschiedliche Entwürfe für ein Gebäudeensemble vor, einen mit einem 52 Meter hohen Turm und einem 22 Meter hohen Sechsgeschosser. Der Gestaltungsbeiratsvorsitzende Kunibert Wachten meinte bei der erneuten Vorstellung, dass es für so einen wichtigen Standort eigentlich einen Architektenwettbewerb hätte geben müssen. Ein solcher würde mindestens ein weiteres Jahr dauern.

Zunächst aber gehen Unmüßig und sein Architekt Wolfram Wöhr zum dritten Mal ins Gremium. Je ein Drittel der Wohnungen sollen öffentlich gefördert, Werkswohnungen für die Sparkasse Freiburg oder frei finanziert sein. Fürs Erdgeschoss sind eine Mobilitätszentrale und Räume für Kultur im Gespräch. Die Frage ist: Wer mietet sie?

Die ist beim soeben fertiggestellten Unmüssig-Projekt Degerloch Office Center (DOC) beantwortet. Ankermieter ist die Hallesche Krankenversicherung, die dort ihr neues Headquarter bezogen hat. Insgesamt rund 45.000 Quadratmeter fasst das Projekt mit Büros, Gastronomie, einem Café und einem Fitnessstudio. Unmüßig lobt die Rolle des Stuttgarter Rathauses.

Die Bundespolitik indes sei derzeit nicht zu loben. Ohne kräftige Förderung durch den Bund und das Land sei der politisch adressierte Bau von Tausenden von Sozialwohnungen illusorisch. Die Instrumente seien mit der KfW und der L-Bank da: „Sie müssen aber auch benutzbar sein. Und zwar schnell.“ Denn für die mittleren Einkommen „muss die Kaltmiete runter“. Der Investor brauche aber für die niedrigeren Mieten einen Ausgleich.

Während viele auch auf anderen Feldern nach dem Staat rufen, brauche es den im frei finanzierten Wohnungsbau oder im Gewerbebau nicht. Das regle der Markt selber. Es reiche völlig aus, wenn der Gesetzgeber und die Kommunen „das Negative aus dem Prozess“ nehmen würden. Überbordende Auflagen, Dämmpakete, die dicker als die eigentlichen Wände sind, überdachte Fahrradstellplätze, die Liste sei sehr lang – zu lang.

Vier Prozent Zinsen, die aktuell die Baubranche so gut wie lahmlegen, seien indes „ganz normal“. Dass heute keine Wohnungen mehr gebaut werden, sei eine „verheerende“ Auswirkung der Niedrigzinsphase.  Wenn Geld kein Geld mehr kostet, stimme etwas ganz Grundsätzliches nicht. Der Markt habe sich gern dran gewöhnt, nun sei er paralysiert.

Unmüßig will noch mehr als bisher in den geförderten Wohnungsbau investieren. Beim Neubaugebiet Klein­eschholz sei die private Bauwirtschaft nicht erwünscht. Aber wenn die Stadtbau, die an vielen Orten in der Stadt öffentlich geförderten Wohnungsbau machen soll, das allein aus Kapazitätsgründen nicht zeitnah schaffe, warum lasse das Rathaus dann nicht andere Akteure genau dasselbe bauen, was die FSB bauen würde. Mit denselben Rahmenbedingungen. Unmüßig wünscht sich eine „belastungsfreie Zusammenarbeit von der Kommune mit der Privatwirtschaft“.

Foto: © Unmuessig Bauträger