Den Tropen so nah: Ausflug in den Botanischen Garten Freizeit | 26.02.2020 | Reinhold Wagner

Botanischer Garten

Seit zwei Jahren gedeiht die tropische Pflanzenwelt im Französisch-Guyana-Haus des Botanischen Gartens der Universität Freiburg, der auch ein paar exotische Tiere beherbergt. Ein Ortsbesuch vor dem Einweihungsfest, das diesen Sommer stattfinden soll.

Versteckt er sich vielleicht unter der blühenden Helikonie? Oder im verzweigten Geäst des Ameisenbaums? Im Blätterwirrwarr der Fächerpalme oder der zart besaiteten Mimose? Der dichte Dschungel macht es schier unmöglich, einen der winzigen Pfeilgiftfrösche ausfindig zu machen. Und dabei ist das Französisch-Guyana-Haus, in dem sich das alles auf engstem Raum beieinander befindet, gerade einmal 170 Quadratmeter groß.

Das Gebäude im Botanischen Garten der Universität Freiburg soll ausschließlich Lebewesen enthalten, die in Französisch-Guyana heimisch sind. Dort nutzen Biologen der Universität Freiburg seit vielen Jahren ein Camp für Forschungszwecke. Bei den Pflanzen wird daher streng darauf Wert gelegt, dass sie aus dortigen Wildaufsammlungen stammen, allenfalls ergänzt durch einige Exemplare aus anderen botanischen Gärten, mit denen Freiburg ein weltweites Netzwerk unterhält.

„Wir wollen Vorreiter sein und eine kleine Tropenwelt einrichten, die weltweit einzigartig ist“, erläutert Thomas Speck. Der Freiburger Uni-Professor ist Leiter des Botanischen Gartens, der Initiator des ehrgeizigen Projekts und Pionier im Bereich der Baubionik, die Vorbilder aus der Biologie für Architektur und Bauen erforscht. Er und seine wissenschaftliche Leiterin, die promovierte Biologin Friederike Gallenmüller, haben das Land in Südamerika schon etliche Male besucht und sind fasziniert von der Fülle und Vielfalt an endemischen Arten, also solchen, die es ausschließlich dort und sonst nirgendwo gibt.

Team Botanischer Garten

Der Initiator des Tropenwald-Projekts Thomas Speck (2.v.r.) und sein Team (v.l.n.r.): Katja Staufer, Philipp Anweiler, Friederike Gallenmüller und Dirk Rohleder.

Eine kleine Ausnahme sollte die Wahl der Tiere sein, denen der Einzug ins Gewächshaus gewährt wird: Fürs Erste sind schon einmal die Schlammspringer, amphibisch lebende Fische, die ihre Flossen auch an Land zur Fortbewegung benutzen können, in ihr zur Hälfte mit Wasser befülltes Terrarium eingezogen. „Später wollen wir noch Vieraugenfische und vielleicht Geckos und Spinnen dazuholen“, lässt Forscher Speck in seine Zukunftspläne blicken. Zwar gebe es keine Vieraugenfische in Französisch-Guyana, doch ihre Präsenz würde neben den Schlammspringern das Mangrovenbecken sinnvoll bereichern. Außerdem können die kugelrunden Tropentiere mit einem Auge über und mit dem anderen unter Wasser schauen.

Genauso wie die Pfeilgiftfrösche, die, wie er betont, von einem Unbekannten im Französisch-Guyana-Haus ausgesetzt wurden, nun aber geduldet werden. Giftig seien die frei herumhüpfenden Tiere nicht, versichert er, da hier die dazu benötigten Giftpflanzen nicht wüchsen. Um solche Aussetzungen künftig zu vermeiden, dürfen Besucher keine Taschen und Rucksäcke mit ins Gebäude nehmen.

Was im Frühjahr 2018 mit dem Einpflanzen erster Setzlinge begann, hat sich nach nur eineinhalb Jahren in einen dichten grünen Dschungel verwandelt. Das veranschaulicht eindrucksvoll, wie rasch sich unter idealen Bedingungen Tropenvegetation entwickeln kann. Konstante Temperaturen von 26 Grad Celsius und eine Luftfeuchte von rund 70 Prozent sorgen für ein Raumklima, das dieser Pflanzenwelt sichtlich gut bekommt – und auch von den Besuchern als angenehm empfunden wird.

Allein für die erforderlichen Klimabedingungen musste das ehemalige Subtropenhaus aufwendig umgebaut werden: Modernste Technik, verborgene Wasserbehälter, neue Glasfenster und ein ausgeklügeltes Belüftungssystem nebst Ventilatoren und Sprühverneblern mussten installiert und feinjustiert werden.

Noch im Verlauf dieses Jahres will Baubionik-Spezialist Speck die Außenfassade der Schaugewächshäuser im Botanischen Garten mit einem selbst entwickelten Klappensystem ausstatten, das für optimale Licht- und Schattenverhältnisse sorgen soll. Es könnte der Prototyp für ein weltweit neuartiges Klimasystem werden.

Nachdem sich innerhalb von zwei Jahren das Französisch-Guyana-Haus zu einem vielseitig ausgestatteten Stück tropischen Lebensraums entwickelt hat – mit tierbesetztem Mangrovenbecken und kleinem Wasserfall –, wollen Initiator Speck und sein Team in diesem Frühjahr die offizielle Eröffnung feiern: pünktlich zum 400-jährigen Bestehen des Botanischen Gartens und daher voraussichtlich Anfang Juni.

Info

Noch bis zum 22. März 2020 zeigt das Wald-Haus Freiburg
die Ausstellung „Baubionik – Biologie beflügelt Architektur“.
www.botanischer-garten.uni-freiburg.de

Fotos: © Reinhold Wagner