Die Oldtimerfans des Motorsport Racing Teams Freiamt Freizeit | 12.10.2019 | Philip Thomas

Oldtimer

Mehr als 530.000 Oldtimer rollen durch die Republik. Auch im Dreiländereck locken Ausstellungen, Märkte und Rallyes jedes Jahr zehntausende Besucher. Das Motorsport Racing Team Freiamt, der größte Ortsclub des ADAC Südbaden, wird nächstes Jahr 50. Trotz vieler gemeinsamer Jahre auf Blech und Buckel – Mensch und Maschine drehen munter ihre Runden.

Auf einem großen Parkplatz wird Alfred Haas von zwei Mitgliedern des Motorsport Racing Teams Freiamt angeschoben. Sein himmelblauer NSU 1000 springt schüchtern an. „Der läuft jetzt“, lacht Haas. Den Wagen fuhr der Politikberater schon mit 20. Für den heute 69-Jährigen macht das die Faszination Oldtimer aus: „Man ist stolz, etwas zu besitzen, das man in der Jugend schon unter dem Hintern hatte.“ Der Vorsitzende des Vereins hat zu einem Treffen vor dem Clubhaus geladen. Auf dem asphaltierten Parkplatz stehen mehr als ein Dutzend Fahrzeuge. Keines jünger als 30 Jahre. „Das sind längst nicht alle“, betont er.

620 Mitglieder zählt der Verein in Freiamt, der sich ursprünglich dem Rennsport verschrieben hat. 1984 gab es die erste Oldtimer-Rallye. Heute sind 120 Fahrer mit H-Kennzeichen im Club. Zusammen bringen sie es auf 550 Fahrzeuge, viele davon sind Zweiräder, mehr als 400 Oldtimer. Der Verein ist eine Größe in der Gegend, die mit ihren Serpentinen zwischen Breisgau und Schwarzwald wie für Spazierfahrten gemacht ist. Vielleicht fanden deswegen beim vergangenen Schleppertreffen rund 8000 Besucher den Weg auf die Wiesen in Freiamt.

Zugegeben: Ganz günstig ist das Hobby nicht. Viele Oldtimer sind heute mehrere Hunderttausend Euro wert. „Aber das ist nicht unsere Liga“, kommentiert Haas. Als Beispiel nennt er die 182 Fahrzeuge der ehemaligen NSU-Motorenwerke im Verein: „Das sind Butter-und-Brot-Autos. Damals gebaut für einfache Arbeiter.“ 1972 lief der letzte Wagen vom Band. Bis zu 30.000 Euro sei ein gepflegtes Exemplar heute wert. Natürlich seien die Fahrzeuge mehr wert, wenn sie in einem Museum oder unter Glas stünden. „Wir wollen damit aber fahren“, betont Haas.

Oldtimer mit Alfred Haas

Alfred Haas und sein NSU 1000: Seit 49 Jahren ein eingespieltes Team.


Das wird auch gemacht.
Noch heute werden mit den kleinen und rund 700 Kilo leichten Flitzern Rennen ausgetragen. Der Motor fasst bloß 1,1 Liter, schiebt aber bis knapp 150 Stundenkilometer. Und er passt fast nicht in den Wagen: Am Heck steht eine Klappe offen, der kleine Kraftprotz schaut bei den Modellen TT und TTS dort heraus. „Zur Kühlung“, erklärt Haas. Mit regelmäßigen Wartungen und Ölwechseln seien diese Motoren unverwüstlich. Zwar blühten an den üblichen Stellen – etwa an der Türschwelle – ohne Pflege schnell Rostblumen, „die Wagen sind damals aber gut gebaut worden.“

Schlepper statt Golf

26 Lizenzfahrer für Bergrennen und Slalom beherbergt das Racing Team. So schnell in den Kurven ist nicht jeder. Mit gerade einmal 14 Pferdestärken, einem Gewicht von mehr als 850 Kilo und einer Höchstgeschwindigkeit von 25 Stundenkilometern dreht Karl Mench gemächlich in einem roten Fahr D88-Schlepper von 1958 seine Runden. „Alles original“, sagt er. Damals habe der kleine Traktor rund 3000 Mark gekostet. Heute sei er 5000 Euro wert. Ums Geld geht es dem 79-Jährigen aber nicht. „Ich habe nur diesen, andere besitzen fünf Stück.“ Bestzeiten will Mench damit nicht aufstellen: „Die Fahrt ist sehr gemütlich.“ Gelegentlich wagen er und andere Schlepperfahrer eine Ausfahrt durch Südbaden.

Auf den schmalen Landstraßen sei Rücksicht geboten. „Ab und zu fahren wir rechts ran und lassen die anderen Autos hinter uns überholen. Das gehört sich so“, findet er. Schließlich habe es die Metall-Kolonne aus bis zu 15 Fahrzeugen auf ihren Ausflügen – etwa zur Donauquelle – nicht eilig. „Das dauert ein ganzes Wochenende, auf der Strecke kehren wir nachts ein und fahren dann am nächsten Tag weiter, das ist einfach nur nett.“ Auch seine Enkelin Larissa schwärmt für Schlepper. Nächstes Jahr wird sie 15 und darf dann auch hinters Steuer. „Darauf freue ich mich schon“, sagt sie. Natürlich sei das Gefährt nur bedingt alltagstauglich, den Schlepper gegen einen VW Golf tauschen möchte sie aber nicht.

Nächstes Jahr, zum 50. Geburtstag des Vereins, findet in Freiamt das 40. Internationale NSU-Motorenwerke-Treffen statt. „Wir organisieren komplett, Festzelt und alles“, sagt Haas stolz. 600 Autos aus 18 Nationen erwartet er in der 4000-Seelen-Gemeinde. Bereits 2010 trug der Verein die Versammlung aus. „Da haben wir uns einen Namen gemacht“, sagt er. Auf dem Programm stehen unter anderem eine Ausfahrt nach Emmendingen, natürlich mit Stopp auf dem Marktplatz, und ein Gleichmäßigkeitslauf. Dort gewinnt nicht der Schnellste, sondern derjenige, der seiner ersten Zeit in einem zweiten Lauf am nächsten kommt. „Das lief letztes Mal problemlos“, erinnert sich Haas. Ein richtiges Rennen bekäme der Verein wahrscheinlich nicht genehmigt. Für Bleifüße soll es aber Simulatoren geben.

Familie und ihr Bulldog

Fahren auf Schlepper ab: Karl, Larissa und Samira Mench.

Auf dem Fest sollen sich mit Künstlern aus dem Europa-Park und Holzhackern Tradition und Moderne vereinen. „Das wird wieder ein Spektakel“, freut sich Haas. Beim letzten Treffen 2010 habe das Racing Team 1,2 Tonnen Pommes verkauft, mehrere Tausend Besucher sind dafür nach Freiamt gereist. Die Faszination für alte Autos scheint in Deutschland ungebrochen. Durch das Geburtsland des Automobils rollen immer mehr Oldtimer. Zu Jahresbeginn zählte das Kraftfahrt-Bundesamt mehr als 530.000 Fahrzeuge, die 30 Jahre oder älter sind – ein Anstieg von rund 58.700 Autos im Vergleich zum Vorjahr.

Fünf Jahre für eine Stoßstange

Für die Fahrt zum Bäcker seien diese Oldtimer laut Haas nicht gedacht. Das H-Kennzeichen gewährt neben Steuervorteilen nämlich auch freie Fahrt durch Umweltzonen. „Das sollte man nicht ausnutzen, sondern nur für die Pflege des Kulturgutes benutzen“, findet Haas, der im Alltag auf einen modernen Kombi umsteigt. Zwar seien Ausfahrten immer etwas ganz Besonderes, aber nur ein Teil der Faszination Oldtimer. Die antiken Autos würden über Generationen hinweg verbinden. Wie die Fahrzeuge seien auch die Mitglieder meist ein älteres Baujahr: „Die meisten sind über 50“, sagt Haas, der sich freut, wenn zu Treffen oder Märkten Großeltern zusammen mit ihren Enkelkindern kommen.

Aber auch Geduld und Sammelleidenschaft gehören laut dem Oldtimer-Fan dazu: „Man braucht Jahre, um ein Vorkriegsfahrzeug zu restaurieren.“ Originalteile seien schließlich schwer zu bekommen und oft nur auf besonderen Märkten von Bayern bis Frankreich zu finden. Wenn man aber nach langem Suchen die passende neue alte Stoßstange gefunden habe, freue man sich umso mehr. „Manch einer sucht mehr als fünf Jahre nach einem speziellen Teil und baut sich schließlich das Werkzeug, um dann zum Beispiel ein Rücklicht selbst herzustellen.“ Tüftelei sei ein großer Bestandteil. Nicht umsonst seien Mitglieder des Racing Teams handwerklich beschlagen. „Wir sind richtige Schrauber“, sagt Haas. Das müssen sie auch sein: „Es ist das rostigste Hobby der Welt.“

Fotos: Philip Thomas