Gemeinsam stark – Adventsweg der Gengenbacher Franziskanerinnen Freizeit | 29.11.2019 | Stella Schewe

Gengenbacher Franziskanerinnen

„Wenn es dir gut tut, dann komm.“ Mit diesen Worten des Heiligen Franz von Assisi laden die Gengenbacher Franziskanerinnen in ihr Kloster ein. Im Dezember lohnt sich das besonders: Dann wird die Geburtsgeschichte Jesu auf einem Adventssweg inszeniert.

„Unser Garten ist einfach zu schön, um nicht auch die Gengenbacher daran teilhaben zu lassen“, erzählt Gabriele Rubner, die als einzige Nicht-Schwester zuständig ist für die Öffentlichkeitsarbeit des Klosters. „Wir wollten darstellen, was es mit Weihnachten jenseits von all dem Trubel auf sich hat.“ Dafür besannen sich die Ordensfrauen auf ihre Wurzeln: auf Franziskus von Assisi, der im Jahr 1223 Bauern mit ihren Ochsen, Schafen und Eseln in eine Grotte im umbrischen Greccio einlud, um mit ihnen das erste lebendige Krippenspiel zu feiern.

Ein Foto des Freskos aus jener Grotte hängt in Originalgröße an der Rückwand des Schuppens, der im festlich beleuchteten Mutterhausgarten als Krippe dient. Zu sehen sind Maria und das Christuskind, davor stehen lebensgroße Krippenfiguren aus Pappmaché oder Holz. Gefertigt wurden sie von Schwestern in Zusammenarbeit mit der Gengenbacher Seniorenwerkstatt, dem Jugendbüro, einer Kindestagesstätte sowie freiwilligen Helfern – ein Gemeinschaftsprojekt, das Orden und Stadt zusammenbrachte und immer noch bringt: In diesem Jahr etwa haben Flüchtlingsfrauen mit ihren Kindern ein Kamel für die Krippe gebastelt.

Insgesamt hat der Adventsweg zwölf Stationen, darunter etliche zum Mitmachen: So können Besucher etwa auf Friedenstauben aus Steinpapier ihre Wünsche schreiben und sie an einen großen Tannenbaum hängen. Im Friedenszelt – einer Jurte der Gengenbacher Pfadfinder – erinnert eine Ausstellung daran, dass vor 800 Jahren Franz von Assisi in Ägypten den muslimischen Herrscher Sultan Al-Kamil traf. Die beiden hätten damals „quasi den ersten interkulturellen Dialog“ geführt, erzählt Rubner. Die letzte Station stellt die Flucht nach Ägypten dar, davor liegt ein Schlauchboot samt Rettungsweste. Auch mit Vorträgen, etwa zum Thema „Syrien – Keine Aussicht auf Frieden?“, stellen die Franziskanerinnen einen Bezug zur aktuellen politischen Lage her.

Franziskanerinnen

Mit ganzem Herzen bei der Sache: die Schwestern Roswitha und Ermelindis (v.l.). Oben der festlich erleuchtete Adventsweg im Klostergarten.

Seit fünf Jahren kümmert sich Gabriele Rubner gemeinsam mit den „Fraziskanerinnen vom Göttlichen Herzen Jesu“ darum, das Kloster für die Welt zu öffnen. So wurde der Klosterladen modernisiert und ein Veranstaltungsprogramm aufgelegt – mit Vorträgen und einem überaus beliebten monatlichen Kinoabend –, die Website neu gestaltet und auch auf Facebook sind die Schwestern inzwischen präsent. Anlass war das 150-jährige Bestehen des Ordens vor drei Jahren, aber auch die Tatsache, dass das Kloster, wie viele andere auch, keinen Nachwuchs mehr hat. Während zur 50-Jahr-Feier 1916 mehr als 1200 Schwestern der Gemeinschaft angehörten, waren es 2016 gerade mal noch 190. „Das Durchschnittsalter liegt bei 80 Jahren“, so Rubner, „und seit vielen Jahren kommt hier niemand mehr.“ Gespräche darüber, wie das Klostergelände in Zukunft genutzt werden kann, würden bereits geführt.

Anderen eine Stütze sein

Eine, die trotzdem kam, ist Schwester Margareta. Sie war 24, als sie in den 1980er-Jahren ins Kloster eintrat. „Eigentlich wollte ich heiraten und vier Kinder“, erzählt die heute 59-Jährige fröhlich, „aber dann habe ich gespürt: Gott weist mir einen anderen Weg.“ Zwei Jahre lang suchte und überlegte sie, dann stand fest: „Ich will für Menschen einstehen und ihnen eine Stütze geben. Deswegen habe ich dieses Leben gewählt.“

Für andere da sein, ihnen „die Hand reichen“, wie Generaloberin Schwester Michaela Bertsch es formuliert – das praktizieren die Franziskanerinnen täglich. Etwa im Haus Maria Frieden in Oberharmersbach, das sie 1990 als erstes Aids-Hospiz Deutschlands gründeten, in ihrer Kleiderkammer für Geflüchtete oder auch mit ihrem Adventsweg und einem Stand auf dem Gengenbacher Weihnachsmarkt; in beiden Fällen kommen die Erlöse franziskanischen Friedensorganisationen zugute.

Und wie sieht ihr Alltag aus? Schwester Margareta steht jeden Morgen um sechs auf, liest in der Bibel, trifft sich mit den anderen Schwestern zu Gebeten und Gesang und packt im Klosterladen oder in der Küche mit an – an einem Dienstag im November etwa hat sie mal eben 50 Brote, 120 Martinsgänse und zwölf große Hefezöpfe gebacken. Ein bescheidenes, arbeitsames Leben – aber eines in Gemeinschaft, wie sie betont. „Das Kloster bedeutet für mich Zusammenhalt. Gemeinsam sind wir stark.“

Info

Advents- und Weihnachtsweg im
Klostergarten der Franziskanerinnen in Gengenbach
30. November bis 6. Januar 2020, täglich 14 bis 17 Uhr
Auszüge aus dem Rahmenprogramm

Vortrag: „Menschenrechte als Grundlage eines dauerhaften Friedens“
Montag, 9. Dezember, 19 Uhr, Exerzitiensaal
Adventskonzert mit dem St. Petersburger Knabenchor
Donnerstag, 12. Dezember, 19 Uhr, Mutterhauskirche
Weitere Termine: www.franziskanerinnen-gengenbach.de

Fotos: ©  Gaby Scheewe-Pfeil, Gabriele Rubner