Genießerpfad – Wandern auf den Spuren des „Säbelthoma“ Freizeit | 25.04.2020 | Nicole Kemper

Wald

„Hochschwarzwälder Genießerpfade“ sind Rundwege, die sowohl eine besonders schöne Landschaft aufweisen als auch Möglichkeiten zum Einkehren und Erkunden bieten. Der jüngste im Bunde ist seit Mai 2019 der Säbelthomaweg bei Hinterzarten.

„Habt ihr gewusst, dass das eine Feenwohnung ist?“, fragt die Begleiterin beim Anblick eines auffallend verzwirbelten und bemoosten Baumstumpfs. Man möchte das sofort glauben – die Felsen- und Baumgebilde, die den Säbelthomaweg bei Hinterzarten säumen, tauchen den Genießerpfad immer wieder in eine mystische Atmosphäre. Dabei ist der Herr, auf dessen Spuren die Wanderer wandeln, gar keine mystische, sondern eine verbrieft historische Gestalt. Der „Säbelthoma“, auf den Wegmarkierungen als schnauzbärtiger Uniformträger dargestellt, war der Dorfpolizist Thomas Steiert, der ab 1823 seinen Dienst – mit Säbel – verrichtete und dabei auch jeden Sonntag nach der Kirche die Neuigkeiten aus Hinterzarten und Umgebung verbreitete. Dies tut er heute wieder: Die Tafeln entlang des Wanderweges erzählen verschiedene Geschichten von Hochschwarzwälder Originalen, beispielsweise vom gerissenen Wilderer Rübezahl und vom Brugger Bernhard, der auf seinem Heimweg eine unheimliche Begegnung mit dem Leibhaftigen hatte.

Start und Ende der zirka vierstündigen Wanderung ist das Kurhaus und der Kurgarten in Hinterzarten. Hinter dem Spielplatz im Wolfsgrund beginnt der Aufstieg zum Hotel Sonnenberg. Die rote Raute des Westwegs begleitet den Pfad vorbei am Kesslerhofweiher, ebenso wie der munter dahinplätschernde Zartenbach. Die nächste Station ist der idyllisch im Wald liegende Mathisleweiher – benannt nach dem nahe gelegenen Mathislehof. Der kleine Moorsee im Naturschutzgebiet Eschengrundmoos ist ein beliebtes Ausflugsziel für Wanderer und andere Freizeitsportler. Einfach mal schnell mit dem Auto dorthin fahren ist nicht möglich, die Zugangswege durch den Wald sind Fußgängern, Mountainbikern und Skilang­läufern vorbehalten. 

Wald

Hier lichtet sich der Wald, und der Blick wird frei auf saftiges Grün und ein imposantes Schwarzwaldhof­ensemble: Der Häuslebauernhof ruht eindrucksvoll inmitten großräumiger Weidenflächen, erst im fernen Hintergrund erstreckt sich als dunkles Band der nächste dichte Waldstreifen. Da der Säbelthomaweg aber noch vor dem Gehöft abbiegt, muss die Entscheidung über einen kurzen Abstecher getroffen werden, die sich bei sonnigem Wetter aber doppelt lohnt: Schließlich ­beherbergt der Häuslebauernhof eine der höchstgelegenen Sonnenuhren Deutschlands – Gelegenheit zum Zeitvergleich! Die eigene Uhr danach stellen sollte man allerdings nicht; je nach Jahreszeit muss mit Abweichungen von bis zu einer Viertelstunde gerechnet werden. Auch für Erfrischung wird gesorgt: Ein Milchhisli wartet mit brunnengekühlten Getränken auf.

Doch letztlich hilft auch diese Aufschiebetaktik nicht: Nun geht es auf dem Wanderweg erst mal etwas steiler bergan. Eine weitere kurze Rast am rustikalen Ruhebänkchen lohnt sich somit mehrfach: Die Verschnaufpause mit dem Blick zurück bietet neben einer neuen Perspektive auf den solitären Hof auch ein großartiges Panoramabild mit Sicht auf den Feldberggipfel und das Bärental. Der höchste Punkt der Tour liegt allerdings noch fast zwei Kilometer entfernt. Auf schattenspendenden Waldwegen geht es stetig bergan auf den 1200 Meter hohen Wind­eckkopf. Ein Lifthäuschen signalisiert, dass sich hier die Bergstation des Skilifts befindet. Eine zweite kleine Hütte auf dem Gipfel bietet den Wanderern Unterschlupf und Wetterschutz. Allerdings nur bedingt: Schon beim Verlassen des Waldes und beim ersten Weitblick über Hinter­zarten auf die Weißtannenhöhe wird klar, wie der Windeckkopf zu seinem Namen kam: Der bissige Wind, der durch alle Ritzen pfeift, lässt die geplante Vesperpause deutlich kürzer ausfallen als geplant.

Auf den letzten Abstiegsmetern ist – für die, die sich im „Endspurt“ noch auf eine kleine Achtsamkeitsaufgabe einlassen wollen – noch etwas Konzentration gefragt: Der Pirschweg lädt dazu ein, die Augen links und rechts des Pfads ins Unterholz wandern zu lassen und Tiersilhouetten zu entdecken. Fuchs, Igel, Reh und Co. haben sich hier mal offenkundiger, mal raffinierter versteckt. Insgesamt wären zwölf Waldtiere zu entdecken, so wird denn der Finder von bis zu fünf Exemplaren auf der Infotafel mit dem lapidaren Kommentar bedacht: „Gott sei Dank musst du nicht von der Jagd leben!“