Mit dem Bio-Landwirt auf der Weide: Biosphärengebiet Schwarzwald Freizeit | 29.04.2020 | Reinhold Wagner

Der 1414 Meter hohe Belchen ist für das 2017 durch die UNESCO anerkannte Biosphärengebiet Schwarzwald der Ursprungsort. Und für den einzigen dort wirtschaftenden Bio-Landwirt Manfred Knobel Hochweide, Existenzsicherung und Schutzgebiet in einem.

Nicht weit vom Belchengipfel entfernt, zieht die Herde großflächig und nahezu lautlos über die Allmend-Weide. Seit das vom Bundesamt für Naturschutz geförderte Projekt „Feldberg-Belchen-Oberes Wiesental“ im Jahr 2012 auslief, sorgen die Rinder dafür, dass die Region auch weiter langfristig und nachhaltig geschützt bleibt. Ein ausgeklügeltes Zusammenspiel von Landschaftsvielfalt und Artenreichtum einerseits sowie regionaltypischer Siedlungs- und Wirtschaftsformen andererseits war ausschlaggebend dafür, dass die Region auf insgesamt 632 Quadratkilometern Fläche mit 29 Gemeinden zum Biosphärengebiet erklärt wurde. „Gut 30 Jahre lang hat ein Schäfer den Belchen mit Schafen beweidet“, erinnert sich Manfred Knobel an die Zeit davor. „Als die Ausschreibung kam, welcher Landwirt bereit wäre, die Allmend-Weide mit Rindern zu bewirtschaften, war ich der Einzige, der sich gemeldet hat.“ Niemand hatte Interesse daran, in Steillagen von bis zu 60 Prozent Hangneigung mit seinen Rindern die Weidflächen offen zu halten. „Es erfordert viel Handarbeit in dieser Höhe und Steillage. Und die 3000 Holzpfähle für die Zäune mussten wir erst einmal alle selbst stecken.“ Wobei die Hälfte jeden Winter wieder für den Skibetrieb abgebaut werden muss. Auch sanfter Tourismus gehört zum Biosphärengebiet.

Bio-Landwirt Manfred Knobel (o.) lässt seine Hinterwälder Rinder im Sommer auf den kräuterreichen Allmend-Wiesen am Belchen grasen.

Und so zieht der Bio-Landwirt aus Aitern jedes Jahr aufs Neue mit einem Großteil seiner Hinterwälder Kühe vom Hof bei 630 Höhenmetern hinauf auf 1400 Meter, um das Vieh auf den kräuterreichen „Wilden Weiden“ der Allmend grasen zu lassen. Ein, zwei Rufe von Manfred Knobel, schon erklingen in der Ferne die ersten Glocken. Von überall her kommen die Rinder herbeigelaufen – vorne die Leitkuh, dahinter der Rest der Herde. 44 Tiere sind es insgesamt, darunter auch Kälber. „Die mit dem hellen Fell und den schwarzen Augen und Ohren, das sind Aubrac-Rinder“, erklärt Knobel und deutet auf eine Mutterkuh mit ihrem Kälbchen. „Diese Rasse stammt ursprünglich aus der Auvergne.“ Der Rest sind Hinterwälder.

Der Blick über das Biosphärengebiet Schwarzwald am Belchen.

Am Hof hält Manfred Knobel zudem einige Charolais-Rinder und rund 100 Ziegen. Für regelmäßigen Rindernachwuchs sorgt ein Limousin-Bulle aus den Pyrenäen. Die kleinwüchsigen Arten eignen sich besonders gut für die Freihaltung der Landschaft, da sie mit ihren Hufen den Boden nicht zu sehr verdichten oder erodieren. Und schließlich ist die Vermarktung des qualitativ hochwertigen, besonders zarten Fleischs für den Bio-Landwirt Lohn für die viele harte Arbeit. Knobel verkauft es über den eigenen Hofladen in Aitern, vermarktet es aber auch über ein „Cowfunding“-Projekt im Internet. Dennoch: Allein davon leben könnten Manfred Knobel und seine Familie nicht. „Wir sind zwar der größte Betrieb im ganzen Wiesental und mit unserem Vieh, den Ziegen und dem Hofladen breit aufgestellt“, erläutert Knobel. „Für einen Teil der bewirtschafteten Fläche bekommen wir auch nach den Landschaftspflegerichtlinien etwas mehr Geld. Aber ohne einen Zuverdienst als Hausmeister würde es trotzdem nicht reichen.“ Und so fährt auch der Vorzeige-Bio-Landwirt vom Biosphärengebiet Schwarzwald am Belchen mehrgleisig und hilft dabei, wo immer er kann.

Nachhaltiger Tourismus ist ein bedeutender Wirtschaftsfaktor für die Region. Auf gut ausgeschilderten Pfaden können Naturliebhaber die Kulturlandschaft entdecken.

Info

Werner Konold und Bernd-Jürgen Seitz:
Das Biosphärengebiet Schwarzwald – Mensch und Natur im Einklang.
Silberburg-Verlag, Tübingen 2018
www.biosphaerengebiet-schwarzwald.de

 

 

 

Fotos: © iStock/mindscapephotos, Reinhold Wagner