Vom Winde verweht: die Elsässer Weinstraße per Cabrio-Bus Freizeit | 26.07.2020 | Kornelia Stinn

Kut’zig Autocabrio

Es ist Wochenende im Elsass und eine Bullenhitze, da legt sich ein rotes „Cabriolet“ in die Kurven. Der schnittige Achtundzwanzig-Sitzer mit dem witzigen Namen „Kut’zig“ bringt Besucher in die schnuckeligen Weinorte hinter Colmar.

Der elegante rote Bus mit seinem offenen Verdeck ist am Bahnhof von Colmar nicht zu übersehen. Die meisten Fahrgäste stürmen gleich auf die Plätze im Freien. Sobald die Fahrt losgeht, wird’s auch schon kutzig. Jedenfalls für die Frisur. Der Wind braust hindurch und verwuschelt das Haar. „Kutzig“ heißt nichts anderes als „zerzaust“. Mal rechts, mal links blinzeln kleine Dörflein zwischen grünen Reben hindurch. Dann wieder geht’s durch Spaliere von Fachwerkhäusern. Romantisch gelegene Weinlokale strecken ihre Aushänger bis beinahe über das Metallgeländer des Ausflugsbusses.

Ribeauvillé, Hunawihr, Riquewihr, das sind die ersten Stationen. Die Verlockungen lauern überall. Aussichtsreiche Wanderungen zum Beispiel, über Weinpfade, die beinahe jedes Dorf zu bieten hat. Mit herrlichen Einkehrgelegenheiten. Ribeauvillé pokert mit seinen drei Schlössern. Der Naturopark in Hunawihr mit seinen Störchen und Fischottern liegt direkt an der Haltestelle. Wer verliebt ist in Fachwerk, kann sich nicht sattsehen in Riquewihr. Nach vierzig Minuten Fahrzeit kommt der Kut’zig hier an. Der sogenannte „Wolkenkratzer“ ist mit 25 Metern Höhe und vier Stockwerken eines der höchsten Fachwerkhäuser des Elsass. Er ist genauso hoch wie der Dolder Turm. Von dem aus lässt sich die Rue de General de Gaulle mit ihren prächtigen alten Bauwerken überblicken, und die Weinberge, die fast in den Ort hineinreichen, bieten dafür die Umrahmung. Der Turm ist ein Museum und eine gute Gelegenheit, um in die Geschichte der Region einzutauchen. Bis 1796, so erfährt der Besucher hier, gehörte der Ort zum Hause Württemberg-Montbéliard. Wie’s damals zuging, darüber plaudert ein Führer.

Eguisheim

Der Cabrio-Bus rollt über die Elsässische Weinstraße (siehe Beitragsbild). In Eguisheim lauern zauberhafte Gaststätten in winzigen Gassen.

Drei Stunden sind locker notwendig, um Riquewihr zu erkunden. Dann wird es Zeit für den nächsten Bus. Kaysersberg, Turckheim, Voegtlinshoffen und Eguisheim liegen noch an der Runde. Wer die Wahl hat, hat die Qual …

Beschauliche Brunnen, kleine Gassen

Steigen wir doch mal in Kaysersberg aus, dem Geburtsort von Albert Schweitzer. Dort lässt es sich genussvoll in einem der Sterne-Restaurants speisen. Gerne bei einem elsässischen Grand Cru. Kut’zig hat allerlei Empfehlungen auf seiner Homepage. Auch für die kleinen gemütlichen Lokale in Eguisheim, die man aber auch sehr leicht selbst entdecken kann. Denn dieser Ort in seinen alten Stadtmauern ist angenehm überschaubar. Eguisheim zählt zu den schönsten Dörfern Frankreichs. Eine Puppenstube ist es, mit riesigen Brunnen und kleinen Gassen, wo sich die Fachwerkbauten eng aneinanderschmiegen. Mit Straßen, die heißen wie der Wein: Rue de Riesling, Rue de Muscat, Rue de Traminer. Auch hier locken die Burgen auf den Höhen. Und wieder sind es gleich drei.

Dann kann das Cabrio heranrollen. Ein letztes Mal. Sonnenbrille auf und ab geht die Post. Vom Winde verweht die Haare. Wie angenehm an diesem Tag, wo die Hitze nicht aufhören will. Aber das Cabrio kann auch anders. Ganz einfach lässt sich das Glasdach zuschieben. Da kann der Regen kommen und an die Panoramascheiben klopfen. Muss aber nicht sein …

Info

www.kutzig.fr
Tel.:
0033/ (0)3 89 24 65 65

Fotos: © Kornelia Stinn